The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume
zusteht, verweigern. Er hat den Sieg in fairem Kampf errungen. Tatsächlich hat er Außergewöhnliches vollbracht.
Bitte bringt eure Tochter für die Dauer eines Monats in die Hütte des Siegers. Unsere Gastfreundschaft ist euch gewiss. Oder gebt Maya für die vereinbarte Zeit in Vlatirs Hände. Ich verspreche, dass eurer Tochter kein Leid widerfahren wird. Und ich stehe auf ewig in eurer Schuld. Verlangt, was immer euch als Entschädigung für dieses Opfer angemessen erscheint, und ich werde tun, was in meiner Macht steht, euch diese schwere Zeit zu erleichtern.
In Frieden,
Olivia,
Matrarch
Adele ließ sich auf die Stufen ihrer Veranda sinken. Sie schien völlig verwandelt, als habe man ihre Essenz ausgelöscht.
»Nein«, sagte sie.
»Das geht schon irgendwie«, sagte Bachsdatter. »Wir können hier für ein paar Wochen dichtmachen. Ich komme regelmäßig vorbei und kümmere mich um die Tiere. Oder vielleicht kann das auch jemand anders übernehmen, Barrett zum Beispiel.« Er sah ganz verloren aus, wie er den Blick über seinen Hof schweifen ließ.
»Nein«, sagte Adele erneut, lauter und mit leerem Blick. »Irgendwie habe ich immer gewusst, dass wir sie aufgeben müssen. Ich wollte es nicht wahrhaben. Ich habe versucht, mich zu wappnen.« Sie konnte nicht weiterreden.
Aus dem Haus drang leises Weinen.
»Maya«, flüsterte Gaia.
Ein zweiter Schrei, diesmal drängender. Gaia wartete kurz, ob Adele reagierte, sich wie eine fürsorgliche Mutter um das weinende Baby kümmerte, doch die barg nur den Kopf in den Armen. Da drängte Gaia sich an ihr vorbei und stieß die Tür auf.
Erst konnte sie in der Dunkelheit des Steinhauses nichts erkennen, dann folgte sie einem weiteren Schrei nach links in ein kleines Wohnzimmer mit niedriger Decke. Das Haus war auf der Klippe erbaut und bot einen atemberaubenden Ausblick. Gaia aber eilte direkt zum Kinderbett.
In den Decken lag ein kleines Baby, die Ärmchen in seiner Not weit ausgestreckt, den Mund zu einem stummen Schrei geöffnet. Dann holte es tief Luft und schrie erneut. Doch da hielt Gaia Maya schon im Arm, liebkoste ihren kleinen Kopf und beruhigte sie. Unsagbare Freude durchströmte sie, obwohl ihr beim Anblick der Kleinen ganz schwer ums Herz wurde. Das Baby vergrub den Kopf an ihrem Hals und gab ein leises Schmatzen von sich.
Leon trat hinter ihr ein, die Hand am Türrahmen. Sie empfand Dankbarkeit, Sorge und Furcht.
»Sie ist so klein und so leicht.«
Sie trat mit ihrer Schwester ans Fenster, wo sie mehr Licht hatte. Immer besorgter wickelte sie das dünne Beinchen des Kinds aus den Decken. Maya sollte mittlerweile doch schon größer sein und etwas mehr auf den Rippen haben.
Sie schaute nach dem Knöchel des Kinds. Dort fand sie, verschmiert und beinahe unsichtbar, das Zeichen, das sie ihr in jener Nacht, als sie glaubte, dass es mit ihnen zu Ende ging, zu tätowieren versucht hatte – kaum eine Stunde, ehe Peter sie gefunden hatte:
»Sie ist es wirklich.« Gaia strich mit dem Daumen über die kleinen Punkte. Aus Mayas ernsten Babyaugen blickte Gaias Vater ihr entgegen. Es war beinahe unheimlich.
»Ich kenne mich nicht so gut aus mit Babys«, sagte Leon, »aber sie wirkt kaum größer als in der Enklave.«
»Es geht ihr überhaupt nicht gut«, sagte Gaia. »Sie sollte längst viel kräftiger sein. Schau, sie ist fast drei Monate alt – aber sie kann kaum den Kopf aufrecht halten. Etwas stimmt mit ihr nicht.«
»Woran könnte es denn liegen?«
»Vielleicht hat Adele sie nicht genug gestillt. Oder sie verträgt ihre Milch nicht.« Sie riet ins Blaue und wurde immer wütender. »Vielleicht reagiert sie auch allergisch auf irgendwas. Ich weiß wirklich nicht, aber so kann es nicht weitergehen.«
Leon trat näher und senkte die Stimme. »Du kannst Lady Adele jetzt keine Vorwürfe machen. Sie ist so schon ganz aufgelöst.«
»Leon, schau dir Maya doch an!«, rief Gaia.
Die Kleine legte die Stirn in Falten und begann zu weinen.
»Du regst sie nur auf«, sagte Leon.
Gaia drehte sich weg, das Baby liebevoll an sich gedrückt, und beruhigte es wieder. Der kleine, flaumbedeckte Kopf war ganz warm in ihren Händen, und fast vergessene Zärtlichkeit zwängte sich aus ihrem gequälten Herzen und riss sie beinahe entzwei. Sie hatte ihre Schwester mehr vermisst, als sie geahnt hatte. Was würde ihre Mutter nur sagen, wüsste sie, dass sie sich nicht um Maya gekümmert hatte?
Kalte Wut auf alles und jeden trieb sie an die Tür.
»Was hast du vor?«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher