The Bards Tale 01 - Die Burg der Verräter
Lydia einen scharfen Blick zu, weil er wissen wollte, was hier vorging, aber sie war bereits damit beschäftigt, die Kellnerin herbeizuwinken. »Eine Flasche Mereot für meine Freunde und mich.«
Mereot war, wie sich herausstellte, dunkler Rotwein und so süß, daß Kevin der erste Schluck beinah im Hals stecken geblieben wäre. Er bemerkte, daß Lydia an ihrem Becher nur nippte. Doch D’Riksin goß sich das süße Zeug mit unverhohlenem Entzücken die Kehle hinunter.
»Gut«, murmelte das Wesen.
»Hier, nimm noch einen, Kumpel, auf Kevins Wohl.«
D’Riksin klickte mit dem Schnabel, was vermutlich einem Arachnia-Lächeln entsprach. »Danke, Freund.« Es stürzte den zweiten Becher fast genauso schnell hinab wie den ersten und klickerte mit noch mehr Hingabe.
»Gutes Zeug. Gute Freunde. Nicht wie manche andere.«
»Dich hat wohl jemand hintergangen, was?« Lydia beugte sich vor, stemmte die Ellbogen auf den Tisch und stützte den Kopf in die Hände. »Das ist hart.«
»Hintergangen«, echote das Wesen.
»Warum erzählst du es uns nicht, Kumpel?« Lydias Stimme troff vor Mitgefühl. »Leid ist einfacher zu ertragen, wenn man es teilt.«
Die Arachnia bediente sich selbst an dem Mereot.
»Der König ist schuld«, jammerte sie. »Es ist alles seine Schuld.«
»Wie das?«
»Hätte ihm nicht helfen sollen. Großer Fehler. Keiner stellt mich ein, weil sie wissen, daß ich König Amber geholfen habe.«
Wie? Das ergibt keinen Sinn! Sie stellen keinen Ge-treuen des Königs ein? Westerin gehört doch zur Krone!
Es kann doch nicht so viele Feinde des Königs hier geben!
Lydia schien jedoch nicht über diese seltsame Logik zu stolpern, oder vielmehr über den Mangel an Logik.
»Ich weiß, wie das ist«, schnurrte sie. »Man kann niemandem trauen, nicht wahr? Hier, Kumpel, nimm noch einen Schluck Mereot.«
»Mit Verlaub.« D’Riksin stieß ein zischendes Arachniakichern aus. »Werd’s ihnen zeigen. Werd’s allen zeigen. Weiß was, was sie nicht wissen, keiner von denen, keiner dieser feinen Menschen.«
»Ja, sicher.«
Die Arachnia richtete sich ein wenig auf. »Ich weiß es!« beharrte er. »Weiß von dem Mädchen.«
Kevin wurde aufmerksam. »Welches Mädchen?«
»Häh, häh! Das Mädchen! Dasjenige, das geklaut worden ist, natürlich, die Tochter von diesem Narren von Grafen.«
»Charina!«
D’Riksin versuchte, mit den Schultern zu zucken, woran ihn nur die Tatsache hinderte, daß er keine richtigen Schultern hatte. »Phh, wie auch immer. Wißt ihr, wer sie geraubt hat?« Das Wesen hielt inne und stierte sie mit der einfältigen Schlauheit eines Betrunkenen an. »Es war Prinzessin Carlotta. Die war’s.«
»Das ist unmöglich!« fuhr Kevin hoch. »Carlotta ist seit über dreißig Jahren tot.«
»Nein, nein, nein, nein! Das will sie alle glauben machen! Tot, tot, tot … Pah! Zauberinnen sterben nicht, nicht so leicht, und die schon gar nicht!« D’Riksin nahm einen weiteren tiefen Zug Mereot und beugte sich dann so weit vor, wie sein steifes Chitin es erlaubte. »Es waren Rebellen, die das Mädchen entführt haben«, flüsterte er dann geheimnistuerisch, »Rebellen, angeführt von Prinzessin Carlotta.«
»Aber warum?«
Die Arachnia kicherte vor sich hin und versuchte, sich einen weiteren Drink einzuschenken. Nichts passierte.
Das Wesen hielt sich die Flasche über den Kopf und schaute betrübt hinein. »Leer«, stellte es schließlich traurig fest. »Kein Mereot mehr für den armen D’Rikish …
D’Rishkin … D’Riksin …«
Doch Lydia hatte bereits eine neue Flasche bestellt.
»Hier, Kumpel. Trink nur. Und erzähl uns, warum Prinzessin Carlotta das Mädchen gestohlen hat.«
D’Riksin kicherte und trank. »Waaaa!« lachte er. »Sie will das Mädchen gegen König Amber benutzen!«
»Das ist lächerlich!« behauptete Kevin. »Charina mag vielleicht Graf Volmars Nichte sein, aber sie ist längst nicht so bedeutend.«
Die Arachnia stutzte und beugte sich erneut vor, um den Bardling aus der Nähe zu mustern. Kevin erwiderte den Blick und versuchte nicht vor den Facettenaugen des Wesens zurückzuzucken. »Du bist doch der, der das Manschu … Manschi … das Buch abschreiben sollte.«
»Woher weißt du … Aua!«
Lydia hatte ihn unter dem Tisch getreten. Sie schaute den Bardling warnend an – das hieß, er sollte den Mund halten. D’Riksin redete schon unbekümmert weiter.
»Willst du ein Geheimnis wissen? Wette, du weißt nicht, daß das Zeug, das du da abschreibst, einen Zauber in
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