The Black Club, London - 3
Haut auf der ihren anfühlte. Libba war versucht, die Augen zu schließen und sich von seinen Berührungen mitreißen zu lassen. Doch die biedere Anwältin in ihr gewann die Oberhand. Ruckartig löste sie sich von ihm.
„Sie wissen gar nichts“, warf sie ihm an den Kopf. „Ich bin einzig und allein wegen Damian Black hier.“
„Oh, was sagt man dazu? Sie sind also gleich hinter dem Boss her?“ Er verzog sein hübsches Gesicht zu einer grimmigen Fratze. „Hoffentlich wissen Sie, worauf Sie sich bei ihm einlassen.“
„Keine Sorge, ich bin ein großes Mädchen.“ Libba drehte sich auf dem Absatz um und marschierte quer durch die Menschenmenge. Sie hatte keine Ahnung, ob sie Damian Black auf eigene Faust finden würde, aber das war ihr in diesem Moment gleich. Sie wollte einfach nur fort. Fort von dem Barkeeper, dessen Anblick ihr einen heißen Schauer nach dem nächsten bescherte, und von den ganzen anderen merkwürdigen Gestalten.
Sie kam in einen schmalen Flur und stieß die nächstbeste Tür auf. Ein Raum – nicht größer als eine Besenkammer – befand sich dahinter. Ihm schlossen sich ein zweiter und ein dritter Flur an. Danach verdunkelte sich die Umgebung. Die Lichtquellen versiegten. Erst da nahm Libba wahr, dass sich Fackeln an den Wänden befanden, deren Flammen kleiner wurden. Eine gespenstische Stille legte sich um sie.
Angst steckte ihr in den Knochen. Ihre Füße wagten sich nur unsicher voran, bis sie immer kleinere Schritte tat und sich bei jedem an der Wand entlang tastete. Plötzlich hörte sie ein Rascheln, als die Fackel direkt vor ihr erlosch.
Libba blickte sich um, konnte nur erahnen, was sich in der Dunkelheit verbergen mochte.
„Hallo?“, fragte sie vorsichtig. „Ist da jemand?“
Ähnliche Szenen hatte sie unzählige Male in Gruselfilmen gesehen und sie stets als albern und realitätsfremd empfunden. Nun wusste sie nicht, was sie anderes hätte fragen können.
Sollte sie einfach weitergehen und hoffen, dass der Flur irgendwann ein Ende fand? Oder sollte sie lieber so schnell wie möglich den Rückweg antreten? Dabei fiel ihr auf, dass sie vollkommen die Orientierung verloren hatte und nicht mehr wusste, welches überhaupt der Rückweg war.
Verflucht sollte ihr neues Selbstbewusstsein sein. Wäre sie doch nicht in diesen Gothic-Shop gegangen. Ihr graues Kostüm hatte sie nie in eine derartige Situation gebracht.
„Hallooo …?“, wiederholte Libba.
Sie glaubte, ein Echo zu hören. Im nächsten Augenblick schlang sich ein Arm um ihren Unterleib. Eine Hand presste sich auf ihren Mund. Sie wollte zubeißen, doch ihr Angreifer verfügte über ernorme Stärke. Er presste ihr die Luft aus den Lungen.
In einem heftigen Rausch wurde ihr Körper aus dem Flur ins Freie gesogen. Hart landete sie auf der Seite und roch den Dreck der Straßen Londons. Er klebte in ihrem Haar, in ihrem Gesicht, und sie stemmte sich mit den Händen in ihm hinauf.
Vor ihr ragte eine mächtige Gestalt auf, weit entfernt von allem Menschlichen. Es war ein Ungeheuer mit dichtem, verfilzten Fell, glühenden Augen und einem gewaltigen Maul, das eine Reihe scharfer Zähne entblößte. Aus seiner Kehle drang ein widerwärtiges Röcheln.
Libba begann zu zittern. Sie zweifelte nicht, dass ihr letztes Stündlein geschlagen hatte. Sie konnte sich nicht wehren, fühlte sich nicht imstande, einen Hilferuf auszustoßen. Einzig einen Arm hob sie über ihr Gesicht, um sich darunter zu ducken. Gleich würde das Wesen sie packen.
Unter einem gequälten Aufschrei zuckte sie zusammen. Sie hörte ein Winseln, ähnlich einem Hund. Etwas zerriss, jemand stürzte, fluchte - und dann krachte etwas mit einem gewaltigen Aufprall gegen eine Hauswand. Kleine Steinbrocken fielen zu Boden.
Libba riss die Augen auf, als das Ungeheuer über sie sprang und dicht neben ihr auf seinen vier Pfoten landete. Sie erstarrte. Durch ihren Kopf geisterte lediglich eine Frage: Ob es auf der Welt etwas Grauenhafteres geben konnte als dieses Ding?
Es streckte sein Maul zu ihr herüber, schnupperte an ihr und machte den Anschein, beißen zu wollen. Doch schon packte jemand – oder etwas – das Tier im Nacken und schleuderte es von Libba fort.
Eine zweite mächtige Gestalt baute sich vor ihr auf. Diese war eindeutig menschlich, wenn auch vor bestialischer Kraft strotzend. Ausgiebiger konnte sie ihn nicht betrachten, denn er wandte sich dem Ungeheuer zu. Er versetzte ihm Schlag um Schlag, bis es heulend davonkroch.
Unbewegt beobachtete
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