The American Monstershow in Germany
Heinrich Meier gerade noch gestanden hatte. Ungeachtet dessen rappelte sich Denninger wieder auf und war mit einem weiteren Satz an der Tür und bei Heinrich Meier. Dieser hatte den Fehler begangen, bei Denningers Aufschlagen auf dem Boden kurz zu zögern und sich zu fragen, ob Flucht wirklich das Einzige wäre, was er tun könnte. So gelang es Denninger, diese Flucht zu vereiteln. Er packte Meier am Fuß und riss ihn zu Boden. Es gelang Heinrich Meier gerade noch, den Sturz mit den Händen abzufangen. Trotzdem schlug seine Stirn relativ hart auf. In einer anderen Situation hätte Heinrich Meier die Schmerzen des Sturzes gewiss beklagt. Jetzt aber interessierten sie ihn gar nicht, vielleicht spürte er sie nicht einmal, angesichts jenes Schmerzes, der plötzlich sein Bein durchfuhr, jenes, das Denninger gepackt hatte. Die Hände Denningers waren inzwischen die eines Gerippes, und auch sein gebrochenes Nasenbein lag bar jeden Fleisches frei.
„ Du hast es mir gebracht, nimm es auch wieder mit“, presste Denninger hervor.
In Heinrich Meiers Bein tobte der Schmerz. Hätte er eine Axt gehabt, so hätte er sich mit einem Hieb von diesem Bein getrennt. Dennoch stieg ihm bei Denningers Worten fast ein Lachen in seine Kehle.
Es war ein Witz, ein furchtbarer Witz. Wer hatte geglaubt, fest geglaubt, der Kubus sei leer? Wer hatte ihn unbedingt öffnen wollen, auch nachdem man ihn gewarnt hatte? Ach Denninger, du machst wahrlich dumme Witze.
Heinrich Meier sagte es Denninger, aber der lachte nicht. Er antwortete auch nicht, und er schrie auch nicht mehr. Uwe Denninger war tot. Der stetige Blutverlust hatte ihn getötet. Der Schock, ausgelöst durch die beständigen, unerträglichen Schmerzen, hatte gewiss ein Übriges getan.
Heinrich Meier richtete sich in eine sitzende Position auf und starrte auf sein Bein, das langsam in kleinen Portionen zerfleischt wurde. Sein Blick fiel auf Denningers Knochenhand, die noch immer den Knöchel in Höhe des Randes der Tennissocken, die Meier trug, umklammerte. Auch vom Arm, der zu dieser Hand gehörte, war das Fleisch bis auf einen geringen Rest verschwunden. Bei diesem Anblick und dem Gedanken an sein wild schmerzendes Bein, das bald den gleichen Anblick bieten würde, überkam Heinrich Meier erneut Übelkeit. Er schaffte es gerade noch, den Kopf zur Seite zu drehen, dann schleuderte sein Magen von sich, was er zu bieten hatte. Als Heinrich Meier den bitteren Geschmack im Mund verspürte, wusste er, dass sein Magen endgültig leer war und nur noch Galle emporschleuderte.
Als sich sein Inneres wieder soweit beruhigt hatte, dass die Schmerzen, die jetzt bereits von beiden Beinen ausgingen, wieder in den Mittelpunkt seines Denkens rückten, versuchte Heinrich Meier, sich zu erheben. Der Versuch war wie eine Folter mit glühenden Eisen, die der Folterknecht genüsslich in das Fleisch beider Unterschenkel senkte. Der Schmerz presste Heinrich Meiers Oberkiefer zusammen, wobei er sich die Zungenspitze abbiss. Schreiend griff er nach der Leichenhand Denningers, um sich von ihrem Griff zu befreien, ohne dabei zu bedenken, dass er so auch mit den Händen in den Bereich der unsichtbaren Wolke silbriger Dreiecke geriet, die sein Bein fraßen. Er griff, wie auch Denninger zuvor, in den Sack voller scharfer Rasierklingen, Markenqualität, und erblickte im gleichen Moment die tödliche Wolke. Ein Sonnenstrahl war, reflektiert durch ein sich öffnendes Fenster auf der gegenüberliegenden Straßenseite, in Denningers Arbeitszimmer gefallen. In diesem Licht sah Heinrich Meier die silbrigen Dreiecke über und auf seinen Händen. Er sah, wie sich diese Dreiecke unglaublich schnell in die Haut hineinfraßen und das austretende Blut begierig aufsaugten. Ein großer Schwarm war mit Denninger beschäftigt, doch weitaus mehr trieben in Richtung seines, Heinrich Meiers, Gesicht.
Es schien geradezu unglaublich, dass alle Dreiecke, die er sah, in dem schwarzen Kubus gewesen waren, der noch immer offen auf Denningers Schreibtisch stand. Ein unschuldiges Behältnis, das unglaubliches Grauen enthielt. Diese Biester, es waren sicher Lebewesen, vermehrten sich offenbar mit der Geschwindigkeit von Einzellern. Sie würden wie eine Flut über die Stadt herfallen, erst ahnungslos, dann hilflos würden die Menschen ihnen ausgeliefert sein.
Heinrich Meier hörte die Schreie der Verzweifelten, die panisch durch die Straßen liefen, oder war er selbst es, der schrie. Schrie, weil nun auch sein Gesicht von den silbernen
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