The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)
Haare aus dem Gesicht wehte. Ein durchdringender Brandgeruch lag in der Luft. David stützte beide Arme auf die Steinbalustrade.
»Mir gefällt es hier.« Er zog eine selbstgedrehte Zigarette aus seinem Ärmel und zündete sie mithilfe eines Streichholzes an. »Schön weit oben.«
Wir standen auf einem Balkon, der direkt unterhalb des brüchigen Turmdachs hing. Aus dem Mäuerchen waren Teile herausgebrochen, und es gab sogar ein Schild, das vor Einsturzgefahr warnte. Ich sah hoch zu den Sternen. »Du hast deine zweite Prüfung bestanden«, begann ich. »Also, wenn du reden willst, erzähl mir was über die Emim.«
Mit geschlossenen Augen sog er den Rauch in seine Lunge. An seinen Fingern waren eindeutige Flecken zu erkennen. »Was genau willst du denn wissen?«
»Was sie sind.«
»Keine Ahnung.«
»Du musst doch einen gesehen haben.«
»Nicht richtig. Im Wald ist es dunkel. Ich weiß, dass er menschlich aussah, mit Kopf, Armen und Beinen, aber bewegt hat er sich wie ein Tier. Außerdem hat er gestunken wie ein Scheißhaus. Und auch so geklungen.«
»Wie kann etwas denn nach Scheißhaus klingen ?«
»Wie Fliegenschwärme, 40. Ssssssss.«
Summer .
»Und seine Aura?«, bohrte ich weiter. »Hatte er eine?«
»Ich habe keine bemerkt. Irgendwie hat es so ausgesehen, als würde er den Æther zum Einsturz bringen«, erklärte er. »Als wäre seine Traumlandschaft von einem Schwarzen Loch umgeben.«
Das klang nicht wie etwas, dem ich gerne begegnen würde. Ich ließ den Blick über die Stadt schweifen. »Hast du ihn getötet?«
»Hab’s versucht.« Als er mein Gesicht sah, tippte er gegen seine Kippe. »Sie haben eine ganze Bande von uns da reingeschickt, alles Rosajacken. Zwei Gruppen. Außerdem waren noch zwei Rote dabei, 30 und 25. Dann haben sie jedem von uns ein Messer in die Hand gedrückt und uns befohlen, die Summer mit allem zu jagen, was wir finden könnten. 30 hat sogar ganz offen zugegeben, dass die Messer hauptsächlich dazu dienten, dass wir uns besser fühlten. Und dass man so ein Ding am besten mithilfe des Æthers jagt.
Einer der Rosafarbenen war ein Rhabdomant, also haben wir einige Stöcke zum Kompass umfunktioniert. 30 hat uns eine Flasche mit dem Blut eines Typen gegeben, dem sie die Hand abgebissen hatten, so konnten wir ihn als Fragenden einsetzen. Wir haben das Blut auf die Zweige geschmiert, und der Rhabdomant hat sie geworfen. Sie haben Richtung Westen gezeigt. Immer wieder haben wir die Stöcke geworfen und so die Richtung geändert. Natürlich war der Summer auch in Bewegung, es hat uns also nicht wirklich weitergebracht. Bis 21 irgendwann vorgeschlagen hat, wir sollten ihn zu uns locken. Da haben wir ein Feuer gemacht und eine Séance abgehalten, um die Geister des Waldes zu uns zu rufen.«
»Gibt es da viele?«
»Oh, ja. All die Idioten, die versucht haben, über das Minenfeld zu fliehen. Das behaupten zumindest die Rotjacken.«
Ich unterdrückte ein Schaudern.
»Wir sind ein paar Minuten sitzen geblieben. Die Geister verschwanden. Dann haben wir Geräusche gehört. Aus dem Wald schwärmten Fliegen heran, die über meine Arme krochen. Dann tauchte wie aus dem Nichts dieses Ding auf – ein riesiges, aufgequollenes Etwas. Und im nächsten Moment war es schon dabei, 19s Haare zu fressen. Die Haut hätte es fast mit abgerissen. Als sie losschreit, bringt sie das Ding damit völlig aus dem Konzept. Es reißt ihr noch ein paar Strähnen aus, stürzt sich dann aber auf 1.«
»Carl?«
»Ihre Namen kenne ich nicht. Jedenfalls quiekt er wie eine angestochene Sau und versucht, das Ding abzustechen. Nichts passiert.« Er musterte die Glut seiner Selbstgedrehten. »Das Feuer geht aus, aber ich kann das Vieh noch sehen. Ich will ein Bild einsetzen, denke also an ein weißes Licht und versuche, es in der Traumlandschaft des Summers zu verankern, damit er geblendet wird. Dann weiß ich nichts mehr, aber es fühlt sich an, als hätte jemand meinen Schädel planiert und Öl in den Æther gekippt. Alles ist dunkel und tot. Sämtliche Geister in der Umgebung versuchen, vom Chaos wegzukommen. 20 und 14 nehmen die Beine in die Hand. 30 brüllt ihnen hinterher, dass sie feige Gelbjacken wären, aber sie haben zu viel Angst, um zurückzukommen. 10 wirft ein Messer und trifft 5. Der fällt. Zwei Sekunden, und der Summer hat ihn erwischt. Das Feuer erlischt endgültig, wir stehen im Dunkeln. 5 fängt an, um Hilfe zu schreien.
Jetzt sind alle blind. Ich versuche mithilfe des Æthers herauszufinden,
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