The Curse - Im Schatten der Schwestern (German Edition)
denkst du nicht auch?“
Mir wurden die Knie weich. Meine Gedanken überschlugen sich. Konnte das sein? Konnte es sein, dass hier gerade alles begann? Payton hatte nie viel über die Zeit vor Vanoras Fluch verlauten lassen, aber ich wusste, dass es bei dem schrecklichen Massaker am Clan meiner Vorfahren, der Camerons, um eine alte Blutfehde zwischen ihnen und den Stuarts gegangen war.
Ich brauchte Luft, trat ans Fenster und öffnete es. Ich holte tief Luft, meine Hände schwitzten. Das war doch alles Scheiße! Ich verfluchte mein Unwissen! Warum hatte Payton nie darüber gesprochen, was geschehen war, ehe Vanora den Fluch aussprach?
Er hatte sich schuldig gefühlt, wollte mich nicht verletzen, indem er mir sagte, dass er in seinem vergangenen Leben gemordet hatte. Meine Vorfahren ermordet hatte. Und jetzt? Jetzt war es zu spät. Ich konnte ihn nicht fragen, wusste nicht, was ich tun konnte, um ihn und alle, die er liebte, zu retten. Gab es denn überhaupt eine Rettung? Wie hatte alles angefangen? Damit? Mit Fingals Wunsch nach Frieden?
„Lassie, geht es dir nicht gut?“, fragte er und kam zu mir. „Du bist ja ganz blass. Hier, nimm einen Schluck.“ Er drückte mir einen Becher an die Lippen, und ich trank. Gewöhnte mich langsam an den Geschmack und auch an die wärmende, beruhigende Wirkung. Fingal band sich das weiße Haar in den Nacken und steckte sich seine Brosche an, ehe er mich wieder ansah.
„Ich werde diesen Frieden bekommen – und du wirst mir dabei helfen“, erklärte er und reichte mir die Hand.
„Ich? Was … wie sollte ich Euch helfen können?“
Er führte mich zur Tür und entließ mich in den Flur, wo Payton schon wartete.
„Nun, Samantha, das sage ich dir schon bald. Zuerst muss ich allerdings mit Blair darüber sprechen“, verabschiedete er mich.
Kaum hatte sich die Tür hinter uns geschlossen, griff Payton nach meiner Hand.
„Was muss er mit Blair besprechen?“, fragte er und zog mich hinter sich her.
„Was tun wir? Wo gehen wir hin?“
Er führte mich nicht in mein Zimmer, das erkannte ich.
„Siehst du gleich. Also, was muss er mit Blair bereden?“
„Keine Ahnung. Er meint, ich würde ihm helfen können, den Frieden zwischen den Clans zu sichern. Außerdem hattest du recht. Die Pfeile waren tatsächlich …“
„... von Söldnern, ich weiß. Sean hat das in Kilerac von einer Magd, welche ihm sehr zugetan war, erfahren. Eine Gruppe Männer hat wohl in ihrem Rausch in der Dorfschenke ihres Vaters damit geprahlt, fürs Stehlen auch noch bezahlt zu werden. Sie schwört, die Pfeile der Trunkenbolde seien mit Metallspitzen versehen gewesen.“
Eine eng gewundene Treppe lag vor uns, und Payton fasste meine Hand fester, damit ich in dem schwachen Licht auf den unebenen Stufen nicht stolperte. Eine Luke führte hinauf auf das flache Dach des Wohnturms, welches von hohen Zinnen umrahmt war. Es war der höchste Punkt der Burg und die Aussicht atemberaubend.
„Ich hatte gehofft, dir den Sonnenuntergang zeigen zu können“, gestand Payton bedauernd, da diese bereits hinter dem Horizont verschwunden war.
Dennoch war es wunderschön. Der sternenklare Himmel erstrahlte in seiner ganzen zauberhaften Pracht über unseren Köpfen.
„Es ist fantastisch“, beruhigte ich ihn. Plötzlich scheu in seiner Gegenwart, wurde mir bewusst, wie viel uns zwar verband, wie wenig wir aber einander kannten. Ich legte den Kopf in den Nacken und sah in die Sterne. Schon einmal hatten wir uns gefunden, uns über alle Widrigkeiten hinweg ineinander verliebt.
Ich trat an die Brüstung, fühlte seine Nähe, auch wenn ich ihm den Rücken zugekehrt hatte. So war es immer gewesen. Etwas wob die Fäden unseres Schicksals, verwob seinen und meinen Faden zu einem Muster.
„Es ist mir der liebste Ort auf dieser Burg. Hier kann ich nachdenken, allein sein. Es kommen nicht viele Menschen hier herauf.“
Ich drehte mich befangen zu ihm um.
„Hast du mich deshalb hierher gebracht? Um mit mir … allein zu sein?“
Payton grinste verlegen, als hätte ich ihn mit der Hand im Bonbonglas erwischt.
„Auch“, gestand er und kam näher. „Aber eigentlich wollte ich dir etwas schenken.“ Er zuckte etwas hilflos mit den Schultern. „Nur besitze ich nicht sonderlich viel, was ein Mädchen erfreuen würde. Darum teile ich stattdessen diesen Ort mit dir. Wie gesagt … ich hatte gehofft, die Sonne …“
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. „Es ist ein wundervolles Geschenk. Ich danke
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