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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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hatte?
    Die Tür öffnete sich. Als massige Silhouette zeichnete sich der Wächter vor dem Halbdunkel des Zimmers ab. Nur seine Augen bildeten zwei kleine Lichtpunkte. Wie angewurzelt stand ich da. Nachdem meine Aura angezapft worden war, hatte ich nun eine Art Anfall. Ich konnte den Æther nicht spüren. Rein gar nichts. Sollte er jetzt versuchen, mich zu töten, könnte ich nicht das Geringste dagegen tun.
    »Wir haben sie gefunden.« Suhail schubste mich nach vorne. »Hat sich in der Hüttensiedlung versteckt. Die aufrührerische Made hat versucht, Feuer zu legen.«
    Der Wächter sah zuerst ihn, dann mich an. Alle Beweise waren klar zu erkennen: Suhails Augen und das Blut auf meinen Wangen.
    »Du hast dich von ihr genährt«, stellte er fest.
    »Es ist mein Recht , mich von Menschen zu nähren.«
    »Nicht von diesem. Du hast viel zu viel genommen. Die Blutsherrscherin wird nicht erfreut sein über einen solchen Mangel an Selbstbeherrschung.«
    Obwohl ich Suhails Gesicht nicht sehen konnte, stellte ich mir sein dreckiges Grinsen vor.
    Stille folgte, bis ich einen Hustenanfall bekam, ein trockener, rauer Laut. Ich zitterte am ganzen Körper. Der Wächter musterte meine zerrissene Tunika.
    »Wer war das?«
    Ich schwieg. Er beugte sich zu mir runter. »Wer hat das getan?« Seine Stimme verursachte mir Gänsehaut. »Eine Rotjacke?«
    Kaum merklich nickte ich. Der Wächter wandte sich wieder an Suhail: »Du gestattest den Rotjacken, andere Menschen nach Gutdünken zu misshandeln, und das während deiner Wache?«
    »Ich kümmere mich nicht darum, welche Methoden sie anwenden.«
    »Wir wollen nicht, dass sie sich fortpflanzen , Suhail. Uns fehlen sowohl die Zeit als auch die Mittel, um mit Schwangerschaften umzugehen.«
    »Die Pillen machen sie doch unfruchtbar. Außerdem ist es Aufgabe des Oberaufsehers, sich mit Fällen von Unzucht auseinanderzusetzen.«
    »Du wirst tun, was ich befehle.«
    »Zweifelsohne.« Suhail musterte mich mit seinen gruseligen roten Augen. »Aber zurück zur Sache. Bitte deinen Meister um Vergebung, 40.«
    »Nein.«
    Er verpasste mir eine Ohrfeige. Ich taumelte zur Seite, wo die Wand mich auffing. Bunte Lichter flackerten vor meinen Augen. »Bitte deinen Meister um Vergebung , XX -59–40.«
    »Dafür musst du mich schon wesentlich fester schlagen.«
    Er holte aus, um mir diesen Wunsch zu erfüllen. Doch bevor er zuschlagen konnte, packte der Wächter seinen Arm. »Ich werde mich selbst um sie kümmern«, sagte er. »Es ist nicht an dir, sie zu bestrafen. Wecke du den Oberaufseher, damit er sich um den Aufruhr kümmert. Ich werde nicht zulassen, dass durch solche Vorkommnisse die Stunden des Tageslichts gestört werden.«
    Die beiden starrten sich an. Dann stieß Suhail ein leises Knurren aus, wandte sich ab und verschwand. Der Wächter blickte ihm kurz hinterher, dann packte er mich an der Schulter und schob mich ins Zimmer.
    Seine Räumlichkeiten waren unverändert: geschlossene Vorhänge, Feuer im Kamin, das Grammophon spielte »Mr Sandman « . Sein Bett sah so warm und gemütlich aus. Am liebsten hätte ich mich hingelegt, aber ich musste auf den Beinen bleiben. Der Wächter sperrte die Tür ab und setzte sich in seinen Sessel. Noch leicht benommen von dem letzten Schlag wartete ich ab.
    »Komm her.«
    Mir blieb nichts anderes übrig. Er sah zu mir hoch, wenn auch nicht sehr weit – selbst im Sitzen war er noch fast so groß wie ich. Seine Augen waren klar und leuchteten gedämpft, sie hatten die Farbe von grünlichem Likör.
    »Sehnst du dich nach dem Tod, Paige?«
    Ich antwortete nicht.
    »Mich kümmert nicht, was du über mich denkst, aber es gibt in dieser Stadt gewisse Regeln, an die du dich halten musst. Eine von ihnen ist die Sperrstunde.«
    Noch immer sagte ich nichts. Die Befriedigung, mir Angst zu machen, würde ich ihm nicht gönnen.
    »Diese Rotjacke«, begann er dann. »Wie hat er ausgesehen?«
    »Dunkelblonde Haare, Mitte Zwanzig.« Meine Stimme war rau. »Er kam zusammen mit einem Jungen, der ihm ziemlich ähnlich sah, 16. Und einem Mädchen namens Kathryn.«
    Mein Magen krampfte sich kurz zusammen. Petzen bei einem Reph, da kam ich mir vor wie eine Kriminelle. Dann erinnerte ich mich an Liss’ Gesicht, so voller Trauer, und das bestärkte mich wieder in meiner Entscheidung.
    »Ich kenne sie.« Der Wächter blickte ins Feuer. »Die beiden Männer sind Brüder, beide Medien. XIX -49–16 und 17. Sie sind hierhergekommen, als sie um einiges jünger als du waren.« Er

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