The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume
gefasst und eingesperrt – wochenlang, ohne Verhandlung.« Sie wollte das Thema nicht weiter vertiefen.
Peony machte große Augen. »Du bist ganz schön hart im Nehmen.«
Gaia schüttelte den Kopf. »Das würde ich nicht sagen. Und es wäre mir lieber, wenn die Leute hier nichts davon erführen.«
»Dann hüten wir jetzt beide ein Geheimnis«, sagte Peony. »Trotz allem, was ich dir gerade erzählt habe – es fällt mir schwer, mich jemand anzuvertrauen.«
»Sei unbesorgt«, sagte Gaia. »Diskretion ist Teil meiner Arbeit.«
»Wie alt bist du?«
»Sechzehn.«
»Ich bin siebzehn«, sagte Peony. »Aber du wirkst viel älter.«
»Das liegt wahrscheinlich an der Narbe.«
»Nein, das ist es nicht. Du bist einfach anders.« Peony musterte Gaia nachdenklich.
Nun, Gaia war immer schon anders gewesen.
Plötzlich fühlte sie ein Grummeln im Magen. »Ich glaube, ich mache mich besser auf den Weg. Bist du sicher, dass du es dir nicht noch einmal überlegen willst?«
Peony stand auf. »Ich habe immer davon geträumt, Mutter zu werden. Aber wenn ich dieses Kind bekomme, werden sie es mir wegnehmen – und ich werde nie eine eigene Familie haben können. Wenn aber nicht, kann ich später noch heiraten, ein Dutzend Kinder kriegen und allen eine gute Mutter sein.«
»Könntest du denn nicht einfach den Vater heiraten?«
»Das will er nicht. Er behauptet, das Kind sei nicht von ihm.« Ihre Stimme war schrill geworden, dann beruhigte sie sich wieder. »Wenn ich ihn verrate, wird er zwar bestraft, aber ich bin auch am Ende. Es ist alles ausweglos.«
»Und wenn du einen anderen heiraten würdest?«
Peony lachte. »Daran habe ich auch schon gedacht. Ich hatte überlegt, mir einfach einen auszusuchen, aber irgendwann würde er die Wahrheit herausfinden. Und was wäre das für ein Leben? Mit jemand verheiratet zu sein, den ich von Anfang an belogen habe? Er würde mich hassen.«
»Und wenn du ihm die Wahrheit sagst?« Gaia stand ebenfalls auf und klopfte sich den Rock ab. »Ich meine, das klingt vielleicht hart, aber da es so wenige Mädchen gibt, würde dich doch wahrscheinlich selbst dann einer nehmen, wenn du schwanger von einem anderen bist.«
»Dann würde ich eine Ehe ohne Liebe führen und einen Fremden bekochen, weil er mir einen Gefallen getan hat. Das kann ich einfach nicht.«
Sie gingen zurück zur Straße. Kurz bevor sie ankamen, blieb Gaia noch einmal stehen und nahm Peony beim Arm.
»Pass auf«, sagte sie. »Eins hast du noch mit keinem Wort erwähnt: Da wächst ein neues Leben in dir heran. Es ist noch nicht viel – kaum größer als ein Sandkorn. Aber du solltest auch daran denken. Du wirst für immer damit leben müssen, dass dieses Leben durch deine Entscheidung verloren ging. Kannst du das?«
Peony regte keinen Muskel, und ihr Blick verlor sich in der Ferne. Dann schloss sie die Augen. »Es wird mich auffressen«, flüsterte sie.
»Dann tu’s nicht«, sagte Gaia.
»Ich muss aber! Hör auf!« Peony verzog das Gesicht vor lauter Elend, und Gaia schloss sie in die Arme. Das alles fiel ihr nicht leicht und bereitete ihr großen Kummer – doch sie musste dieses Mädchen unterstützen, wie immer es sich auch entschied. Nie wieder würde sie sich des Verbrechens schuldig machen, Müttern eine solche Entscheidung abzunehmen.
»Wirst du mir helfen?«, fragte Peony ängstlich.
»Ja. Wenn es wirklich das ist, was du willst.«
»Das ist es.« Peony trat einen Schritt zurück und wischte sich die Augen. »Wie schaue ich aus?«
»Als ob du geweint hättest.«
Peony lächelte verzagt. »Ich muss nachher noch mit meiner Familie zu Abend essen. Vielleicht gehe ich besser einen Umweg.« Sie tat einen Schritt zurück in Richtung des Waldes. »Findest du den Rückweg allein?«
Gaia nickte. »Ich will zu den Chardos, mir ihren Garten anschauen. Norris meinte, dass sie vielleicht ein paar Kräuter für mich haben. Vor allem brauche ich Rainfarn und Frauenwurzel.«
»Ich würde dir ja gerne helfen, aber mit Kräutern kenne ich mich nicht aus. Zu den Chardos ist es jedenfalls nicht weit.« Peony deutete die Straße hinab. »Halt einfach nach einer Scheune auf der rechten Seite Ausschau. Sie bauen gerade um. Und wir sehen uns dann später im Mutterhaus, ja? Ich wohne im zweiten Stock, im Eckzimmer beim Kamin. Kommst du bei mir vorbei?«
»Gib mir ein paar Tage, alles vorzubereiten«, sagte Gaia. »Und denk noch mal darüber nach – noch kannst du deine Meinung ändern.«
»Das werde ich nicht.«
Gaia sah ihr
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