The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume
kaum widerstehen können, Gerüchte in die Welt zu setzen. Deshalb muss ich rasch handeln – du wirst mir sagen, wem du geholfen hast.«
»Wieso? Damit Ihr sie zu einer Libbie machen könnt? Ein Exempel statuieren?«
»Genau.«
»War denn verboten, was ich getan habe?«
» Ihre Entscheidungen waren falsch – von der Empfängnis bis hin zur Abtreibung, und das weiß sie auch. Ihr Körper hätte sie noch früh genug verraten.«
»Dann wäre also die Schwangerschaft ihre Strafe gewesen? Und dass sie ihr Kind und ihre ganze Zukunft deshalb aufgeben muss? Wer hat Euch das Recht gegeben, so etwas zu entscheiden?«
»Solche Entscheidungen werden von der Gemeinschaft getroffen«, sagte die Matrarch. »Der Preis ist hoch, aber die Mädchen wissen das. Deshalb tanzen sie nicht aus der Reihe, und im Gegenzug ist die Ehe bei uns eine heilige, respektierte Institution. Kinder wachsen in intakten Familien auf, mit fürsorglichen Eltern. Eines Tages wirst du das noch zu schätzen wissen.«
»Das ist so ziemlich das Rückständigste, was ich jemals gehört habe.«
»Wer war es?«, fragte die Matrarch erneut. »Sag es mir.«
»Sie kann es Euch ja selbst sagen, wenn sie das will.«
Eine Weile sah es so aus, als ob die Matrarch gleich einen Wutanfall kriegen würde, doch stattdessen suchte sie sich ihren Weg zum Tisch, griff zielstrebig nach der Kiste und klappte sie zu.
»Wenn wir dich nicht wirklich bräuchten«, sagte sie nüchtern, »würde ich dich noch heute ins Ödland schicken. Doch wie die Dinge liegen, muss ich wohl irgendwie dafür sorgen, dass ich dir trauen kann. Und zwar dauerhaft.«
»Ihr könnt Euch stets darauf verlassen, dass ich tue, was mir richtig erscheint.«
Die Matrarch schüttelte den Kopf. Ihre Hand ruhte demonstrativ auf der Kiste. »Ganz offensichtlich ist deine Auffassung von richtig und falsch aber mit den Sitten und Gebräuchen Sylums nicht vereinbar.«
»Diese Kiste war eine persönliche Angelegenheit.«
»Nicht in einem Dorf, das vom Aussterben bedroht ist.«
»Wenn Zahlen alles sind, was Euch interessiert, dann lasst sie einfach in der Schwesternschaft, damit sie viele Kinder bekommen kann.«
»Ich habe mich nie bloß für die Zahlen interessiert«, sagte die Matrarch. »Es geht um die Gemeinschaft – und du stellst eine Gefahr dafür dar.«
»Wenn ich wirklich so gefährlich bin, wieso macht Ihr nicht mich zu einer Libbie?«
»Weil du keine bist. Selbst die Libbies akzeptieren die Regeln – du bist völlig anders.«
Mit einem Kloß im Hals vor lauter Zorn baute sich Gaia vor der Blinden auf. »Ihr stellt mich dar wie eine Missgeburt.«
Die Matrarch hob geziert die Braue. »Und? Bist du das denn etwa nicht?«
»Ich möchte, dass Ihr mit mir zum Gefängnis geht und Leon freilasst«, sagte Gaia. »Das ist jetzt am Allerwichtigsten. Er weiß, dass ich keine Missgeburt bin.«
Die Matrarch richtete sich auf.
»Mach dir keine Illusionen bezüglich dessen, wer von uns hier das Sagen hat. Von diesem Augenblick an stehst du unter Arrest und wirst das Mutterhaus nur mit meiner ausdrücklichen Genehmigung verlassen. Du darfst nicht mehr zu Fräulein Dinah oder Chardos Scheune, auch nicht zum Gefängnis und schon gar nicht zu deiner Schwester. Du wirst nicht einen Fuß nach draußen setzen, solange ich es dir nicht erlaube.«
Gaia traute ihren Ohren nicht. »Und was ist mit den Babys? Woher bekomme ich meine Kräuter?«
»Solange ich dir nicht vertrauen kann, bist dort draußen mehr Gefahr als Hilfe.«
»Ich darf also nicht einmal bei den Geburten helfen? Wie lange soll das so gehen?«
»Bis du dich fügst. Eine gute Bürgerin hätte mir von einer Abtreibung oder einer Autopsie erzählt. Du musst unsere Regeln und Sitten akzeptieren.«
Gaia fühlte, wie die Kälte in ihr hochkroch. »Und wenn ich Euch nie verrate, wer es war?«
»Dann darfst du nie wieder hinaus. Und Vlatir bleibt im Gefängnis.«
»Was hat seine Haft denn mit mir zu tun?«, fragte sie aufgebracht. »Das ist doch nicht fair!«
»Nenn es eine Rückversicherung.«
Gaia ballte die Fäuste. Sie fühlte sich in die Enklave zurückversetzt – Bruder Iris hätte sich genauso ausgedrückt. »Ihr dürft Leon nicht einfach eingesperrt lassen. Er hat nichts Unrechtes getan.«
»Niemand außer dir interessiert sich für ihn. Er ist bloß ein weiterer Mann in einer Stadt, die schon ein paar hundert zu viel hat.«
»Erzählt mir jetzt nicht, dass Ihr jeden Neuankömmling ins Gefängnis werft.«
»Wenn er mich bedroht,
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