The Captain`s Lover 01 - Sklave Seiner Sehnsucht
Abwasser. Der Herbst stand vor der Tür; es wurde merklich kühler. Brayden hatte ihm ein langes Hemd und wärmere Hosen geliehen. Ansonsten schien er ihn kaum zu beachten, allerdings war er als Captain so kurz vor der Landung auch sehr eingespannt. Wie schön wäre es, jetzt Hand in Hand mit Brayden am Bug zu stehen und abzuwarten, bis sich die Silhouette der Stadt vor ihnen abzeichnete. Richard war aufgeregt, seine Familie wieder zu sehen, aber er fürchtete sich ein wenig vor der Reaktion der Gesellschaft. Was würde sie über ihn reden, wenn sie erführen, was ihm zugestoßen war? Richard hörte schon das Getuschel: »Seht nur, der Sklavenjunge ist wieder zurück ...«, und schüttelte sich. Der Überfall in der gestrigen Nacht hatte noch einmal all die schlimmen Erinnerungen aufgewühlt. Wenn Brayden und Jonathan nicht gewesen wären . Für den Schiffszimmermann hatte Richard als Freiwild gegolten. Aber er wollte jetzt nicht mehr daran denken, sondern nach vorne schauen. Seine Eltern würden sich, wie jede Saison, in ihrem Londoner Stadthaus aufhalten, während sie den Winter gerne auf dem Land verbrachten. Ob seine Schwester Mirabelle ihr Kind bereits bekommen hatte und er schon Onkel war? Darüber hatte er noch überhaupt nicht nachgedacht. Onkel Richard - wie sich das anhörte, schon sehr erwachsen, irgendwie. Na ja, er war erwachsen. Nächsten Monat wurde er bereits zwanzig. Er freute sich auf jeden Fall riesig, seinen Neffen oder seine Nichte in den Arm zu nehmen.
Zahlreiche Gedanken gingen Richard so kurz vor der Ankunft durch den Kopf und er schielte über das Deck, ob er Brayden irgendwo sah. Richard erinnerte sich an ihre letzte Liebesnacht. Trotz seiner Zweifel war es ihm gelungen, Brayden mit dem Mund zu befriedigen. Bei Brayden fühlte er sich sicher, bei ihm würde ihm nichts geschehen und Brayden drängte ihn zu nichts. Außerdem spürte Richard, dass der Mann nicht viel erfahrener war als er selbst, was seinen eigenen Mut anstachelte. Wie würde es in Zukunft zwischen ihnen werden? Würden sie sich in London sehen, auch wenn Brayden ihre sündigen Handlungen verteufelte? Wie sollte es Richard nur ohne seine Zärtlichkeiten aushalten, die er jetzt schon vermisste?
Heute Nacht, nach dem schrecklichen Vorfall, waren sie sich so nahe gewesen wie noch nie. Brayden hatte sich fürsorglich um ihn gekümmert und ihn die ganze Zeit umarmt.
Als er eine bekannte Stimme hörte, drehte Richard sich um und warf einen Blick auf den Captain, der gerade Sykes Anweisungen gab, die Segel reffen zu lassen. Es ging ein mittlerer Wind und sie waren auf dem Fluss, der sich häufig wand, zu schnell unterwegs. Zudem sorgte die leichte Schräglage dafür, dass sich die Fregatte schlechter manövrieren ließ und die Masten zu stark beansprucht wurden. Da Richard froh war, sich ablenken zu können, setzte er Socke in einen Korb und kletterte mit ein paar Matrosen hinauf in die Takelage. Zudem hatte er von dort oben eine hervorragende Aussicht. Die Morgensonne schien ihm warm in den Rücken, während ihm der kühle Wind um die Ohren pfiff. Trotz des schrecklichen Schiffsunglücks, genoss er den Ausblick von dort oben. Solange kein Sturm ging, war alles in Ordnung, dennoch war Richard froh, bald wieder Land unter den Füßen zu spüren, und eine Stunde später war es so weit:
Mit wild pochendem Herzen stand er abermals am Bug und blickte auf die Warenhäuser und Werften der Londoner Docklands, die hinter einem Wald aus Masten kaum auszumachen waren, so viele Schiffe ankerten hier. Dahinter erkannte er die Silhouette Londons: Hohe Schornsteine spuckten schwarzen Rauch aus, während der Morgennebel die Umrisse der Häuser verschluckte. Abfälle trieben gegen das Schiff, und überall lag ein süßlicher, leicht fischiger Geruch in der Luft. Dennoch atmete Richard tief ein. Er war wieder zuhause.
Rufe von Händlern und Hafenarbeitern lenkten Richards Blick auf das rege Treiben an den Kais. Sie legten an einem Nassdock an, hinter dem sich ein hohes, aus Stein und Holz errichtetes Lagerhaus befand, das den Schriftzug »Westbrook Ware & Post Navigation Company« trug. Stolz erfüllte Richards Brust, und er sah auf Brayden, der sichtlich zufrieden neben ihn trat. »Du wirst auch Post transportieren?«, fragte Richard überrascht.
»Ich denke, das könnte in Zukunft ein sehr lukratives Geschäft werden«, erklärte ihm Brayden. »Der Postverkehr zwischen England und den östlichen Kolonien und den Kolonien in der Karibik nimmt
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