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The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume

The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume

Titel: The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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sie sich aufs Herz. Ein kummervoller Schimmer trat in seine braunen Augen.
    »Es war ein Fehler«, sagte er schließlich. »Wir können keinem erzählen, was wir gerade getan haben. Das verstehst du doch?«
    Erst wollte sie ihm widersprechen – sie hatten etwas Wichtiges herausgefunden, das vielleicht viele Männer in Sylum etwas anging. Doch was nutzte ihnen dieses Wissen, praktisch gesehen? Sie hatten eine Theorie, aber keine Möglichkeit der Behandlung, und die Männer würden sich mit dem Wissen nur quälen. Will hatte recht.
    »Schon klar«, sagte sie leise. »Armer Benny.«
    »Ich glaube, du verstehst noch nicht ganz«, sagte er. »Die Leute hier vertrauen mir. Wenn sie wüssten, was ich getan habe, würden sie es sich künftig zweimal überlegen, ob sie mir ihre Angehörigen anvertrauen. Oder sie hätten Angst, dass ich auch die Bestatteten noch obduziere. Ich könnte sie nie mehr trösten, so wie früher. Weshalb habe ich nicht vorher daran gedacht?«
    »Gibt es denn nicht noch einen anderen Morteur in Sylum?«
    »Nein, nur mich.«
    So, wie ich die einzige Hebamme bin , dachte sie. »Wir sind das Tod-und-Leben-Team«, sagte sie und wickelte den restlichen Faden wieder auf.
    Will warf ihr einen seltsamen Blick zu. Dann breitete sich ein scheues Lächeln auf seinen Zügen aus, und sie erkannte, dass er auf seine Art sehr hübsch war. In seiner Halsbeuge hatte er einen kleinen Leberfleck, der ihr noch nicht aufgefallen war. Ihr Blick glitt weiter, über seine breiten Schultern, sein streng zugeknöpftes Hemd, seine starken Hände auf dem Tisch, und sie hielt inne.
    Gemeinsam über diese Leiche gebeugt zu stehen, hatte ein Band der Vertrautheit zwischen ihnen geschaffen, und je länger sie sich nicht bewegten, desto stärker wurde es. Wenn sie ihm jetzt in die Augen sah, würden sie es beide fühlen.
    Sie vermisste Leon.
    Irgendwo über ihnen huschte eine Maus vorüber. Sie machte einen kleinen Schritt zurück und hob die Hände. »Ich sollte mich waschen.«
    »Ich bringe dir frisches Wasser.«
    Da zwickte es schmerzhaft in ihrem Magen, und sie ging zu einer Bank an der Seite und setzte sich hin. Bis Will zurückkam, krampfte sich schon alles in ihr zusammen. Sie hoffte bloß, dass sie sich nicht übergeben musste.
    »Ich glaube, ich werde krank«, sagte sie und wusch sich die Hände.
    Er kniete sich vor sie. »Wahrscheinlich ist es die Schwellenkrankheit. Sie kann sehr plötzlich einsetzen.«
    »Übelkeit? Kopfschmerzen?«
    »Ja. Es kann ziemlich heftig werden.«
    »Wird es Maya denn auch so gehen?«, fragte Gaia erschrocken. »Sie kann es sich nicht leisten, noch mehr Gewicht zu verlieren.«
    Will zögerte. »Willst du die Wahrheit hören?«
    Sie schloss die Augen und krümmte sich wieder vor Schmerz. »Gibt es denn kein Medikament dagegen?«
    »Da fragst du leider den Falschen.«
    »Wen soll ich denn sonst fragen?« Da drehte sich ihr der Magen um, und sie schmeckte Säure in ihrem Mund. Oh nein , dachte sie und biss die Zähne zusammen. Sie eilte zur Tür, rannte zum Straßengraben und spie ihr Frühstück aus.
    »Na toll«, murmelte sie. Der Schweiß stand ihr auf der Stirn und in ihrem Nacken. Sie spuckte aus, kämpfte gegen einen langen Speichelfaden und spuckte wieder. Dann klammerte sie sich an den Holzzaun und wartete, ob noch mehr kam. Die Sonne verschwamm ihr vor den Augen. Ihr Magen beruhigte sich kurz, dann drehte er sich wieder um.
    »Hier«, sagte Will und reichte ihr ein feuchtes Tuch.
    Sie wischte sich Stirn und Lippen und wartete. Nicht lange, dann stieg es wieder in ihr hoch. Sie beugte sich vor und harrte aus; es verging ein schrecklich langer Moment, dann musste sie sich wieder übergeben. Kurz darauf begann sie zu zittern wie Espenlaub.
    »Kann ich irgendwas für dich tun?«, fragte er.
    »Es würde mir schon helfen, wenn ich wüsste, was mit mir geschieht«, sagte sie. »Ingwer- oder Pfefferminztee gegen die Übelkeit vielleicht. Mit Honig und Salz, falls du hast. Ich will nicht dehydrieren. Werde ich Fieber kriegen?«
    »Du wirst vielleicht etwas halluzinieren«, sagte er.
    Sie schaute ihn ungläubig an, doch er meinte es offenbar ernst. Da lachte sie kläglich. »Bring mich einfach zurück zum Mutterhaus«, sagte sie. »Da kann ich mich wenigstens verkriechen.«
    Im Handumdrehen hatte er ein Pferd vor einen kleinen Wagen gespannt und half ihr hinauf. Der Wagen schien zielsicher jedes einzelne Schlagloch zu finden, und die Erschütterungen pflanzten sich direkt in ihre Stirn fort. Sie

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