The Doors
es weiter, wobei Manzarek Morrisons »Wrap your hair around my skin« mit einem anerkennenden Pfiff quittiert.
»Getting harder«, verkündet Morrison ein weiteres Mal. » HARDER! «, unterstützt Manzarek ihn, als müsste dieser Punkt zusätzlich betont werden. »Getting faster too«, sagt Morrison, wobei eine Spur von Zweifel hinter der zur Schau gestellten Forschheit aufblitzt. » GETTING LONGER! «, sagt Manzarek. »It’s getting too darn fast«, sagt Morrison, und das » darn « sticht aus dem Satz heraus, als sei er ein kleiner Junge, der solche Erwachsenenwörter noch nicht benutzen darf. »It’s getting harder, gonna rip you in two, woo!« – doch nichts passiert. Der Sänger zieht sich den Teppich unter den Füßen weg, kehrt das Innerste des Songs nach außen: »Too late, too late, can’t stop –«
Offensichtlich mochte die Band den Song zu sehr, um ihn aus ihrem Repertoire zu streichen, egal, wie viel Schindluder sie mit ihm trieb: Es gab immer diesen scheppernden Anfang, bei dem Krieger in die Saiten drosch, als wären seine Finger Trommelstöcke, und es gab immer dieses fulminante Finale, bei dem Manzarek die Orgelschnörkel, die er so sehr mochte, frontal gegen eine Wand krachen ließ. Und genauso offensichtlich war der Song Jim Morrison unter die Haut gegangen; der Song ließ ihn nicht mehr los. Aber »Gloria« gab den Doors auch etwas zurück.
»Soul Kitchen« war das »Gloria« der Doors – es gab dort den gleichen stetigen Anstieg zu einem markanten Refrain. Es war ein Treppenaufgang – nicht, wie bei »Gloria«, in metaphorischer Hinsicht, sondern in dem Rhythmus, der beiden Songs gemeinsam war und der in »Soul Kitchen« so stark verlangsamt wurde, dass ein Gefühl der Bedachtsamkeit zur bestimmenden Kraft des Songs wurde – ein dermaßen physisches Gefühl, dass es eher körperlich als mental war.
Der erste anspruchsvolle Artikel zum Thema Rock ’n’ Roll, den ich meiner Erinnerung nach gelesen habe, war Paul Williams’ »Rock Is Rock: A Discussion of a Doors Song«, ein Beitrag, der in der Crawdaddy!- Ausgabe vom Mai 1967 erschien. Für Williams war »Soul Kitchen« nicht »Gloria«, sondern »Blowin’ in the Wind«, und so wie »Blowin’ in the Wind« für ihn eine Botschaft hatte – nämlich dass die Antwort, das Wissen, für uns unerreichbar sei –, so hatte auch »Soul Kitchen«, wie er fand, eine Botschaft: »Die Botschaft von ›Soul Kitchen‹ lautet natürlich ›Learn to forget‹.« Diese Aufforderung bildet ein Scharnier, fast genau zur Mitte des Songs, so wie er auf dem Debütalbum der Doors zu hören ist.
Doch wenn dir jemand sagt, etwas sei natürlich so – insbesondere, wenn es sich dabei um etwas handelt, was mit Kunst zu tun hat –, dann sagt er dir, dass du dein Gehirn ausschalten, dass du nicht hinhören und nicht hinsehen, dass du den Mund halten sollst. »Soul Kitchen« hat keine Botschaft. Die Wörter »soul kitchen« sind eine Metapher, die dezenteste und zugleich dramatischste sexuelle Metapher, die man sich vorstellen kann. Jim Morrison mag die Alben der Doors hier und da mit unerträglichen lyrischen Ergüssen befrachtet haben, doch diese beiden Wörter sind Poesie. Sie übertragen etwas, was fast jenseits von Worten liegt, in die normale Alltagssprache und befördern es von dort in den Äther zurück. Die Zeile, die die Metapher enthält, »Let me sleep all night in your soul kitchen« – das ist intuitives Songwriting, während die darauffolgende Zeile, »Warm my mind near your gentle stove«, mit ihrem perfekt zur Küche passenden Herd, lediglich Scrabble ist. Aber diese Zeile kann die zentrale Metapher nicht beeinträchtigen, sie kann diese nicht kaputt machen: »soul kitchen« ist zu unwahrscheinlich, zu richtig, eine Formulierung, die einen auf der Stelle gefangen nimmt.
Der Song wird von dieser Metapher vorangezogen – zu sich selbst, zu dem, was er will, was er sein möchte. Die Zeile »speak in secret alphabets« ist nicht minder sexuell als das Bild »soul kitchen« – und sie ist nicht minder sexuell als Bob Segers »working on mysteries without any clues«, doch als Seger diese in seinem 1976 erschienenen Song »Night Moves« enthaltene Zeile schrieb und dabei auf das Jahr 1962 zurückblickte, auf die Zeit, als er siebzehn war, da hielt er sich an das, was er an seiner Schule gelernt hatte, und dort wäre er wegen einer Formulierung wie »secret alphabets« ausgelacht worden. Jim Morrison, der sich für einen Dichter hielt, war
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