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The Doors

The Doors

Titel: The Doors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greil Marcus
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Ausstellungsräumen erklang Musik.
    Im Museum wimmelte es von Besuchern. Ausstellungen zum Thema Pop-Art sind immer sehr beliebt, da diese Art von Kunst so leicht zugänglich ist. Sie ist groß, sie ist glamourös, sie bezieht sich auf Dinge, die jeder kennt und die niemanden ausschließen. Das Konzept der Ausstellung – so es denn eins gab – wollte sich mir allerdings nicht erschließen: Das Ganze war so ... beliebig. Und für die Musik, die abgespielt wurde, galt das Gleiche. Wenn es einen wahren Geist der Pop-Art gab, dann war er nicht in Elvis Presleys »Heartbreak Hotel« zu finden und auch nicht in »Please Mr. Postman« von den Marvelettes oder in Jefferson Airplanes »Somebody to Love« – aber er war irgendwie in dem 1962 erschienenen »Telstar« von den Tornados präsent, diesem kuriosen Stück englischer Surfmusik, das den ersten Telekommunikationssatelliten feierte. Die Orgel klang wie ein Dudelsack, und der Sound der Platte war insgesamt so dünn, blechern und verzerrt, dass man sich vorstellen konnte, dies seien tatsächlich die ersten von Telstar zur Erde gesendeten Töne gewesen – die Nummer war billig, abgeschmackt und ein Triumph: Sie war unwiderstehlich. »Telstar« klang genau richtig. »Twentieth Century Fox« wäre fast schon zu perfekt gewesen. Und »Light My Fire« oder »Take It as It Comes« hätten die konzeptuellen Mauern, die die Ausstellung zusammenhielten, zum Einsturz gebracht.
    Bei näherer Betrachtung steckte hinter der Ausstellung sehr viel weniger, als man auf den ersten Blick vermuten mochte. Warum gab es dort so wenig Kunst, die ihrem Namen gerecht zu werden schien, und warum so wenig Musik, die dieser Kunst entsprach? Es schien, als sei die Popkultur, etwas Reales, von der Pop-Art gekidnappt worden – von etwas, das nicht real war.
    Als ich einmal herauszufinden versuchte, was Popkultur war, landete ich bei der Definition »die Volkskultur des modernen Marktes«. Popkultur ist eine Kultur, in der Leute sich selbst und anderen Geschichten über den modernen Markt erzählen. Damit ist nicht die große Reklametafel gemeint, die von Elektra Records am Sunset Strip aufgestellt wurde, um das erste Album der Doors anzukündigen, ein Novum bei der Vermarktung von Rock-’n’-Roll-Platten; nein, gemeint ist ein unbekannter Radiosender, der so lange eine unbekannte Musik ausstrahlt, bis beides, der Sender und die Musik, zu Geheimnissen geworden sind, die jeder mit anderen teilen möchte. Der moderne Markt ist ein Feld von Gerüchten und erfundenen Geschichten, von Versprechen und Drohungen, von Warnungen und Prophezeiungen: Wenn sich die Leute unterhalten, ist die Popkultur Landschaft und Wechsel der Jahreszeiten, Krieg und Frieden, die Rodung von Wäldern und die Errichtung von Städten, religiöse Erweckung und moralische Panik, Wohlstand und Armut, Abenteuer und Entdeckung, Sex und Tod, Staatsbürgerschaft und Exil.
    Das kann man in der Art und Weise hören, wie das Album The Doors von einem Geheimnis der Szenegänger in L. A. zu einem in ganz Amerika bekannten Passwort avancierte, und man kann es in zwei wegbereitenden Werken der Popkultur erkennen: in Eduardo Paolozzis 1947 entstandener Collage I Was a Rich Man’s Plaything und in Chuck Berrys 1955 erschienenem »No Money Down«. Paolozzi war das verspielteste, in ästhetischer Hinsicht vielseitigste, buchstäblich alles verschlingende Mitglied der englischen Independent Group, einer kleinen, nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Vereinigung von Architekten, bildenden Künstlern und Kunstkritikern, die sich von der kommerziellen Bildersprache der amerikanischen Kultur angezogen fühlten und die nichts mit dem am Hut hatten, was das Independent-Group-Mitglied Richard Hamilton als die »hartkantige amerikanische Malerei« bezeichnete – womit er den Abstrakten Expressionismus à la Jackson Pollock meinte, die neue Kunstrichtung, von der jeder begeistert sein sollte. Angesichts der nach wie vor den britischen Alltag prägenden Rationierung brannte die Independent Group darauf, den Krieg und die Nachkriegszeit hinter sich zu lassen und ein neues, reales Leben zu beginnen.
    Als Künstler lebte Paolozzi dieses Leben bereits. »Wo er ging und stand«, erinnerte sich sein Independent-Group-Genosse Lawrence Alloway, »war er unablässig damit beschäftigt, irgendwelche Sachen zu verbiegen oder etwas zu zeichnen oder etwas aus Papptellern zu formen, sodass er der Inbegriff eines improvisierenden, rastlos arbeitenden Künstlers war

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