The Curse - Im Schatten der Schwestern (German Edition)
Treueeid sie an ihn band –, machte sich eines Abends auf, einen Viehdiebstahl zu rächen. Das war damals an der Tagesordnung. Im Hochland bekämpften sich die Clans schon seit ewigen Zeiten. Es war eine andere Zeit. Mit sechzehn waren die Jungen schon Männer, arbeiteten, zogen in die Schlacht oder starben im Kampf. Viehdiebstähle kamen häufig vor – besonders, wenn ein benachbarter Clan in Schwierigkeiten war.
Der Clan der Stuarts war zu dieser Zeit geschwächt: Ihr Oberhaupt war vor Kurzem gestorben, und dessen Nachfolge stand auf wackeligen Beinen. Du musst dir das so vorstellen: Der älteste Sohn war nicht immer automatisch das beste Oberhaupt. So kam es selbst unter Geschwistern zu erbitterten Feindschaften, wenn es um dieses Thema ging.
Bei den Stuarts war der älteste Sohn, Cathal, nach seinem Vater zum Oberhaupt gewählt worden, und seine Leute hatten ihm ihren Treueeid geleistet. Er hatte Brüder, und sollte sich zeigen, dass er nicht in der Lage sein würde, seinen Clan zu schützen, konnte es leicht geschehen, dass es zu Konflikten innerhalb seiner eigenen Mauern kam.
Die Viehdiebstähle, die in dieser Zeit in seinem Grenzland verübt wurden, konnten also leicht dazu führen, dass sein Clan gespalten wurde. Das durfte er nicht zulassen. So kam es, dass sich in einer Nacht etwa zwanzig Männer aufmachten, dem benachbarten, verfeindeten Clan einen Besuch abzustatten. Doch von vornherein stand dieses Unterfangen unter keinem guten Stern. Es wäre besser gewesen wäre, Cathal hätte nicht so überstürzt gehandelt.
„Wenn es nicht die Camerons waren … wer dann?“ Mein Puls hatte sich beschleunigt. Indiana Jones in mir witterte ein Rätsel, welches gelöst werden musste. Tatsächlich hatte sich Indie in keinem seiner Abenteuer in einer derart ernsten Situation wie ich befunden. Bei meiner Geschichte war ein Happy End nicht zwangsläufig zu erwarten. Zu viele Leben standen auf dem Spiel, als dass es nur Gewinner geben konnte.
„Aye, Lassie, diese Frage geht mir auch nicht aus dem Sinn. Aber ich habe schon so manchen Viehdieb gestellt. Keiner hatte jemals Pfeile in seinem Köcher, die durch eine Metallspitze verstärkt waren. Wer es nötig hat, Vieh zu stehlen, um auszukommen, kann sich solche Waffen nicht leisten.“
Ich erinnerte mich an den Moment, als ich die Spitze entfernt hatte. Fingals Söhne hatten nach Luft geschnappt. Ich hatte mir dabei nichts gedacht, es für Erleichterung gehalten.
„Warum? Wofür werden denn sonst solche Pfeile verwendet?“
„Bei der Jagd nach Hasen oder Vögeln tun einfache angespitzte Pfeile ihren Dienst. Jeder Bauer trägt solche Pfeile mit sich. Aber die Durchschlagskraft einer Metallspitze benötigt man nur gegen einen gepanzerten Gegner.“ Er zog sein Plaid etwas beiseite und deutete auf seine Brust. „Wenn beispielsweise das lederne Wams eines Kriegers durchstoßen werden soll.“
„Warum hatten sie dann solche Pfeile?“
„Das werde ich herausfinden.“
Payton erhob sich, klopfte sich die Erde vom Kilt und nahm seine Stiefel in die Hand, ehe er mir mit der anderen aufhalf. Als ich ihm gegenüberstand, sah er auf mich herab und hob mein Kinn mit seiner Fingerspitze an.
***
„Sam? An e ’n fhirinn a th’ aquad?“, fragte Payton und wartete atemlos auf ihre Antwort. Er verstand sich selbst kaum. Warum war ihm ihre Antwort auf diese Frage so wichtig? Er hätte ihr niemals von seinen Zweifeln an der Schuld ihres Clans berichten dürfen. Sie war nicht einfach nur ein Mädchen, sie war eine von denen! Eine Cameron! Aber sein Herz erkannte sie nicht als seinen Feind. Das machte die Sache für ihn so schwierig.
Sam sah ihn nur mit ihren unschuldigen Augen an, aber eine Antwort auf seine Frage erhielt er nicht.
Ifrinn, wusste sie nicht, wie wichtig dies für ihn – und auch für sie war?
Er fasste sie an den Schultern und zwang sie so, seiner Frage nicht länger auszuweichen.
„Die Wahrheit, Sam. Sag mir die Wahrheit. Weißt du etwas über diese Sache?“
***
Ich verlor mich in seinem Blick. Anders als der Payton, den ich kannte, verbarg er nichts vor mir. Ich konnte ihm bis auf den Grund seiner Seele blicken. Sah dort Angst und Unsicherheit, aber auch Entschlossenheit und Mut. Er war ein Mann, der für das, was er liebte, kämpfen würde. Jetzt kämpfte er für seine Familie – und hielt mich für seinen Gegner. Ich hatte nicht den Eindruck, dass – was immer ich sagte, daran etwas ändern würde.
„Nein, Payton. Ich schwöre bei Gott,
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