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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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fragte ich David.
    »Ich gebe dir jetzt mal Stoff zum Nachdenken«, erwiderte er, ohne auf meine Frage einzugehen. »Meinst du, Scion lässt sich gern von den Rephaim rumkommandieren?«
    »Natürlich nicht.«
    »Aber du glaubst Nashira, wenn sie behauptet, sie unter Kontrolle zu haben. Denkst du nicht, irgendjemand in der Geschichte von Scion hätte mal daran gedacht, gegen sie vorzugehen?«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Beantworte einfach nur die Frage.«
    »Das würden sie nicht tun. Sie haben zu viel Angst vor den Emim.«
    »Vielleicht hast du recht. Vielleicht ist dem Archonitat aber doch noch ein kleiner Rest vernünftiger Menschenverstand geblieben.«
    »Was soll das heißen?« Als er nicht antwortete, baute ich mich fordernd vor ihm auf. »Was hat denn bitte das Archonitat mit der Sache zu tun?«
    »Einfach alles.« Er schob sich an mir vorbei. »Mach du nur weiter mit deinem Gefangenenaufstand, kleine Bettlerprinzessin. Zerbrich dir meinetwegen nicht den Kopf.«
    Bevor ich eine Antwort fand, hatte er bereits die viktorianische Eingangshalle betreten und verschwand in der Menge. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Eine durchgedrehte Rotjacke konnte ich jetzt gar nicht gebrauchen, vor allem nicht, wenn sie sich so geheimnisvoll gab wie David. Mochte ja sein, dass er die Rephaim angeblich hasste, aber mich schien er auch nicht sonderlich zu mögen. Er konnte Nashira das mit dem Wein verraten. Ihr wäre sofort klar, dass da etwas faul war. Verdammt faul sogar.
    In der Gildehalle brannten Tausende Kerzen. Sobald ich über die Schwelle trat, schoben Michael und eine Weißjacke mich eine Treppe hinauf, während David wahrscheinlich die anderen Knochensammler suchte. Michael hatte von den Rephs die Aufgabe übertragen bekommen, dafür zu sorgen, dass niemand sichtbare Verletzungen hatte oder sonst irgendwie ungepflegt wirkte – ein wunderbarer Vorwand für ein letztes Treffen. Als wir oben auf der Galerie standen, drehte ich mich zu den beiden um.
    »Bereit?«
    »Und in Warteposition«, bestätigte die Weißjacke namens Charles, ein Cryomant, beansprucht von Terebell. Mit dem Kopf deutete er in die Halle hinunter, wo die Rephaim zwischen den Abgesandten herumwanderten. »Die Knochensammler fallen so nach und nach aus. Das werden die Rephs erst bemerken, wenn es zu spät ist.«
    »Sehr gut.« Ich atmete tief durch, um mich zu beruhigen. »Gut gemacht, Michael.«
    Der trug einen schlichten grauen Anzug. Er lächelte kurz.
    »Hast du meine Sachen mitgebracht?«
    Er zeigte hinter sich. Unter einer der auf der Galerie verteilten Bänke lag mein Rucksack, der mit Medikamenten vollgestopft war. Jetzt konnte ich ihn nicht mitnehmen, aber die Clowns wussten alle, wo er war, falls sie ihn brauchten. Er bildete eines unser vielen geheimen Vorratslager.
    »Paige«, fragte Charles plötzlich, »wann wird das Leuchtsignal gegeben?«
    »Da warte ich noch auf Nachricht. Aber ich werde eines absetzen, sobald wir einen sicheren Weg gefunden haben.«
    Charles nickte. Wieder warf ich einen Blick in die Halle hinunter.
    So viele Menschen würden heute ihr Leben riskieren: Liss, die immer solche Angst gehabt hatte. Julian, der so viel getan hatte, um mir zu helfen. Die Clowns. Die Weißjacken.
    Und der Wächter. Erst jetzt begriff ich wirklich, was es für ihn bedeutete, mir sein Vertrauen zu schenken. Wenn ich ihn verriet, so wie der letzte Mensch, bei dem er das gewagt hatte, würde er nicht mit ein paar Narben davonkommen, sie würden ihn abschlachten. Das hier war seine letzte Chance.
    Und wir mussten jetzt handeln, solange es unter den Rephaim noch einen letzten Rest von Mitgefühl gab. Wenn die Gezeichneten ausgelöscht wurden, wäre jede Hoffnung verloren.
    Mit einem lauten Krachen wurde die Tür zur Galerie aufgestoßen und Suhail erschien im Türrahmen. Er packte Charles am Kragen und zerrte ihn zur Treppe. »Der Blutsherrscherin gefällt es nicht, wenn man sie warten lässt, Abschaum«, fauchte er mich an. »Du hast auf der Galerie nichts zu suchen. Geh nach unten.«
    So plötzlich wie er aufgetaucht war, verschwand er auch wieder. Michael warf einen verstohlenen Blick zur Tür. »Es wird Zeit«, sagte ich und drückte seine Hand. »Viel Glück. Und denk dran: Kopf unten halten und auf das Signal warten.«
    Michael nickte.
    Dann sagte er ein einziges Wort: »Lebe.«
    *
    Ich hielt meinen Kopf gesenkt, als ich das Erdgeschoss der Gildehalle durchquerte. Niemand schien meine Ankunft zu bemerken.
    In neun

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