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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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weiter in den Æther hineinzublicken und deinen Geist von seinem angestammten Platz fortzubewegen?«
    »Das habe ich mir selbst beigebracht.«
    »Du lügst.«
    Er griff unter seinen Sessel. Mir schnürte sich fast die Brust ab – mein Notfallrucksack. Einer der Schulterriemen hing nur noch am letzten Faden.
    »In der Nacht, als du vor dem Oberaufseher geflohen bist, hättest du sterben können. Es ist nur aus einem einzigen Grund nicht so gekommen: Du hast das Bewusstsein verloren, diese Tasche hat sich an einer Wäscheleine verfangen und deinen Sturz abgefangen. Als ich davon hörte, wurde mein Interesse an dir geweckt.«
    Er zog den Reißverschluss auf. Wütend biss ich die Zähne zusammen. Das waren meine Sachen, nicht seine.
    »Chinin«, zählte er auf, während er in dem Sack herumstöberte, »Adrenalin, Amphetamin und Koffein. Eine grundlegende medizinische Ausrüstung. Schlafmittel, sogar eine Schusswaffe.« Er hielt meine Pistole in die Höhe. »Du warst in jener Nacht bemerkenswert gut ausgerüstet, Paige. Solche Dinge hatte keiner von den anderen bei sich.«
    Mich überlief ein kalter Schauer. Keine Spur von dem Flugblatt. Entweder hatte er es irgendwo versteckt oder es war in andere Hände gefallen.
    »Wenn man deinem Ausweis Glauben schenken kann, arbeitest du als Kellnerin in einer Sauerstoffbar. Nach allem, was mir der Oberaufseher bezüglich der Scion-Zitadellen berichtet hat, werden derartige Jobs nicht besonders gut bezahlt. Weshalb ich glaube, dass du das alles nicht selbst gekauft hast.« Er machte eine kurze Pause und fragte dann: »Also, wer war es?«
    »Das geht dich verdammt noch mal nichts an.«
    »Hast du sie deinem Vater gestohlen?«
    »Ich sage dir gar nichts mehr. Mein Leben vor all dem hier ist nicht dein Eigentum.«
    Der Wächter schien kurz über meine Worte nachzudenken, dann sah er mich an.
    »Du hast recht«, sagte er. »Aber jetzt gehört dein Leben mir.«
    Meine Fingernägel bohrten sich in die Armlehne.
    »Wenn dir dein Überleben nicht völlig gleichgültig ist, beginnen wir morgen wieder mit dem Training. Doch von nun an werden deine Unterweisungen um ein weiteres Element ergänzt.« Er deutete mit dem Kinn auf mich. »Du wirst jeden Abend mindestens eine Stunde in diesem Sessel sitzen und dich mit mir unterhalten.«
    Diesmal konnte ich mir meine spontane Antwort nicht verkneifen: »Lieber sterbe ich.«
    »Oh, das steht dir natürlich frei. Soweit ich weiß, kannst du dich in deiner Traumlandschaft verschanzen, indem du zu viel von gewissen Astern rauchst, und dann trocknet dein Körper aufgrund von Flüssigkeitsmangel völlig aus.« Er deutete mit dem Kopf zur Tür. »Wenn das deine Entscheidung ist, geh. Stirb. Du würdest mich niemals wiedersehen. Es gibt keinen Grund, dein Leiden unnötig zu verlängern.«
    »Wäre die Blutsherrscherin darüber nicht wütend?«
    »Mag sein.«
    »Ist dir das etwa egal?«
    »Nashira ist meine Gefährtin, nicht mein Aufpasser. Sie hat keinerlei Einfluss darauf, wie ich meine menschlichen Schützlinge behandle.«
    »Und wie willst du mich behandeln?«
    »Wie eine Schülerin, nicht wie eine Sklavin.«
    Ich wandte den Blick ab und biss die Zähne zusammen. Ich wollte nicht seine Schülerin sein. Ich wollte nicht so werden wie er – mich gegen meine eigenen Leute wenden, für seine Mannschaft spielen.
    Langsam bekam ich wieder eine Verbindung zum Æther, vorerst nur als leises Zucken meiner Sinne. »Wenn du mich als Schülerin behandelst, will ich dich als meinen Mentor behandeln, nicht als meinen Meister.«
    »Ein fairer Handel. Aber Mentoren bringt man Respekt entgegen. Das erwarte ich auch von dir. Und ich erwarte, dass du mir jeden Abend gemäß den Regeln der Höflichkeit eine Stunde Gesellschaft leistest.«
    »Warum?«
    »In dir steckt das Potenzial, nach Belieben zwischen dem Æther und der stofflichen Welt zu wandeln«, erklärte er. »Aber wenn du nicht lernst, zur Ruhe zu kommen, selbst im Beisein deiner Feinde, wird dir das immer schwerfallen. Und dann wirst du in dieser Stadt nicht lange überleben.«
    »Und das willst du nicht.«
    »Nein. Es wäre eine furchtbare Verschwendung eines so einzigartigen Lebens. Du hast großartige Anlagen, aber du brauchst einen Mentor.«
    Bei diesen Worten krampfte sich mein Magen zusammen. Ich hatte bereits einen Mentor: Jaxon Hall.
    »Ich würde gerne eine Nacht darüber schlafen«, wandte ich ein.
    »Selbstverständlich.« Als er aufstand, wurde mir wieder bewusst, wie groß er war. Ich reichte ihm

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