The Cocka Hola Company: Roman
langsam.
DONNERSTAG, 17. DEZEMBER, 11.00 H
Der Tag nach der Adventsfeier. Bis Heiligabend ist es noch eine Woche. Seit Dienstag früh liegt Monica B. Lexow auf der Intensivstation. Das Erlebte hat sie zutiefst aufgewühlt. Sie weint mehr als sonst, und Berlitz hat mit mal mehr, mal weniger Glück versucht, sich in ihre Gefühle hineinzuversetzen, ja, das Ehepaar hat insgesamt versucht, zusammenzuarbeiten , obwohl Monica eine von denen ist, die gern leiden, und Berlitz seiner Frau nicht unbedingt aufrichtige Sympathie entgegenbringt.
Eben ist Berlitz unten am Krankenhauskiosk gewesen und hat Tageszeitungen geholt, wozu er zunächst langwierig und unerfreulich hat Schlange stehen müssen. Ein jeder wird ihm beipflichten, dass Kranke – zumal wie hier als Warteschlange – keine heitere Gesellschaft sind. Dass Berlitz sich nach einem ausgiebigen Wannenbad so sehr wohlgepflegt fühlt – porentiefe Hautreinigung, Bartpflege, Gesichtsmaske und partielle Körperrasur (da er blind wetten könnte, dass Monicas wenig aufdringliche Libido durch das traumatische Erlebnis ganz vergangen ist, hat er sogar eine vollständige Intimrasur gewagt) – dass er sich so gepflegt fühlt, hat die Situation in der Schlange nicht gerade verbessert; je gesünder man sich fühlt, desto kränklicher und jämmerlicher wirken die Patienten. Kurz, er hat Monica Zeitungen und Schokolade gekauft, vier verschiedene Zeitungen sogar, denn ehrlich gesagt rechnet er damit, sich zu Tode zu langweilen, wenn er den lieben langen Tag am Bett seiner mit den Nachwirkungen des Schocks beschäftigten Frau sitzen muss.
Nach rund einer Stunde intensiver Zeitungslektüre kreischt Monica plötzlich auf. Berlitz flucht innerlich, er denkt, da läuft irgendein posttraumatischer Mist, aber Monica brabbelt:
– … da, da, da! Das muss er sein! Mein Gott, schau bloß mal hier! Hierhierhier! Ich bin ganz sicher! Das ist er! Ooooh! Uhhuuu! Schau doch! Das ist er …
Sie schüttelt die Zeitung, während sich ihr allerlei unartikulierte und artikulierte Geräusche entringen. Berlitz steht auf und beugt sich über ihr Bett, um zu sehen, was ist.
– Was willst du mir sagen, Monica …
– Das ist er … Ich bin mir ganz sicher … Ich erkenne ihn wieder … Oh, Hilfe, Hilfe … er hat wieder zugeschlagen …
Berlitz sagt, sie soll sich beruhigen und ihre Hand beiseite nehmen, damit er was sehen kann, aber sie regt sich immer mehr auf und kreischt herum, bis er in seinem zweitstrengsten Tonfall sagt, jetzt soll sie ihm die Scheißzeitung geben, sonst kann er ihr gar nicht helfen. Auf der letzten Seite, im Vermischten, befindet sich folgender Artikel nebst zwei Fotos:
ADVENTSFEIER FÜR LECKERMAUL – NICHT NUR MIT KEKSEN
Für eine 2. Klasse endet das Schuljahr mit unerwartetem Höhepunkt: Gast nutzt die Adventsfeier zum Flirten – nascht an einer Mutter.
Von Paal Helge Reitan
Der Bekannte eines Vaters nutzte gestern die Adventsfeier im privaten Rahmen für ein Sexabenteuer. Die letzte diesjährige Zusammenkunft der Klasse endete mit einem turbulenten Auftritt.
Leckermaul
Eltern und Kinder sitzen unschuldig bei der Adventsfeier. Keiner ahnt etwas von den Absichten des ungebetenen Gastes (31), der heimlich mit der Mutter (28) eines Ausländerkindes flirtet. Kurz ist deren Gatte (35) unaufmerksam – schon hat der Täter sie in den ersten Stock entführt und geht dort mit Appetit zur Sache. Robert Jegleim, der Gastgeber, entdeckt die Turteltauben, als der Mann sich gerade oral an der Frau zu schaffen macht. Hatten ihm Kekse und Lebkuchen nicht genügt?
Aktivisten
»Ich hatte gerade ein sehr interessantes Gespräch mit dem Freund des Mannes, dem Vater eines Kids aus der Klasse meiner Tochter, als meine Frau kam und sagte, dass man mein Büro zum Liebesnest umfunktioniert hat«, lächelt Jegleim (45), der als Redakteur beim Fernsehen arbeitet. Er ging in den ersten Stock und konnte feststellen, dass dort tatsächlich schon die Weihnachtsglocken läuteten.
Der fragliche Vater (40) und sein Freund, das Leckermaul, sind laut Jegleim Mitglieder einer Gruppe von Aktivisten. Mehr will der TV-Mann aus Diskretion nicht verraten.
»Der Vater hat mir von seinen wirklich unkonventionellen Aktionen berichtet. Nicht ausgeschlossen, dass die Sex-Episode eine davon ist«, sagt Jegleim, der annimmt, dass das nicht die letzte Aktion der Gruppe war.
Handgemenge
Der Mann der betroffenen Frau, ebenfalls ausländischer Herkunft, kriegt mit, was da läuft, und schreitet
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