The Cocka Hola Company: Roman
Hans – und jetzt habe ich endlich Zugang zu der abgefuckten Schweinepresse!« PapaHans lässt sich beruhigen, weist im Gesprächsverlauf aber noch mehrmals darauf hin, dass man keine Risiken eingehen sollte, wenn man so hautnah an einer relativ verwundbaren Konstruktion wie ihrer Firma dran ist. Simpel antwortet jedes Mal, es ist ihm wahnsinnig wichtig, dass DESIREVOLUTION nicht gefährdet wird, und hier irgendwelche Risiken einzugehen, das wäre ja genauso dumm, wie das eigene Kind zu vernachlässigen.
Ziemlich genau sieben Minuten, nachdem Simpel aufgelegt hat, donnert ein größeres Polizeiaufgebot an seine Wohnungstür und verhaftet ihn wegen vorsätzlicher schwerer Körperverletzung. Nach zwei Minuten haben die Beamten das Tätowierwerkzeug gefunden, die Sporttasche steht schlauerweise seit der Aktion mitten im Wohnzimmer. Die illegal großen Mengen Xanax im Bad hingegen fallen den Polizisten nicht weiter auf.
Bald darauf wird das Ehepaar Berlitz von Inspektor Krauss informiert, dass der Täter verhaftet ist. Berlitz hängt sich sofort ans Telefon und ruft seinen Freund Göran Persson an, den Waschmittelproduzenten und Zwangsalkoholikervater. Das Gespräch ist kurz, Berlitz faucht: »Jetzt sind wir so weit, Göran, jetzt brauchen wir nur noch ein paar Infos über die verfluchte Räuberbande loszulassen, und die Sache läuft von selbst. Heute ist ein großer Tag; wir haben alles, was wir brauchten, auf einem Silbertablett serviert gekriegt. Ab jetzt geht’s bergauf. Das wird ein fröhliches Neujahr!« Monica fragt Berlitz immer wieder, woher er den Täter so gut kennt, aber er lässt nichts verlauten, als dass der Mann der Vater vom »scheußlichsten Balg« der ganzen B-Schule ist.
Noch eine weitere Freudennachricht erhält das Ehepaar Berlitz an diesem Nachmittag, dass Monica nämlich schon bald einen Termin beim Laserchirurgen hat. Er hat sie zwar darauf hingewiesen, dass nach dem Eingriff erstmal Narbengewebe die Tätowiertinte ersetzt; eine Hauttransplantation ist ausgeschlossen, da die infrage kommenden Spenderregionen an Monicas Körper allzu sehr von Zellulitis in Mitleidenschaft gezogen sind. Monica hat gesagt, sie würde egal was mit sich machen lassen, sogar eine rein symbolische Operation, Hauptsache, es beschert ihr eine »Traumamassage« (das Wort hat sie von Berlitz aufgeschnappt). Angesichts der geballten Glücksbotschaften lässt sich Berlitz zu einem Küsschen auf die Wange seiner Frau hinreißen, so wenig sie auch dazu verlockt, wie sie daliegt. Er hält die Luft an, küsst sie trocken und produziert etwas, das als Lächeln interpretiert werden könnte. Monica lächelt zurück, obwohl sie sich nur ungern von dem frisch getrimmten Bart die Wange aufkratzen lässt. Einen getrimmten Bart findet sie sowieso den Gipfel der Geschmacklosigkeit, so was steht nur den paar Leuten, denen sowieso alles steht, und auch nur, wenn sie wirklich unter fünfunddreißig sind. Also ist Berlitz gut fünfzehn Jahre überfällig; nur gibt es keine Chance, dass er den Bart abnimmt, denn zunächst mal fehlt ihm jegliche Selbsterkenntnis, und außerdem ziert ein ebensolcher Bart das Gesicht von Berlitzens verehrtem Vorbild, dem amerikanischen Tiefenpsychiater Norman Schulz. Aber Details beiseite: Die Ehe von Berlitz und Monica Berlitz Lexow erreicht an diesem Nachmittag einen vorläufigen Höhepunkt, immer im Einklang mit dem kitschigen Merksatz: »There’s nothing like a little desaster for sorting things out.«
Als Lonyl nach Hause kommt, ist Motha noch bei der Arbeit, aber er hat einen Schlüssel. Dass Simpel nicht zu Hause ist, bemerkt er nicht, sondern fängt sofort an, auf dem Wildledersofa zu hopsen.
Motha, die zum Zeitpunkt von Simpels Verhaftung gerade Mittelpunkt einer Doppelpenetration war, kommt rund ein Stündchen nach Lonyl. Sie fragt ihren hopsenden Sohn, wo Papa ist, keine Antwort. Eine knappe halbe Stunde vergeht mit Rauchen und Zeitunglesen (inklusive kopfschüttelnder Lektüre des Artikels über ihren Gatten, ihren Sohn und ihren Kollegen), dann wird Motha von irgendeinem Beamten angerufen, der sie davon in Kenntnis setzt, dass Simpel für zunächst drei Wochen in Untersuchungshaft genommen wurde. Briefe und Besuche sind erlaubt, Motha meldet sich für morgen an.
FREITAG, 18. DEZEMBER, 8.30 UHR
Motha hat gestern Abend mit Lonyl darüber gesprochen, dass Papa von der Polizei abgeholt worden ist, was bei Lonyl keine erkennbare Reaktion hervorrief, ebenso wenig wie die Mitteilung, dass er
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