The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
Lydia atemlos hervor und deutete auf eine schmale Gasse.
Kevin blieb stolpernd stehen und starrte bloß. Dort hinein? Da stank es! Die Gasse war dreckig, voll mit Abfallhaufen und wer weiß noch womit. Schlimmer noch, sie sah nach einer Sackgasse aus!
Er hätte beinahe zu lange gezögert. »Packt ihn!« schrie ein Wächter. Eine schwielige Hand griff nach dem Arm des Bardlings und hätte ihm beinah die Laute vom Rücken gerissen. Kevin trat wie wild um sich und hörte ein schmerzerfülltes Grunzen. Der Wächter mußte loslassen, und Kevin hetzte in die Gasse hinein.
Wundervoll. Jetzt habe ich auch noch eine Wache angegriffen. Einfach wundervoll!
Er versuchte, nicht zu tief einzuatmen und folgte Lydia. Dabei achtete er darauf, wohin er auf dem rutschigen, matschigen Boden trat, und redete sich ein, daß die Pfützen, denen er nicht ausweichen konnte, Wasser waren, nichts als Wasser.
Die Wachen schienen sich davon jedoch nicht irritie-ren zu lassen. Sie stürmten fluchend hinter ihm her, mit klapppernder Rüstung und scheppernden Waffen.
»Kevin!« flüsterte Lydia und zog ihn mit sich.
Wohin wollte sie eigentlich? Das hier war ja nicht mal eine richtige Gasse! Es war nur ein Spalt, ein Zwischenraum, wo die Wände von zwei Häusern etwas Platz ließen.
» Weiter , Kevin!«
Na gut, wenn sie meinte, es ging …
Der Bardling hastete hinter Lydia her und paßte auf, daß seine Laute nicht gegen eine Wand schlug. Wie sonderbar! Keins der Häuser in diesem Viertel schien direkt gegen das nächste gebaut zu sein, was ein kleines Labyrinth von Beinah-Gassen zur Folge hatte. Er hoffte, die Amazone wußte, wohin sie ging, denn wenn nicht, waren sie verloren …
Lydia blieb so plötzlich stehen, daß Kevin beinah in sie hineingelaufen wäre. Lauschend hielt sie eine Hand hoch. »Verdammt!«
»Sie sind immer noch hinter uns her.«
»Richtig. Normalerweise folgen sie niemandem hier herein. Wird wohl Wahljahr sein.« Die Frau zuckte mit den Schultern »Wir müssen etwas anderes probieren.«
Sie lief erneut los. Kevin, der gerade erst wieder zu Atem gekommen war, stöhnte und folgte ihr. Plötzlich gelangten sie auf einen breiteren Weg, die Gasse hinter einer Ladenstraße. Der Bardling bemerkte die wackligen Kisten- und Fässerstapel und hatte plötzlich eine Inspiration. Was, wenn …?
»Lydia, wartet!«
Er zeigte auf die Kisten. Sie starrte einen Moment hin und lächelte, als sie begriff. »Du lernst schnell, Kind!«
Als die Wächter in die Gasse stürmten, schrien sie triumphierend auf, da sie ihre Beute scheinbar ohne Ausweg hilflos gegen eine Wand gepreßt sahen. »Da sind sie! Ergreift sie!«
Doch der Junge trat gegen eine Kiste und die Frau gegen ein Faß, woraufhin eine ganze Lawine aus Kisten und Fässern herunterdonnerte, die Wachen beinahe vollständig unter sich begrub und die Gasse blockierte.
»Das genügt!« Lydia krähte fast vor Vergnügen. »Laß uns hier verschwinden, bevor sie sich wieder freischaufeln können.«
Der kleine, offene Platz mochte vielleicht früher einmal vornehm gewesen sein, doch Westerin war schon vor langer Zeit über ihn hinausgewachsen. Jetzt war er schäbig und mickrig, mit gerissenen und geborstenen Pflastersteinen, wo sie nicht einfach fehlten. Der Springbrunnen mitten auf dem Platz war derartig heruntergekommen, daß Kevin nicht glauben konnte, seit der Gründung von Westerin sei jemals Wasser darin geflossen.
Die Umrandung jedoch bot den beiden Flüchtigen genügend Platz, um sich hinzusetzen und Atem zu schöpfen. »Von den Wächtern ist nichts zu sehen«, stellte Lydia nach einer Weile fest. »Vermutlich haben wir sie endgültig abgehängt.«
»Was Tich’ki wohl zugestoßen sein mag?«
Lydia zuckte mit den Schultern. »Sie kann auf sich allein aufpassen. Niemandem wird es gelingen, eine Fee aufzuspüren, die nicht gefunden werden will.« Sie warf Kevin einen Seitenblick zu. »Diese Idee mit den Tonnen war ziemlich schlau. Wie bist du denn darauf gekommen?«
»Es war nicht meine Idee«, gab Kevin zu. »Ich habe es aus einer alten Abenteuerballade.«
»Hah! Sieht so aus, als bestünde Musik doch aus etwas mehr als nur aus hübschen Noten!«
O nein, er würde ihr nicht in die Falle gehen! Kevin schluckte eine empörte Erwiderung hinunter und fragte statt dessen: »Wo sind wir hier eigentlich, Lydia?«
Die Frau schaute sich um. »Ziemlich genau da, wo wir hinwollten. In der … sagen wir mal … weniger vornehmen Gegend der Stadt. Das ist ein Viertel, wie es in
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