The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder
Partnerlöffel zusammenpasst, legt fest, was für Eigenschaften du hast. Braune Augen zum Beispiel oder angewachsene Ohrläppchen.«
»Oder Blut, das richtig gerinnt«, sagte Pearl leise. Sie beobachtete Leon aufmerksam.
»Ja«, sagte er.
»Und was hat das mit meinen Eltern zu tun?«, fragte Gaia.
»Ich habe angekündigt, dass es kompliziert ist«, sagte er.
Ihr Puls beschleunigte sich, als sie die leichte Schärfe in seiner Stimme bemerkte. Das war schon eher der Leon, den sie kannte.
»Das kommt bestimmt noch«, sagte Yvonne. »Was ist DNS? Das würde ich gerne wissen.«
»Das ist das Chrom des Löffels«, sagte Leon und strich mit der Fingerspitze die ganze Länge des Löffels entlang. »Aus ihr besteht jeder Zahn, jedes Gen, von einem Ende des Löffels zum anderen. Ich behaupte nicht, dass alles an dir von deinen Genen bestimmt ist, aber sie sind sehr wichtig.«
Das passte zu dem, was sie wusste, dachte Gaia, während sie den Löffel in seiner Hand studierte. Sie hatte nie richtig verstanden, was DNS war, doch jetzt leuchtete ihr ein, dass die DNS jedes Menschen einzigartig war.
»Okay, mach weiter«, sagte Yvonne.
»Da ist noch eine andere Sache«, fuhr Leon fort, »ein Enklavenjunge, ein Säugling namens Nolan, müsste seinen Genen nach eigentlich Hämophilie haben, aber sein Blut ist in Ordnung.«
Pearl verschlug es den Atem. »Wie kann das sein? Haben sie ihn geheilt?«
»Nein«, sagte Leon. »Seine Eltern brachten ihn in Bruder Iris’ Labor, als die Hämophilie seines Bruders zutage trat. Sein Bruder hatte nur eine leichte Form, aber sie machten sich Sorgen, dass es bei Nolan schlimmer werden könnte. Stattdessen stellte das Labor aber fest, dass Nolan Glück gehabt hatte: Er besaß ein besonderes Gen, das den Ausbruch der Hämophilie verhindert.«
Gaia runzelte die Stirn. »Ist so was denn möglich?«
»Ja. Und das ist der Grund, weshalb Bruder Iris so aufgeregt ist.« Seine Stimme wurde ernst. »Nolans Mutter kommt von draußen. Und sie hat vier Sommersprossen auf ihrem Knöchel tätowiert.«
Gaia atmete tief durch und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Oh nein«, flüsterte sie. Die Tätowierungen würden noch mehr Aufmerksamkeit auf den dritten westlichen Sektor lenken, was das Leben der Menschen dort nur noch schwieriger machen würde.
»Ich verstehe es immer noch nicht«, sagte Yvonne, »warum ist das wichtig?«
Leon wandte sich dem Mädchen zu. »Es werden nun drei Dinge geschehen. Erstens, die Enklave muss mehr Kinder wie Nolan finden, die keine Bluter sind, obwohl sie es aufgrund ihrer Gene doch sein müssten. Zweitens werden sie versuchen, das Gen zu identifizieren, das die Krankheit unterdrückt. Sie können es auf eine von zwei Arten entdecken: Nolan mit anderen wie ihm Nachwuchs zeugen lassen, oder ihre Familienstammbäume zurückverfolgen, um nach dem Ausschlussprinzip auf das richtige Gen zu stoßen. Von diesen beiden Möglichkeiten ist die zweite die weitaus humanere, und auch die schnellere. Wenn sie das richtige Gen erst einmal identifiziert haben, sind sie bereit für den dritten Schritt: Sie können jeden testen, um herauszufinden, wer dieses Gen besitzt, und diese Menschen dann auswählen, um Bluter zu heiraten und die Hämophilie zu besiegen.«
Gaia verfolgte, wie er mit dem Löffel in der Suppe rührte, als ob er seinen Appetit verloren hätte.
»Mir ist ganz flau«, gestand Pearl. »Was bedeutet das jetzt wirklich für uns? Für unsere Freunde innerhalb der Mauer?«
Leon schob die Schüssel beiseite. »Sie suchen nach tätowierten Jungen und Mädchen und testen sie, ob sie wie Nolan dieses Gen besitzen. Der Test ist nicht schlimm. Sie nehmen nur etwas Blut und einen Speichelabstrich. Wenn sie mehr Kinder wie Nolan finden, suchen sie die Eltern.«
»Die Eltern draußen, vor der Mauer?«, fragte Pearl.
»Ja, genau. Vor der Mauer. Und dann sehen sie sich den Stammbaum dieser Eltern genauer an.«
»Aber die Sommersprossen garantieren gar nichts«, wandte Gaia ein. »Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen den Tätowierungen und den Genen.«
»Ich weiß«, sagte Leon. »Und Bruder Iris und der Protektor wissen das auch. Aber die Leute mit den Sommersprossen sind die einzigen, mit denen wir arbeiten können, die einzigen, deren leibliche Eltern wir kennen.«
»Dank des Codes meiner Mutter«, sagte Gaia.
Er nickte. »Das war der Schlüssel«, sagte Leon. »Sie haben uns über eine Kamera beobachtet. Ich hätte es wissen sollen, oder Bartlett hätte es mir
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