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The American Monstershow in Germany

The American Monstershow in Germany

Titel: The American Monstershow in Germany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Pawn
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ich wahrheitsgemäß. Ich stand noch immer brav vor der Eingangstür, in der Hand den Koffer mit den Versicherungsunterlagen.
    „ Das weiß ich auch“, ließ sich mein Gegenüber vernehmen und fixierte mich. Sie sah jetzt aus wie ein Tiger, der zum Sprung ansetzt, geschmeidig schön, aber äußerst gefährlich. „Aber wenn Sie sich einmal umdrehen, werden Sie sehen, dass sich hinter Ihnen kein Lüftchen regt. Jedenfalls fast keins. Woher soll also hier in meiner Wohnung eine Sturmbö kommen?“
    Eine gute Frage. Ich hatte Sie mir bereits selbst gestellt. „Ich weiß nicht. Lassen Sie mich trotzdem nähertreten. Es war nichts als ein dummer Zufall.“
    Noch immer bewegte sich die Eingangstür leicht im Wind. Ich wollte eintreten, wollte meine Arbeit erledigen und diesen Vorfall so schnell wie möglich vergessen.
    „ Also gut“, sagte Fräulein Kirsten und trat einen weiteren Schritt zurück, „kommen Sie rein und machen Sie die Tür zu.“
    Sie stand jetzt neben einer kleinen Kommode, die entweder eine gelungene Imitation oder eine wertvolle Antiquität war. Während ich eintrat, zog sie wie beiläufig die obere Schublade auf. Ich achtete in diesem Moment nicht weiter darauf, denn ich schloss gerade die Tür so vorsichtig es ging. Ich fürchtete, auch mich würde plötzlich ein Stoß aus dem Nichts zu Boden reißen. Es geschah nichts weiter. Nur ein leises, beständiges Brausen war zu vernehmen, wie man es im Herbst hört, wenn man im warmen Zimmer am Kamin sitzt und der Wind im Schornstein heftigen Zug verursacht.
    Ich trat weiter in den Korridor hinein. Gerade wollte ich meinen Koffer abstellen, als ein lautes Scheppern und Klirren mich aus meinen Gedanken, die ich gerade für das Kundengespräch frisch ordnete, aufschreckte. Ich sah auf und blickte in die Mündung einer Schreckschusspistole. Keine tödliche Waffe, doch direkt auf mein Gesicht gerichtet und nahe genug, um mich empfindlich zu verletzen.
    Außerdem erkannte ich, was den plötzlichen Lärm verursacht hatte. Im Korridor hatte außer der Kommode auch ein einfacher, dunkelbrauner Schuhschrank gestanden. Auf diesem hatte ein gehäkeltes Zierdeckchen gelegen. Außerdem war er mit diversen Nippsachen, vorwiegend Kosmetik und Parfümfläschchen, ausstaffiert gewesen. Diese Fläschchen, Gläschen, Döschen und Kästchen hatte etwas aufgewirbelt und auf die gegenüberliegende Korridorseite direkt in den Spiegel geschleudert, der in tausend Scherben zersprungen war. Es sah aus, als habe die böse Stiefmutter des Schneewittchens alle ihre Schönheitsmittel in ihren Zauberspiegel geschleudert. Einige Spiegel- und andere Scherben führten noch immer einen irren Tanz im Korridor auf, durch den jetzt ein scharfer Wind pfiff. Ich konnte ihn deutlich hören, spürte selbst allerdings nichts von seiner Gewalt.
    „ Verschwinden Sie!“ Fräulein Kirsten bediente sich der größten Lautstärke, zu der sie fähig war. „Verschwinden Sie, wer oder was immer Sie sein mögen.“ Die Schreckschusspistole in ihren Händen zitterte, und ich fürchtete, sie würde einfach aus Angst abdrücken. Auch dann, wenn ich jetzt sofort verschwand.
    „ Ich gehe sofort“, beeilte ich mich daher zu versichern. „Aber lassen Sie bitte die Waffe sinken. Ich liebe mein Gesicht, wie es jetzt ist.“
    „ Verdammt, ich auch“, schrie die junge Frau in einem Gemisch aus Wut und Verzweiflung. „Aber Sie schleudern mir diesen ganzen Scherbenhaufen um die Ohren.“
    Das stimmte. Die Scherben jagten keine Handbreit von ihrem Gesicht entfernt herum. Es bestand ständig die Gefahr, dass sich vereinzelte Splitter in ihr schönes Gesicht eingruben.
    Ich trat bedächtig einen Schritt zurück. ‚Keine falsche Bewegung, sonst schießt sie‘, dachte ich. Die schneeflockengleich wirbelnden Glassplitter folgten mir in Richtung Ausgang. Sie blieben konstant etwa zwei Schritt von mir entfernt. Ich glaube, als Fräulein Kirsten das sah, atmete sie erlöst auf, aber das Sausen des Sturmes war inzwischen so laut geworden, dass ich das nicht mehr hören konnte
    Ich erreichte unbehelligt wieder die Straße. Hier sah ich nun, dass die Splitter aus jenem Haus mich auf einer konstanten Kreisbahn im Abstand von etwa zwei Metern umtanzten. Ich befand mich im offensichtlichen Zentrum eines Wirbels, der, soweit ich es erkennen konnte, beständig an Geschwindigkeit zunahm.
    Ich stand da und war unfähig, mich zu rühren. Auch meine Gedanken setzten für einige Sekunden aus, denn das, was ich beobachtete, war zu

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