The Curse - Im Schatten der Schwestern (German Edition)
in seinen Händen.
„Was glaubst du denn?“, murmelte er, ohne aufzusehen.
Kyle schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
„Dann musst du es Vater sagen. Sicher wird er dich nicht ins Unglück stürzen wollen, indem er sie mit Cathal gehen lässt. Wusstest du, dass Duncan vorhat, sie zu befragen ? Zum Glück ist sie hier in Sicherheit.“
Payton schauderte. Cathals Halbbrüder waren brutale Schläger. Ihnen fehlte jede Ehre. Sam deren Gewalt zu übergeben, wäre ihr sicheres Todesurteil. Er wusste, wie zart und zerbrechlich sie war. Ein gut platzierter Schlag von einem der Zwillinge würde ausreichen, sie niederzustrecken.
„Du hast recht. Ich muss mit Vater sprechen. Aber das ist nicht so einfach. Sam ist … nun, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, … sie ist anders .“
Kyles verständnisloser Blick ließ Payton weitersprechen.
„Sie hat das Zweite Gesicht . Sie hat Visionen. Sagt, dass das Schicksal sie geschickt habe, um mir das Leben zu retten.“
Er wusste, wie unsinnig das klingen mochte, aber für ihn selbst bestand kein Zweifel, dass es genau so war, wie er es erklärte – so, wie sie es gesagt hatte. Er hatte einen Beweis für ihre Worte gefunden, auch wenn dieser mehr Fragen aufwarf als beantwortete.
Kyle rieb sich über das Kinn. Eine tiefe Falte hatte sich in seine Stirn gegraben.
„Du glaubst ihr.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
„Aye, ich glaube ihr. Sie sagt, es werde bald etwas Schlimmes geschehen“, gestand Payton leise.
Wieder runzelte Kyle die Stirn.
„Und auch das glaubst du ihr?“
„Aye, Bruder, auch das glaube ich.“
***
Mir war keine Gelegenheit geblieben, Burg Galthair genauer anzusehen. Kaum waren wir durch das Tor gekommen, als mich Ross auch schon in einen Raum brachte, der meiner Vermutung nach die Wachstube sein musste. Zumindest saßen vier stämmige Krieger an einfach gezimmerten Bänken beisammen und sahen neugierig auf, als ich hereingebracht wurde. Der Schweißgeruch war überwältigend, und ich beschränkte mich darauf, so flach wie möglich zu atmen.
Ross grüßte die Männer und wechselte einige gälische Worte mit ihnen, ehe er mich an einen der freien Tische führte und meinen Beutel neben mich stellte.
„Bleib’ hier. Sobald ich mich um die Pferde gekümmert habe, hole ich dich wieder ab.“ Er deutete mit dem Kopf auf die glotzenden Kerle. „Sie werden ein Auge auf dich haben, mach’ also keine Dummheiten.“
Was? Er konnte mich doch nicht bei diesen Wilden lassen! Ich klammerte mich an seinen Arm, bat ihn, mich gleich mitzunehmen. „Ich kann dir doch helfen“, schlug ich vor, aber Ross schüttelte meine Hand ab.
„Ich habe gesagt, ich hole dich! Jetzt setz’ dich und lass mich meine Arbeit tun.“
Damit ging er aus der Wachstube, blieb aber in der Tür noch einmal stehen. Er schnalzte mit der Zunge, und die Hündin Barra trottete gemütlich an meine Seite. Sie drehte sich zweimal um die eigene Achse, ehe sie sich zu meinen Füßen niederließ. Sie sah müde aus, aber ihre wachsamen Augen waren auf die Männer gerichtet.
Ich lächelte Ross dankbar an, doch er verzog das Gesicht und verschwand wortlos. Ich war mir sicher, dass er die Hündin zu meinem Schutz dagelassen hatte, denn, um mich an der Flucht zu hindern, hätte es des Tieres nicht bedurft.
Ich zog mir den Beutel auf den Schoß und war sehr erleichtert, den harten Griff des Dolches, gegen meinen Schenkel geschnürt, zu fühlen. Der kurze Moment, den Nathaira mir hinter dem Paravent mit dem Nachtgeschirr gegönnt hatte, war ausreichend gewesen, die Waffe unter dem Kleid zu verbergen. Jetzt, wo mir die bohrenden Blicke der Wachen eine Gänsehaut bereiteten, war ich froh um diesen Hauch von Sicherheit. Doch je mehr Zeit verging, desto weniger Beachtung schenkten mir die Kerle.
Ich rutschte an die Wand zurück und lehnte mich erschöpft dagegen, meine Siebensachen an mich gepresst. Der spärliche Versuch, mich mit meinem Schultertuch vor der Kälte zu schützen, war zum Scheitern verurteilt, als zur Wachablösung die Tür scheinbar endlos lange offenstand und die Männer davor miteinander scherzten.
Meinem Gefühl nach musste es bereits mitten in der Nacht sein, aber zum Schlafen war ich zu unruhig. Nicht so die Männer, die gerade ihren Dienst beendet hatten. Sie tranken noch einige Humpen Bier, ehe sie sich schnarchend auf den Bänken ausstreckten.
Trotzdem brauchte ich mich nicht der Illusion hingeben, ich könnte mich unbemerkt
Weitere Kostenlose Bücher