Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
Vom Netzwerk:
»Willst du etwa andeuten, dass ich einer solchen Belanglosigkeit wegen lügen würde?«, fragte sie affektiert.
    »Du? Lügen? Aber niemals«, sagte das andere Mädchen.
    Gaia fühlte Ritas Blick, so als zöge eine Katze ihre Krallen über einen Käfer, dann ließ sie von ihr ab.
    »Senk deine Stimme, Bertha Claire«, sagte Rita zu dem kichernden Mädchen.
    »Er ist ja so himmlisch«, zog das Mädchen sie auf, und Rita schlug sie auf den Arm.
    »Autsch! Ist ja gut«, sagte Bertha Claire und grinste immer noch. »Hast du gehört, dass er befördert wurde?«
    Selbst ohne sie anzusehen, fühlte Gaia, wie Rita einen letzten Blick in ihre Richtung schoss und ihr dann die Schulter zukehrte. Ihre Antwort konnte Gaia nicht mehr hören. Sie schaute wieder zu den Leuten auf der Treppe vor der Bastion, und da sah sie ihn: einen großen, ernsten jungen Mann in einer schwarzen Uniform mit einem Gewehr über der Schulter. Sein schwarzer Hut beschattete die obere Hälfte seines Gesichts, doch sie war nahe genug, den Schwung seines Kiefers und die entschlossene Linie seines Munds zu erkennen. Sie wusste instinktiv, dass Sergeant Grey der Mann war, über den die Mädchen tuschelten. Gedankenverloren lüftete er seinen Hut und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Neben ihm stand ein blonder junger Soldat, der Sergeant Grey jetzt anstieß und in Richtung der Mädchen nickte.
    Gaia sah schnell hinüber zum Gefängnis, bevor sich ihre Blicke treffen konnten.
    »Er sieht her! Rita!«, quietschte Bertha Claire.
    Die Mädchen begannen, leise vor sich hin zu schnattern, da erhob Rita die Stimme. »Würdet ihr bitte damit aufhören? Wie alt seid ihr, zwölf?«
    Gaia zog sich hinter die Säule zurück. Beim Gefängnis wurden jetzt Gefangene hinter dem eisernen Zaun aufgereiht, und Gaia suchte furchtsam die Gesichter ab. Die Männer und Frauen blickten müde drein, ihre Gesichter so grau und verbraucht wie ihre Gefängniskleidung. Manche hatten die Hände hinter dem Rücken gefesselt, andere rieben sie ängstlich aneinander, die Augen auf die Menge und die Plattform vor dem Monument gerichtet. Ihre Eltern konnte Gaia nirgends entdecken.
    Dann hörte sie ein dumpfes Geräusch. Stille breitete sich aus. Zwei Schlingen waren über einen Balken geworfen worden, und die Mittagssonne schien hell auf die grauen Stricke.
    »Oh nein«, flüsterte Gaia, ballte die Hände zu Fäusten und musste mit ansehen, wie ein Wachmann einen Gefangenen die Stufen zum Galgen emporstieß. Sein braunes Haar war zerzaust, seine Kleider schmutzig, aber seine Augen blickten wach und herausfordernd. Hinter ihm ging eine junge Frau, die ebenfalls gefesselt war. Sie brauchte die Hilfe des Wachmanns neben sich, um ihr Gleichgewicht zu halten. Schwarzes Haar bedeckte ihr blasses Gesicht, und ihre Schultern in dem grauen Gefängniskleid hingen schlaff herab. Als sie die oberste Stufe erreichte und sich umdrehte, um dem Blick der Menge zu begegnen, lief ein vernehmliches Murmeln durch die Reihen der Zuschauer.
    Der Bauch der Gefangenen wölbte sich weit nach vorn; es war der Bauch einer Schwangeren.

7
    Mittag
    »Meine Güte. Was für ein Bauch«, sagte Bertha Claire erschrocken.
    »Würdest du bitte still sein?«, fuhr Rita sie an. »Es ist ein nutzloses Balg.«
    Gaias Empörung überwog noch ihren Schock. Ihrer Einschätzung nach würde die Frau binnen weniger Tage niederkommen. Sie konnte sich kein Verbrechen vorstellen, das eine solche Strafe rechtfertigen würde. Warum konnte die Enklave nicht noch eine Woche warten, höchstens zwei, bis sie ihr Kind zur Welt gebracht hatte? Sie mussten doch alle erkennen, dass der Tod der Mutter auch den Tod ihres unschuldigen Babys bedeuten würde.
    Unwillkürlich verließ Gaia die Arkade und näherte sich der Plattform. Eine Wache zog dem Mann einen Sack über den Kopf.
    »Dieses Urteil ist falsch!«, rief der Gefangene. »Es ist unser Recht, zu heiraten und Kinder zu haben!«
    Gaia konnte sehen, dass seine Frau leise etwas zu ihm sagte. Die Hände auf den Rücken gefesselt, den Sack über seinem Gesicht, beugte er sich zu ihr, und dann sah Gaia etwas, das ihr das Herz brach: Der Verurteilte suchte blind mit dem Fuß nach dem seiner Frau, bis ihre Stiefel sich trafen. Seine Frau begann zu weinen. Die Wache warf auch ihr einen Sack über den Kopf.
    »Nein«, flüsterte Gaia.
    Der Gefangene schrie wieder. Seine Stimme überschlug sich: »Verschont meine Frau! Ich flehe euch an, verschont mein Kind!«
    Gaia sah sich ungläubig um, doch

Weitere Kostenlose Bücher