The Bone Season - Die Träumerin (German Edition)
wo das Ding ist. 5 wird gefressen. Der ist schon tot. Ich packe das Ding am Hals und zerre es von ihm runter. Die nasse, tote Haut gleitet mir aus den Fingern. Es dreht sich zu mir um. Seine weißen Augen leuchten in der Dunkelheit, starren mich an. Plötzlich fliege ich durch die Luft und blute wie ein abgestochenes Schwein.«
Er zog den Kragen seiner Tunika herunter und schob den Verband zur Seite. Darunter erschienen vier tiefe Kratzwunden. Die Haut rund herum war blutunterlaufen und milchig grau. »Das sieht aus wie Poltergeistwunden«, stellte ich fest.
»Keine Ahnung.« Er zog den Verband wieder über die Wunden. »Ich kann mich nicht rühren. Das Vieh kommt auf mich zu, Blut tropft aus seinem Maul. 10 hat versucht, 5 zu helfen, steht jetzt aber auf. Er hat einen Schutzengel, der einzige Geist, der nicht geflohen ist. Den schleudert er auf den Summer. Gleichzeitig schicke ich wieder ein Bild in die Traumlandschaft von dem Ding. Es kreischt, aber so richtig. Will wegkriechen, stößt grauenhafte Geräusche aus, schleift aber ein Stück von 5 mit. Inzwischen hat 21 einen Ast angezündet und wirft ihn nach dem Summer. Ich rieche brennendes Fleisch … Danach habe ich das Bewusstsein verloren. Bin dann in Oriel wieder aufgewacht, in Verbände eingewickelt.«
»Und sie haben euch allen die rote Tunika verliehen.«
»20 und 14 nicht, die haben Gelb gekriegt. Und sie mussten die Überreste von 5 einsammeln.«
Schweigend standen wir nebeneinander. Ich konnte an nichts anderes denken als an 5, wie er im Wald bei lebendigem Leib gefressen wurde. Seinen richtigen Namen kannte ich nicht, hoffte aber, dass irgendjemand die Threnodie für ihn gesprochen hatte. Was für eine schreckliche Art zu gehen.
Ich blickte in die Ferne. Weit draußen konnte ich einen schwachen Lichtpunkt ausmachen, von hier aus nicht stärker als eine Kerzenflamme.
»Was ist das?«
»Scheiterhaufen.«
»Wofür?«
»Summerkadaver. Oder menschliche Leichen, je nachdem, wer gewonnen hat.« Er warf seine Selbstgedrehte weg. »Ich glaube, die Knochen benutzen sie für irgendwelche Augurien.«
Eine kleine Aschewolke zog vorbei. Ich fing eine Flocke mit der Fingerspitze ab. Auguren traten durch natürliche Medien mit dem Æther in Kontakt: den Körper, Tiere, die Elemente. In Jaxons Augen bildeten sie eine niedrige Klasse. »Vielleicht zieht das Feuer sie an«, überlegte ich. »Sie haben doch gesagt, die Stadt sei ein Leuchtfeuer.«
»Ein æ therisches Leuchtfeuer, 40. Viele Seher, Geister und Rephs auf einem Haufen. Überleg doch mal, wie der Æther funktioniert.«
»Warum zum Teufel weißt du so viel darüber?« Ich drehte mich zu ihm um. »Du gehörst nicht dem Syndikat an. Also, wer bist du?«
»Ein Rätsel, genau wie du.«
Zähneknirschend schwieg ich.
»Du hast noch mehr Fragen«, sagte er nach einer Weile. »Bist du sicher, dass du sie stellen willst?«
»Fang gar nicht erst an.«
»Womit denn?«
»Mir vorzuschreiben, was ich wissen wollen soll. Ich will Antworten«, stieß ich wütend hervor. »Ich will alles wissen über diesen Ort, an dem ich den Rest meines Lebens verbringen soll. Kannst du das nicht verstehen?«
Wir beugten uns über die Balustrade und starrten hinunter auf den Raum. Da ich Angst hatte, dass der Stein unter mir wegbrechen könnte, versuchte ich so wenig wie möglich Gewicht auf ihn auszuüben.
»Also«, sage ich, »kann ich jetzt diese Fragen stellen?«
»Das hier ist kein Spieleabend, 40, bei dem wir fröhliche Raterunden veranstalten. Ich habe dich hierher gebracht, um herauszufinden, ob du tatsächlich ein Traumwandler bist.«
»Ein leibhaftiger«, erwiderte ich.
»Wie man hört, nicht unbedingt. Manchmal springst du auch aus diesem Körper raus.« Er musterte mich eingehend. »Sie haben dich in der zentralen Parzelle geschnappt, im Allerheiligsten von Scion. Du musst ziemlich nachlässig gewesen sein.«
»Nicht nachlässig. Ich hatte einfach kein Glück.« Finster starrte ich ihn an. »Was haben die eigentlich für ein Problem mit dem Syndikat?«
»Es behält die ganzen guten Seher für sich. Es versteckt die Fesselmeister, Traumwandler und Orakel – eben die höheren Kasten, die Nashira in ihrer Kolonie haben will. Das ist ihr Problem, 40. Deshalb werden sie ja auch dieses neue Abkommen unterzeichnen.«
»Was beinhaltet es?«
»Nashira hat schon länger Schwierigkeiten, an anständige Seher heranzukommen. Die werden alle von ihren Gangs beschützt. Bis sie herausgefunden haben, wie sie die
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