The Curse - Im Schatten der Schwestern (German Edition)
einen Schweißtropfen meine Schläfe hinunterlaufen, und mit jedem Schlag meines Herzens schien mehr Blut aus Fingals Wunde zu fließen. Mein Magen krampfte sich zusammen.
Ich hatte schon ein ganzes Stück des Schaftes herausgezogen, und trotzdem war die Spitze noch nicht zu sehen. Immer mehr Blut quoll über meine zittrigen Finger und sickerte auf den Tisch. Der Schweiß lief mir ins Auge, und ich blinzelte.
„Du machst das gut. Lass dir Zeit“, murmelte jemand neben mir, den ich nicht bemerkt hatte, so vertieft war ich in meine Arbeit.
Ich sah den Neuankömmling kurz an und musste schlucken. Mir war sofort klar, wen ich vor mir hatte.
„Eigentlich war Kyle der Schönste von uns. Er war schon ein hübsches Baby gewesen, und mit jedem Jahr, das er älter wurde, wurde er schöner.“
Paytons Worte aus einer anderen Zeit hallten mir durch den Kopf, als ich in das Gesicht seines jüngsten Bruders sah. Kyle McLean. Der sechszehnjährige Junge, der für Nathaira Stuarts Plan mit dem Leben bezahlen würde. Er sah Payton ähnlich, aber seine Gesichtszüge wirkten weicher, sanfter und somit gefälliger. Er war wirklich schön. Und er würde ein noch viel schönerer Mann werden, wenn er die letzten Reste seiner Kindlichkeit abstreifen würde.
Aber das würde er niemals tun. Er würde nicht zum Mann heranwachsen. Ihm war es bestimmt, durch Nathairas Hand zu sterben. Bald.
„Mach weiter, Weib! Sieh zu, dass du fertig wirst!“, holte mich Blairs wütender Befehl in die Gegenwart zurück. Ich lächelte Kyle an, dankte ihm so für seinen Zuspruch und konzentrierte mich wieder auf Fingal.
Endlich bekam ich die metallene Spitze zu fassen und löste sie vorsichtig aus der Wunde. Die Männer, die um den Tisch herum standen, sogen scharf die Luft ein, als ich ihnen den Übeltäter überreichte. Wieder goss ich etwas Whisky in den Wundkanal und diesmal waren alle Männer nötig, Fingal auf dem Tisch zu halten. Der Alkohol musste furchtbar in der Wunde brennen, aber ich hatte keine andere Wahl. Es schien jedoch keine Arterie zu Schaden gekommen zu sein, da die Blutung allmählich nachließ. Ich nahm an, Fingal wäre längst tot, wenn eines der lebenswichtigen Organe verletzt worden wäre, daher glaubte ich, bestand die größte Gefahr in einer Wundinfektion.
„Ich will die Wunde so sauber wie möglich halten“, erklärte ich. „Ich brauche saubere Tücher.“
Sofort wurden mir verschiedene Lappen und Stoffbahnen angeboten, aber nichts davon war in meinen Augen ausreichend.
„Nein, ich muss sie zuerst auskochen. Ist das Wasser schon heiß?“
Auf Paytons Nicken hin nahm ich die saubersten Tücher und riss sie in breite Streifen. Dann fiel mir etwas ein, was mir meine Mutter bei einem Zelturlaub erklärt hatte, als ich ihr einen Strauß mit gelber Schafgarbe überreicht hatte.
„Aus Farnen und Schafgarbe hat man früher einen Aufguss gemacht, um Wunden auszuspülen. Kannst du dir das vorstellen?“ Dann hatte sie gesagt, ich sollte meine Finger jetzt ablecken, und als ich es tat und angewidert den Mund verzog, lachte sie. Das seien die Bitterstoffe. Ihnen verdanke die Schafgarbe ihre Wirkung, erklärte sie mir.
Sicher hätte ich das bereits vergessen, wenn ich nicht jedes Mal an den Geschmack meiner Finger damals gedacht hätte, wenn mir die gelben Blüten irgendwo am Wegrand entgegenleuchteten.
„Wenn wir Farn oder Schafgarbe hätten, wäre es gut, die Tücher zusammen mit den Pflanzen auszukochen“, überlegte ich, während ich die provisorischen Bandagen in den Kessel gab.
„Das ist kein Problem. Wir können später McRae schicken, die Pflanzen zu besorgen. Er kennt jeden Grashalm auf seinem Weideland. Du musst den Verband ohnehin regelmäßig wechseln, oder?“
„Richtig. Dann werde ich später einen Sud kochen. Ich werde versuchen, die Wunde so gut es geht zu säubern.“
Als ich die dampfenden Streifen aufrollte und sie in den Wundkanal presste, verbrannte ich mir höllisch die Finger. Vorsichtig wusch ich um die Wundränder herum und tupfte das verkrustete Blut ab. Payton stand mir gegenüber, reichte mir die abgekochten Leinenstreifen und beobachtete jeden meiner Handgriffe. Kyle neben mir nahm die blutigen Tücher entgegen.
Ich hatte mein Bestes getan. Es war gewiss nicht viel, aber ich wusste nicht, wie ich Fingal noch hätte helfen sollen. Erleichtert trat ich einen Schritt zurück und stemmte die Hände in die Hüften.
„Fertig. Nur noch verbinden, und den Rest muss sein Körper dann selbst
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