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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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eine Ausbildung hatte?«
    »Du vergisst, dass ich tatsächlich von draußen komme«, sagte er trocken.
    »Das meine ich nicht«, sagte sie.
    Sie hatten nun den großen Platz erreicht, und Gaias Schritte verlangsamten sich, als sie den Torbogen zum Gefängnis erblickte. Ein tiefer Spätnachmittagsschatten fiel über den halben Platz, doch die gelben Steine der Bastion lagen noch in hellem Licht. Nun, da sie wusste, dass Leon dort drinnen als Teil der Protektorfamilie groß geworden war, hatte das Gebäude eine andere Bedeutung für sie.
    »Mein Vater hat mich verstoßen«, sagte Leon unvermittelt. »Das ist kein Geheimnis. Ich bin in Ungnade gefallen, und trotzdem wollen sie mich im Auge behalten. Wo ginge das besser als bei der Wache?«
    Sie waren nun beinahe am Eingang zum Gefängnis angelangt, und Gaia hatte Angst, dass ihm nicht genug Zeit für die ganze Geschichte bleiben würde, bevor die anderen Wachen sie umringten. Schon jetzt schauten die Leute auf dem Platz erstaunt drein, eine Wache im Gespräch unter vier Augen mit einer Gefangenen zu sehen.
    »Was hast du getan?«, fragte sie.
    Er blickte auf die Bastion, als könne er durch ihre Mauern die Menschen darin erkennen, dann richtete er seinen dunklen, ironischen Blick auf sie.
    »Ein Verbrechen gegen den Staat«, antwortete er mit kühler Stimme.
    Die Veränderung an ihm erstaunte Gaia. Sie verstand nicht, was er sagte, noch wusste sie, ob er überhaupt die Wahrheit sprach. Was sie jedoch wusste, war: Nur ein tiefer Schmerz konnte einen Menschen so verbittern.
    »Das tut mir leid«, murmelte sie.
    Seine Brauen hoben sich in milder Überraschung, und seine Stimme hatte einen verächtlichen Beigeschmack. »Das braucht es nicht«, sagte er. »Ich habe nur gekriegt, was ich verdient habe.«
    Sie gingen unter dem steinernen Bogen hindurch, und er gab den beiden Wachen vor dem Tor ein Zeichen.
    »Ich bringe die Gefangene zurück«, sagte er. »Bringt sie in Zelle Q.«
    »Jawohl, Captain«, sagte der Wachmann.
    Gaia nahm ihren Hut ab und fühlte, wie die Kälte der Steinmauern sich über sie senkte, als das Tor sich schloss und das Sonnenlicht und Leon hinter ihr zurückblieben.

14
    Ein Verbrechen gegen den Staat
    Diesen Abend in Zelle Q teilte Gaia ihr frisches Schwarzbrot. Die anderen Frauen machten keinen Hehl aus ihrer Verwunderung über Leons Geschenk. Es drängte Gaia, ihnen von den Sommersprossen zu erzählen und von ihrer Angst, bald verhört zu werden, doch eine neue Sorge ergriff von ihr Besitz: Was, wenn eine der Kameradinnen heimlich mit den Wachen sprach? Sie hatte Sephie vertraut, und auch, wenn Leon es so darstellte, als ob Sephie Gaia nicht verraten hätte, fühlte es sich doch wie Verrat an. Dass Sephie frei war und ihr altes Leben zurückhatte, erstaunte die Frauen noch mehr
    »Es besteht also Hoffnung«, sagte Cotty. »Jede von uns könnte freigelassen werden.«
    Ein Tuscheln lief durch die Runde, und Gaia sah das Licht in ihren Augen. Hoffnung war etwas Berauschendes. Eine Frau kicherte. Nur Myrna, die abseits unter dem Fenster saß und in einem zerfledderten Buch las, sah nach wie vor nicht beeindruckt aus, sie hob nur ihre schwarzen Brauen und betrachtete Gaia. Myrna ahnte, dass sie ihnen nicht alles erzählt hatte, so viel war klar.
    »Nimm dich vor ihm in Acht«, sagte Myrna unvermittelt.
    Gaia errötete und wandte den Blick ab, und das schien Myrna Beweis genug zu sein. Sie nickte, legte einen Finger in ihr Buch und sagte: »Unterschätz die Enklave nicht. Sie benutzen ihn, so wie sie uns alle benutzen.«
    »Selbst dich?«, fragte Gaia.
    Myrna lachte kurz auf. »Das will ich meinen. Sie haben mir alles genommen, und ich arbeite immer noch für sie.«
    Die anderen Frauen wurden still.
    »Hör nicht auf sie«, riet Cotty.
    »Wieso, Myrna?«, fragte Gaia. »Wieso tust du das? Warum gibst du nicht auf oder gehst einfach und lässt dich erschießen? Was lässt dich weitermachen?«
    »Meine Güte …«, sagte Cotty.
    Myrna gähnte und warf Gaia einen kalten Blick zu. »Ganz ehrlich? Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass diese Deppen mich überleben.«
    Cotty und die anderen begannen zu lachen. Gaia glaubte Myrna zu verstehen.
    »Erzähl mir von Captain Grey. Wie ist er so?« Ihre offene Neugierde ließ Cotty jünger erscheinen, trotz der Falten in ihrem dunklen Gesicht. »Ich meine, ich habe ihn zusammen mit dem Protektor gesehen. Jeder hat das. Aber ich habe mich nie mit ihm unterhalten, so wie du. Er ist ein schrecklich gut aussehender

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