The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
Labyrinth aus hohen, weißgrauen Steinwänden.
»Hat das Glück uns verlassen?« wollte Kevin wissen.
Lydia zuckte mit den Schultern. »Ich kann einer Fährte nicht über bloßen Fels folgen! Sicher, es ist nicht nur Gestein …«
Sie stieg ab, um die Fährte zu suchen, und hielt ihr Gesicht dabei so dicht am Boden, daß der Bardling sich unwillkürlich an einen Jagdhund erinnert fühlte, der einem schwerfaßbaren Duft folgt.
»Ja«, meinte die Frau schließlich. »Hier entlang.
Glaube ich.«
Sie ritten weiter und folgten der Straße. Die einzigen Geräusche waren das Knarren des Sattelleders und das Klicken der Pferdehufe gegen Stein. Kevin warf Lydia einen Blick zu, nicht gerade beglückt über die Unsicherheit, die sich in ihrer Miene abzeichnete.
Die Wände der Schlucht türmten sich über ihnen, als sie vorbeiritten, und sie drückten auf Kevins Stimmung.
Er schaute auf den schmalen Spalt Himmel und konnte das Gefühl nicht abschütteln, eine sehr kleine, unbedeutende Kreatur mitten in einer ebenso kleinen unbedeutenden Gruppe zu sein. Jetzt, da ihn nicht mehr der bloße Gedanke an ein Abenteuer überwältigte, mußte er zugeben, daß fünf … Wesen wohl kaum eine ausreichend große Truppe waren, um auch nur die kleinste Hoffnung auf Erfolg zu haben. Und wenn der Graf eine größere Expedition ausgeschickt hatte, so hatte Kevin bisher kein Lebenszeichen von ihr gesehen.
Ich verstehe das nicht. Ich verstehe gar nichts! Wir wissen nicht einmal, ob die Spur, die wir verfolgen, uns überhaupt zu Charina führt!
Kevin seufzte. Doch all seine Zweifel waren bedeutungslos, sollte er nicht in der Lage sein, seinen Trupp lange genug zusammenzuhalten, um überhaupt etwas zu erreichen.
Eine Gruppe, hah! Das war das letzte, was sie waren.
Oh, gewiß, alle waren ausgesucht höflich zueinander –
wenn man die subtilen Sticheleien zwischen dem Weißen und Dunklen Elf ignorierte, Lydias Ausfälle gegen die
›dummen Männer‹ nicht beachtete, oder die fiesen kleinen Tricks der Fee übersah.
Der Bardling knirschte mit den Zähnen. Tich’ki schien zu dem Schluß gekommen zu sein, daß er die beste Zielscheibe für ihren Spott war, die ihr jemals begegnet war.
Sie sagte niemals offen etwas Feindseliges. O nein, das wäre viel zu einfach gewesen! Statt dessen wartete die Fee, bis er aufhörte, eine besonders schwierige Melodie auf seiner Laute zu üben, und fragte dann unschuldig:
»Willst du jetzt etwas Richtiges spielen?« Oder noch schlimmer: »Wann willst du denn endlich Bardenmagie praktizieren?« Sie wußte, daß er viel zu viel Angst vor dem Scheitern hatte, um zu riskieren, einen weiteren Zauber auszuprobieren. Manchmal fragte sie auch nur laut, wie es wohl sein mochte, Anführer zu sein, wo er doch nie die Chance bekommen hatte, sich als solcher zu bewähren. Sie tut alles, dachte Kevin, um das bißchen Selbstvertrauen zu untergraben, das ich noch habe!
Die einzigen, die miteinander auszukommen schienen, waren Naitachal und Tich’ki. Nach dieser ersten Nacht behielt Kevin die beiden mißtrauisch im Auge, doch bis jetzt hatten sie nichts auch nur annähernd Verdächtiges gemacht.
Außer … in der letzten Nacht hatte es einen bizarren Vorfall gegeben. Kevin runzelte die Stirn, als er sich daran erinnerte, wie er den Dunklen Elf und die Fee dabei erwischt hatte, wie sie geheimnisvoll zusammenhockten und dabei in ihr Tun so versunken waren, daß sie ihn nicht einmal bemerkten. Der Bardling war dicht genug herangekommen, um zu hören, wie Tich’ki drängte:
»Versuch es noch mal.« Und Naitachal hatte doch tatsächlich geantwortet: »Nimm eine Karte. Irgendeine Karte.«
In diesem Moment hatten sie ihn erblickt. Der Dunkle Elf hatte sich plötzlich aufgerichtet und wichtig und geheimnisvoll gewirkt, aber Kevin hätte schwören können, daß Naitachal verlegen gewesen war. Und war das, was Tich’ki hastig versteckt hatte, nicht ein Kartenspiel in Feengröße gewesen?
Kartentricks? Ein Geisterbeschwörer, der Kartentricks lernte?
Das machte genausowenig Sinn wie alles andere.
»Wir sind nicht mehr auf Graf Volmars Gebiet, nicht wahr?« fragte Kevin wachsam.
»Wohl kaum.« Lydia schaute zum Himmel hinauf, um sich zu orientieren. »Ich bin ziemlich sicher, daß wir in den Außenbezirken königlicher Lande sind. Wenn wir weiter nach Osten reiten, landen wir wahrscheinlich in Westerin.«
»Wenn wir so weit kommen.« Eliathanis schaute hinauf zu den steilen, drohenden Wänden zu beiden Seiten.
Seine
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