Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The American Monstershow in Germany

The American Monstershow in Germany

Titel: The American Monstershow in Germany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Pawn
Vom Netzwerk:
Gerlinde eigentlich auch keine Antwort erwartete. Das Fernsehen interessierte sie nicht. Wie gern wäre sie wieder einmal ins Theater gegangen oder einfach in ein gemütliches Restaurant. Aber danach fragte Dieter sie nie.
    „ Ich werde mir den alten Film ansehen“, antwortete Dieter und griff nach der Fernbedienung. „Um zehn gibt es dann noch Sport.“
    Natürlich war Sport das Letzte, was Gerlinde interessiert hätte. Den alten Film mit Peter Alexander hatte sie bestimmt auch schon einmal gesehen.
    „ Ich werde noch ein bisschen stricken“, kommentierte Gerlinde folgerichtig die Programmauswahl ihres Mannes und ging zum Schrank hinüber. Ja, heute würde sie sich von Dieter trennen, diese Entscheidung stand felsenfest.
    Mit dem Strickzeug bewaffnet, kehrte sie an ihren Platz zurück. Sie strickte einen Pullover für Dennis. Es war ein dunkelgrüner Pullover mit der ziegelroten Aufschrift „No. I“ auf Brust und Rücken. Dieter war überzeugt, Dennis würde das Ding scheußlich finden, doch er enthielt sich jeden Kommentars. Er hatte es vor 15 Jahren aufgegeben, mit seiner Frau zu streiten. Seit jener Zeit war der Abstand auf der Couch zwischen ihnen entstanden und konstant geblieben. Aber der Abstand ihrer Herzen war ständig größer und größer geworden.
    Zuerst war es nur ein dumpfes Desinteresse gewesen, das sich wie ein dichter Nebel über ihre Liebe gelegt hatte. Dann war langsam, aber beharrlich Hass daraus geworden. Immer stärker überkam Gerlinde die Gewissheit, dass sie viele gute, wertvolle Jahre ihres Lebens einem Mann geopfert hatte, der sich nur für sich selbst und das Fernsehprogramm interessierte. Als ihr dies zum ersten Mal bewusst wurde, hätte sie Dieter beinahe sofort umgebracht, doch es gelang ihr noch rechtzeitig, ihren Hass zu zügeln. Sie hatte sich Bücher besorgt und sie ausgiebig studiert. Jetzt war sie bereit, ihren Plan auszuführen.
    Gerlinde ließ ihre Stricknadeln klappern. Sie dachte an Dennis. Als der Junge geboren wurde, war er das schönste Baby gewesen, das sie je gesehen hatte. Das allerschönste an ihm waren seine tiefblauen Augen gewesen. Sie hatten schon damals so schelmisch in die Welt geblickt.
    Dennis war gewachsen, hatte sie manche Nacht an dem kleinen, weißen Bettchen wachen lassen, wenn er mit hohem Fieber nicht hatte einschlafen können. Aber er hatte ihr auch viel Freude gemacht. Seine ersten Schritte, seine ersten Laute es war eine so glückliche Zeit gewesen.
    Das Kind hatte Dieter und sie noch miteinander verbunden, es war die letzte Brücke gewesen, auf der sie hatten zueinander gelangen können. Als Dennis das Haus verlassen hatte, war auch diese Brücke eingestürzt.
    Jetzt saß Gerlinde strickend auf der Couch und murmelte leise vor sich hin. Gewiss nahm Dieter an, sie würde Maschen zählen. Vielleicht nahm er es aber auch gar nicht wahr. Er bemerkte seine Frau schließlich sonst kaum.
    Aber Gerlinde zählte keine Maschen. Es war eine Mischung aus verstümmeltem Griechisch und Lateinisch, durchsetzt mit Lauten einer längst vergangenen vorsprachlichen Zeit, was Gerlinde da beim Stricken vor sich hin murmelte. Sie sprach diese unverständlichen Sätze leise, aber bestimmt aus, wissend, was jede einzelne Silbe bedeutete, wissend, wohin es führen würde, was sie tat.
    Die Zeit floss träge dahin. Die beiden Eheleute wechselten aus alter Gewohnheit ein paar Worte miteinander. Nicht dass einen der beiden wirklich interessiert hätte, wie es dem anderen ging, aber es gehörte zum guten Ton, sich nach den Ereignissen des Tages zu erkundigen. Hätte Gerlinde erzählt, sie habe heute mit allen Männern aus dem Haus gleichzeitig gebumst, hätte Dieter auch nur „Ach ja“ gebrummelt und weiter in die Röhre gestarrt.
    Die Leere zwischen den beiden war spürbar, fast wie eine Mauer, die sie im Laufe der Jahre zwischen sich errichtet hatten. Sie war erbaut worden auf der Couch in der Lücke zwischen ihren Plätzen. Das Baumaterial war Desinteresse und Unverständnis. Es war ein hartes Material, härter als Beton.
    Als der Film zu Ende war, entschied sich Gerlinde, ins Bad zu gehen. Sie sei müde, erklärte sie.
    Dieter konnte sich nur an wenige Abende in den letzten Jahren erinnern, an denen er den Satz „Ich bin so müde“ nicht gehört hatte. Es war Gerlindes Weg, Dieters lieblosem Sex zu entgehen, bei dem sie weniger Zärtlichkeit empfing als eine aufblasbare Sexpuppe.
    Gerlinde ging ins Bad und bereitete sich auf die Nachtruhe vor. Dieter hörte erst

Weitere Kostenlose Bücher