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The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)

Titel: The Bone Season - Die Träumerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samantha Shannon
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Zimmer in Magdalen. Das Grammophon dudelte, wieder einer von Jaxons zensierten Lieblingen. »Did You Ever See a Dream Walking? « Ich lag bäuchlings auf dem Sofa, mein Oberkörper war nackt. Meine Haare waren zu einem Knoten gewunden worden.
    Vorsichtig betastete ich mein Gesicht. Haut. Kalte, feuchte Haut. Ich war am Leben. Voller Schmerzen, ja, aber lebendig. Sie hatten mich nicht umgebracht.
    Meine Muskeln waren zu angespannt, um still liegenzubleiben. Doch als ich aufstehen wollte, zog das Gewicht meines Kopfes mich immer wieder runter, sodass ich nur wenige Zentimeter schaffte. Mein rechtes Schulterblatt strahlte glühende Hitze ab. Das dumpfe Pochen an der Hüfte zeigte an, wo sie die Nadel angesetzt hatten. Allerdings ging der Schaden diesmal tiefer.
    Flux gehörte zu den wenigen Drogen, die in Arterien besser wirkten als in Venen. Mein Oberschenkel war heiß und angeschwollen. Meine Brust hob und senkte sich krampfhaft. Ich verbrannte innerlich. Der Reph, der das getan hatte, war nicht nur ungeschickt gewesen, sondern auch grausam. Ich glaubte mich vage daran zu erinnern, wie Suhail mich angrinste, bevor die Lichter ausgingen.
    Vielleicht hatten sie ja doch versucht, mich umzubringen.
    Langsam drehte ich den Kopf zur Seite. Im Kamin brannte ein Feuer. Und da war jemand mit mir im Raum: mein Hüter.
    Er saß in seinem Sessel und starrte in die Flammen. Voller Hass auf ihn ließ ich den Blick durch das Zimmer schweifen. Noch immer konnte ich spüren, wie er mich zurückhielt, mich daran hinderte, Seb zu retten. Empfand er auch nur die geringste Schuld wegen dieses sinnlosen Todes? Kümmerten ihn die hilflosen Sklaven im Haus der Amaurotiker überhaupt? Vielleicht kümmerte ihn ja generell nichts. Selbst die Art und Weise, wie er mit Nashira umging, hatte etwas Mechanisches an sich. Gab es irgendetwas, das dieses Wesen antrieb?
    Offenbar hatte er meinen Blick gespürt, denn er stand auf. Aus Angst vor jeglicher Bewegung verhielt ich mich still. Zu viele Teile meines Körpers taten weh. Der Wächter ging neben dem Sofa in die Hocke. Als er eine Hand hob, zuckte ich zusammen. Mit der Rückseite seiner Finger strich er über meine brennend heiße Wange. Seine Augen hatten wieder ihre normale Farbe angenommen, goldgelb.
    Das Fieber hatte meine Kehle ausgedörrt. »Sein Geist«, presste ich hervor. Jedes Wort brachte neue Schmerzen. »Ist er gegangen?«
    »Nein.«
    Mit aller Kraft versuchte ich, mir die Qualen nicht anmerken zu lassen. Wenn niemand die Threnodie gesprochen hatte, war Seb gezwungen, hier zu verharren. Er hatte immer noch Angst, war allein, und, was das Schlimmste war, er war noch immer ein Gefangener.
    »Warum hat sie mich nicht umgebracht?« Meine Kehle war wie Sandpapier. »Warum hat sie es nicht einfach beendet?«
    Der Wächter ignorierte die Frage. Nachdem er meine Schulter untersucht hatte, nahm er einen Kelch vom Nachttisch, der bis zum Rand mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt war. Ich behielt ihn genau im Auge, während er den Kelch an meine Lippen führte und mit der freien Hand meinen Kopf stützte. Sofort stemmte ich mich dagegen. Ein leises Knurren entstieg seiner Kehle. »Das hilft gegen die Schwellung in deinem Bein«, erklärte er. »Trink.«
    Ruckartig zog ich den Kopf weg. Der Wächter hielt den Becher fest. »Willst du denn nicht heilen?«
    Wortlos starrte ich ihn an.
    Nur durch einen Zufall hatte ich überlebt, anders konnte es nicht sein. Es gab einfach keinen Grund, warum sie mich nicht hätten töten sollen.
    »Du hast ein Brandzeichen bekommen«, fuhr er fort. »Wenn du mir nicht gestattest, die Wunde ein paar Tage lang zu versorgen, wird sie sich entzünden.«
    Durch wilde Verrenkungen versuchte ich, auf meine Schulter zu schauen, während ich gleichzeitig das Laken hochzog, um meine Brüste zu bedecken. »Brand… Brandzeichen? Was für ein … ?« Mit zitternden Fingern strich ich über die geschwollene Haut. XX -59–40. Nein, nein! »Oh, du … du Mistkerl, du krankes Arschloch! Dafür werde ich dich umbringen. Warte nur ab, wenn du schläfst, werde ich … «
    Mein Hals brannte zu sehr, sodass ich keuchend verstummte. Der Wächter musterte mein Gesicht als versuche er, eine fremde Sprache zu entschlüsseln.
    Er war nicht blöd. Warum sah er mich so an? Sie hatten mir ein Brandzeichen verpasst wie einem Tier. Aber ich war weniger als ein Tier. Ich war eine Nummer.
    Nur mein rasselnder Atem durchdrang die Stille. Als der Wächter seine wie immer in einen Handschuh

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