The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume
nicht.«
Sie wollte wirklich nicht – nicht im Geringsten. »Ich muss darüber nachdenken.«
»Worüber? Sag schon.«
Gaia schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht, wo sie anfangen sollte. »Das ist nicht so einfach. In Wharfton, wo ich herkomme, habe ich Babys zur Enklave vorbringen müssen. Ich habe sie ihren Müttern weggenommen, kaum dass sie geboren waren, und den Behörden übergeben. Ihre Eltern haben sie nie wiedergesehen.«
Peony war entsetzt. »Wie konntest du so was nur tun?«
»Ich hatte nicht wirklich eine Wahl, und ich habe nie groß drüber nachgedacht. Die meisten Mütter haben sich nicht widersetzt. Alle haben es akzeptiert, weil es angeblich zum Besten der Kinder geschah. Sie wurden in Familien abgegeben, die ihnen ein besseres Leben bieten konnten als wir vor der Mauer. Es war eine Ehre, ein Kind vorzubringen – zumindest hatte man mir das so beigebracht. Dann aber begann ich die Wahrheit zu erkennen.«
Sie dachte an den Tag zurück, als sie zum ersten Mal allein ein Kind entband. Die Mutter hatte ihr Baby Priscilla genannt – sie hatte gedacht, dass sie es behalten könnte. Gaia wusste noch, wie viel Kraft es sie gekostet hatte, der Frau das Kind wegzunehmen, und wie sie sogar ein wenig stolz auf sich gewesen war. Das war eins der Dinge, die sie gerne vergessen würde.
Peony schaute verunsichert drein und wartete, dass sie fortfuhr. »Was hat das alles mit mir zu tun?«
Gaia senkte den Blick und entdeckte einen kleinen Apfelrest an ihrem Daumen. Sie leckte ihn ab. »Es geht mir um Folgendes«, sagte sie. »Es hätte nicht meine Aufgabe sein sollen. Die Einzige, die über das Schicksal ihres Kinds hätte entscheiden sollen, war seine Mutter. Ob sie es behielt oder weggab – das hätte ihre Wahl sein sollen.«
»Da stimme ich dir zu«, sagte Peony.
Gaia sah stirnrunzelnd zu Boden. »Ich finde, dass immer die Person entscheiden sollte, die am Ende die Konsequenzen tragen muss.«
Peony trat einen Schritt näher. »Heißt das, du wirst mir helfen?«
Gaia hob langsam den Blick und sah die Qual und die Hoffnung in Peonys Augen. »Bist du dir absolut sicher, dass du das willst?«, fragte Gaia. »Hast du mit dem Vater und deinen Eltern darüber geredet?«
»Meinen Eltern kann ich es nicht sagen.« Peony schaute wieder in beiden Richtungen die Straße hinab, dann rieb sie sich die müden Augen. Jetzt, wo sie nicht mehr erhitzt vom Laufen war, wirkte sie ziemlich blass und abgespannt. »Mit dem Vater habe ich gesprochen. Leider war er keine große Hilfe.«
»Wirst du Ärger bekommen, wenn jemand es herausfindet?«
Peony lachte. »Und ob! Aber ich werde in noch viel, viel größeren Schwierigkeiten stecken, wenn ich das Kind kriege. Oder nicht? So wie Josephine. Ich kann das nicht – das kann ich einfach nicht.«
Ein Pferdefuhrwerk kam klappernd die Straße herab, und Peony lächelte dem Fahrer zu. Wenn ihr Gesicht nicht von Sorge getrübt war, war sie ein außergewöhnlich hübsches Mädchen mit breiten Wangen, vollem Mund und großen, ausdrucksstarken Augen. Sie winkte sogar fröhlich, als der Wagen vorbeifuhr. Doch kaum, dass er außer Sicht war, kehrte die Anspannung zurück.
»Bitte sag, dass du mir helfen wirst«, bat sie. »Ich würde alles für dich tun.«
»Ich finde, wir sollten uns unterhalten«, sagte Gaia. »Aber nicht hier.«
Peony nickte erleichtert. »Da vorn führt ein Pfad in den Wald. Dort sollten wir ungestört sein.«
Gaia blickte zweifelnd in diese Richtung. »Ich kann nicht weit gehen«, gestand sie widerstrebend ein. »Ich bin noch nicht ganz wiederhergestellt. Wohin geht es denn da?«
»Zu einem Weg, die Klippe entlang. Vorher kommt aber eine kleine Lichtung mit einer Bank. Es ist nicht weit, versprochen. Wir machen dort manchmal Feuer.«
Sie gingen in den Wald, und nach wenigen Schritten bog der Pfad nach links ab, gabelte sich und führte sie auf eine kleine, offene Fläche unter alten Bäumen. Drei behauene Baumstämme lagen um einen Ring rußgeschwärzter Steine. Gaia ließ sich auf einen der Stämme sinken, und Peony nahm ihr gegenüber Platz.
Da sah Gaia zum ersten Mal unverhüllt das Elend, das an dem Mädchen zehrte. Sie gab einen leisen, erstickten Laut von sich, dann sank sie in sich zusammen und barg das Gesicht in den Händen.
Gaia wusste nicht, was sie tun sollte. Sie stand auf, setzte sich neben Peony und legte ihr linkisch die Hand auf die Schulter. »Sollten wir nicht doch mit deiner Mutter reden?«
»Ich kann es niemandem erzählen. Ach, du
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