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The American Monstershow in Germany

The American Monstershow in Germany

Titel: The American Monstershow in Germany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Pawn
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vermisst melden, um keinen Verdacht zu erregen. Aber niemand würde ihn finden. Sie musste lediglich die Bücher in den Tunnel werfen und diesen noch verschließen. Gleich morgen in aller Frühe würde sie das hinter sich bringen.
    Bei diesem Gedanken schlief Gerlinde mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen ein.

Das Auge des Hurrikans
    Ich sitze im Auge des Hurrikans. Hier ist es völlig windstill, auch wenn rings um mich ein Teil der Welt in Trümmer zerfällt angesichts der entfesselten Gewalten dieses Sturms. Ich sitze an der Bordsteinkante der Straße vor irgendeinem Haus. Der Bordstein ist so fest in den Boden eingelassen, dass ihn der Sturm mit seiner Gewalt nicht herausreißen kann. Doch im Übrigen umgibt mich ein irrsinniger Kreisel der Zerstörung.
    Ich sitze hier und halte einen braunen Lederkoffer auf den Knien. Er enthält meine Unterlagen, Zeug, das ich nicht mehr brauchen werde, wenn die Situation so bleibt, wie sie ist. Ich werde aus den Papieren Flieger basteln und diese dann im Wind treiben lassen. Vermutlich zerfetzt der Sturm sie sofort, doch vielleicht erreichen sie auch die Freiheit. Sie können es schaffen, ich kann es nicht. Ich sitze hier und schreibe diese Zeilen in ein kleines, gelbes Notizbuch, das ich früher, als es noch ruhig war, benutzte, um mir Termine und Adressen zu notieren. Jetzt taugt es nur noch dazu, diese, meine Geschichte aufzunehmen. Ich schreibe dies alles nieder, obwohl ich nicht recht weiß, welchen Sinn es hat, da mir niemand helfen kann. Unwahrscheinlich, dass jemand durch den Wirbelsturm, der hier tobt, zu mir gelangt, noch unwahrscheinlicher, dass dieser Jemand, wenn es ihn gäbe, mir Hilfe bringen könnte. Ich sitze hier im Auge des Hurrikans und schreibe dessen Geschichte und warte auf mein Ende. Beginnen will ich die Geschichte aber lieber am Anfang, denn sonst wird man es als Bericht eines Verrückten abtun.
     
    Es begann vor genau zwei Tagen. Ich weiß nicht, was die Ursache war. Ich habe schon darüber nachgedacht, aber eine plausible Erklärung fällt mir nicht ein. Obwohl ich mir ziemlich sicher bis, dass alles anfing, kurz nachdem ich den Hamburger gegessen hatte.
    Ich stamme aus Dresden, bin ein echter Sachse. Ich bin Versicherungsvertreter, das, was man gemeinhin einen Klinkenputzer nennt. Böse Zungen behaupten, wir würden hilflosen, nichts ahnenden Menschen Verträge aufschwatzen, die sie in finanzielle Not bringen, ohne einen Funken Gefühl zu zeigen, alles nur wegen ein bisschen Provision. Aber das stimmt natürlich nicht. Ein Versicherungsvertreter, der seinen Beruf ernst nimmt und Erfolg haben will, muss bei jedem Kundengespräch sehr genau auf Wünsche und Möglichkeiten des Kunden eingehen. Schwarze Schafe gibt es freilich in allen Branchen, doch ich zähle mich nicht zu ihnen.
    Natürlich bleibt einem in meinem Beruf wenig Zeit für ein ordentliches Mittagessen. Man ist ständig auf Achse, und wenn einmal etwas Zeit bleibt, schnell ein paar Bissen hinunterzuschlingen (so muss man es nennen), so nutzt man diese Zeit konsequent. Also steht man täglich ein, zweimal mit seinem eleganten Lederkoffer mit Ziffernschloss und im dunklen Anzug von der Stange an einem Imbissstand und isst Pizza, Hamburger oder Currywurst.
    Die Pizzas schmecken grundsätzlich wie mit Tomatenketchup belegte Pappteller. Die Currywurst hat offenbar nur den Zweck, den Getränkekonsum anzuheizen. Die Hamburger aber sind in ein aufgeweichtes Sesambrötchen verpackte Hacksteaks, die aus all dem bestehen, was keine gute Hausfrau in ein Hacksteak mischen würde. Aber was soll’s, man hat schließlich Hunger.
    Vor zwei Tagen aber war etwas anders. Der Hamburger hatte einen eigentümlichen Beigeschmack. Nicht aufdringlich, nicht abstoßend, aber irgendwie war er untypisch. Ich stieß auch eine halbe Stunde später etwa noch zweimal nach diesem Hamburger auf, und immer wieder stieg der seltsame Geschmack dabei hoch. Vielleicht hing es damit zusammen, dass diese Imbissbude direkt am Friedhof stand. Wenn ich heute darüber nachdenke, so glaube ich, dass die Katastrophe hier begonnen haben könnte. Andererseits, wie soll ein Hamburger einen Hurrikan auslösen?
    Ich hatte bei einer Kundin, die gegenüber dem Friedhofsgelände einen Blumenladen betrieb, erfolgreich einen Vertrag unter Dach und Fach gebracht. Deshalb erlaubte ich mir dieses kleine Geschäftsessen, bevor ich mich zu meinem nächsten Kunden aufmachte. Er wohnte direkt an der Elbe. Vom Fenster seines Wohnzimmers aus

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