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The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume

The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume

Titel: The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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ist schön«, sagte sie.
    Will nickte und ließ seinen Blick auf ihr ruhen. »Du hast kürzlich auch jemand verloren, habe ich recht?«
    Sie nickte schweigend. Wer sich wohl um ihre Eltern gekümmert hatte? Hatte man ihnen etwas Schönes angezogen? Hatte jemand das Haar ihrer Mutter gekämmt?
    »Gab es eine Beerdigung?«, fragte er. »Warst du da?«
    Sie schüttelte den Kopf und starrte wieder das Tuch an, als würde sich der Leichnam jeden Augenblick bewegen und alles sich als ein großer Irrtum herausstellen. Sie griff sich an die Stirn und schloss kurz die Augen.
    »Möchtest du dich vielleicht setzen?«, fragte er und wies auf eine Bank an der Seite.
    »Es war ein langer Tag«, brachte sie hervor. »Ich fürchte, wenn ich mich jetzt setze, stehe ich nie wieder auf.«
    »Ich brauche nur ganz kurz, um den Wagen fertig zu machen, dann kann ich dich zurück zum Mutterhaus fahren.«
    Sie wollte aber nicht zurück. Jedenfalls noch nicht. »Es geht schon wieder.«
    »Verzeih bitte, aber so siehst du ganz und gar nicht aus. Wann hast du das letzte Mal richtig geschlafen?«
    Sie legte den Kopf schief und grinste. »Gute Frage.«
    Er hatte ein ehrliches Lächeln. »Weißt du«, meinte er, »man braucht nicht unbedingt ein Grab, um jemand, den man verloren hat, in Ehren zu halten.«
    »Es waren meine Eltern«, sagte sie.
    »Deine Eltern also«, sagte er ruhig. »Hast du denn noch irgendetwas von ihnen?«
    »Meine Taschenuhr.« Ihr war schon aufgefallen, dass sie häufig danach griff, wenn sie an ihre Eltern dachte. Es beruhigte sie. Ihr Finger wickelte sich in die Kette. »Die Uhr war ein Geschenk für meine Arbeit. Ich hätte aber gerne etwas anderes. Etwas Dauerhaftes – um sie in Ehren zu halten, wie du sagst.«
    »Du könntest dir eine bestimmte Tageszeit aussuchen«, sagte Will, »und sie ihnen widmen. Wenn es zu regnen anfängt, egal wann, denke ich zum Beispiel an meine Mutter.«
    »Wann hast du sie verloren?«, fragte sie vorsichtig.
    »Mit sieben. Eine schwere Grippewelle. Meine beiden kleinen Brüder sind auch gestorben.«
    »Das tut mir sehr leid.«
    Will lächelte. »Ich glaube nicht, dass ich je darüber hinwegkommen werde, aber ehrlich gesagt, versuche ich es auch gar nicht mehr. Es ist nun schon so lange ein Teil von mir. Wie steht es mit dir? Gibt es vielleicht so etwas wie Regen für deine Eltern?«
    Mit einem Mal wurde sie ganz ruhig, denn sie kannte die Antwort. »Orion«, sagte sie. »Das Sternbild. Ich muss immer an meinen Vater denken, wenn ich es sehe. Er hat mir die Sternbilder beigebracht.«
    »Im Sommer wirst du es zwar nicht sehen können«, wandte er ein, »aber das Einzige, was zählt, ist, dass du danach Ausschau hältst.«
    Sie sah zu ihm auf. »Du kannst das wirklich gut.«
    »Du warst dazu bereit«, sagte er. »Das ist alles.«
    Sie atmete tief durch. Ihr Blick fiel abermals auf den Leichnam unter dem Tuch, und da nahm sie den Hut ab und schritt langsam zu ihm hinüber. »Woran ist Benny gestorben?«
    »Es kam ganz plötzlich«, sagte Will. »Angeblich soll er sich kurz vorher noch ans Herz gefasst haben. Wahrscheinlich war es das. Geh bitte nicht näher ran!«
    »Warum nicht?«
    Er trat zwischen sie und die Leiche. »Es wäre mir einfach lieber. Komm, ich zeig dir den Garten.«
    »Führst du gerade eine Autopsie durch?«
    Will fuhr sich übers Kinn, dann musste er lachen. »Kann das wirklich Zufall sein?«, fragte er, den Blick ergeben zur Decke gerichtet.
    »Wieso? Ich meine, das ist doch naheliegend. Wahrscheinlich machst du das ständig.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe das vorher noch nie gemacht. Ich brachte es kaum über mich, ihn aufzuschneiden. Ich musste aufhören, so übel war mir. Und jetzt kriege ich ausgerechnet von der einen Person Besuch, die sich vielleicht mit so was auskennt.«
    »Neuigkeiten verbreiten sich hier ziemlich schnell, oder?«
    »Neuigkeiten über eine Hebamme? Ja. Das würde ich schon sagen.«
    Sie hängte ihren Hut an einen Haken. »Nur um das klarzustellen: Bloß weil ich Hebamme bin, bin ich noch lange keine Expertin für Anatomie – aber ich bin von Natur aus sehr neugierig. Wollen wir?«

5 In der Scheune des Morteurs
    Erst hob er überrascht die Brauen, dann stemmte er die Hände in die Hüften und räusperte sich.
    »Ist das dein Ernst?«, fragte er.
    »Klar. Mich wundert, dass du das noch nie gemacht hat.«
    »Normalerweise hat es einfach keinen Sinn«, sagte Will. »Es ändert nichts daran, dass jemand tot ist. Meine Aufgabe ist es, den

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