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The Doors

The Doors

Titel: The Doors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greil Marcus
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fünfundvierzigjähriger Morrison – dem es nach der Auflösung der Gruppe im Jahr 1973 untersagt gewesen wäre, als »The Doors« zu firmieren – mit ein paar ergebenen Anhängern als Begleitband durch dieselben Valley-Clubs hätte tingeln können, denen die ursprünglichen Jim and the Lords vorübergehend entkommen waren. Alles, was an dem Song sauber, direkt, geradlinig, unerschrocken und kühn gewesen war, ist nun wie weggeblasen, vergraben unter stupiden, ungelenken, aufgeblähten Breaks zwischen einer Seite des Songs und der anderen. Das von jenen ersten Sekunden vorgegebene Muster mündet in einer Melodie, die Morrison nicht singen kann, die seine Stimme zu einem hässlichen, undifferenzierten Gewürge zerdehnt, und der getragene, transparente Tonfall von »The Crystal Ship« – Morrisons Version von Manzareks sieben Sekunden – zerfällt zu einem Jammern und Keuchen. Nach zwei Minuten kommt es einem so vor, als dauere das Ganze bereits sechs.
    Was Morrison zu Beginn des Songs sang, entsprach dem schwarzen Loch, das Manzarek mit seinen Tönen geöffnet hatte: »Strange days have found us / Strange days have tracked us down.« Eine Vorstellung wie diese könnte einen überall hinführen, doch wenn man ein Sänger ist, wenn man eine Band ist, dann benötigt man eine Musik, die einen dort hinbringt, die es einem ermöglicht, diese Vorstellung in einen Sound zu überführen, der in der Welt auftauchen würde, als sei er schon immer da gewesen, und der die Welt anders hinterlassen würde, als sie es vor seinem Auftauchen gewesen war: im Fall von »Strange Days« eine Welt, die härter wäre, verzweifelter, aufregender, eine Welt, in der mehr auf dem Spiel stünde. »Es gibt Songs, die Ideen sind, und es gibt Songs, die Platten sind«, erklärte Phil Spector zu der Zeit, als die Doors »Strange Days« aufnahmen – nachdem es seine Produktion von Ike und Tina Turners »River Deep, Mountain High« nicht in die Top 40, geschweige denn auf Platz eins geschafft hatte, wo sie, wie Spector fand, hingehört hätte, machte er sein Aufnahmestudio dicht und begann Vorlesungen an Colleges zu halten –, und er fuhr fort, mit der ihm eigenen Bescheidenheit: »Wer einen Song hinbekommt, der beides ist, eine Idee und eine Platte, der kann die Welt erobern.« Es war nicht klar, ob »die Welt erobern« an die Spitze der Charts zu gelangen bedeutete oder ob es wörtlich gemeint war – daher war es beängstigend, ihn das sagen zu hören, selbst wenn man zu verstehen versuchte, was genau er damit meinte. »Da Doo Ron Ron« sei womöglich so ein Song gewesen, sinnierte er oben auf dem Podium, mit seiner Schmalztolle, seinem engen Anzug, seinen Rüschenmanschetten, seinen Plateauschuhen und seinen vor Intelligenz und Misstrauen funkelnden Augen.
    Sieben Sekunden lang waren die Doors beinahe dort angelangt. Das war näher, als die meisten Leute es jemals schaffen. Wie Al Kooper 1968 in einer Besprechung des Debütalbums von The Band schrieb: »Es gibt Leute, die sich ihr Leben lang vergeblich abmühen, um so etwas hinzubekommen, und sie schaffen es noch nicht einmal ansatzweise.«
    »Strange Days«, Strange Days (Elektra, 1967).

    Electric Prunes: »I Had Too Much to Dream (Last Night)« (Reprise, 1966, # 11). 1972 machte Lenny Kaye diesen Song zur Eröffnungsnummer seiner überaus einflussreichen historischen Kompilation Nuggets: Original Artyfacts from the First Psychedelic Era (Elektra).

    Ike und Tina Turner: »River Deep, Mountain High« (Philles, 1966, # 88).

    Al Kooper: Besprechung des Debütalbums von The Band, »Music from Big Pink«, Rolling Stone , 10. August 1968.

People Are Strange
    IM UNTERSCHIED zu »Strange Days«, das als eine Titelmelodie, als ein Manifest daherkam, war »People Are Strange« einfach nur ein Song – die Doors hatten ihn bereits seit 1966 gespielt, als sie ihn im September 1967 als Single herausbrachten. Es war ein kleiner Song, der ein bisschen an »Alabama Song (Whisky Bar)« erinnerte, eine Nummer mit einem locker swingenden Honky-Tonk-Klavier, das für einen Sound sorgte, der zwischen einem Zirkus in den USA der 1950er-Jahre und einem Varieté im Berlin des Jahres 1929 angesiedelt war. »People Are Strange« kam in den Charts nicht über Platz zwölf hinaus.
    War Jim Morrison nicht viel zu attraktiv, nicht zu sehr das umschwärmte Sexsymbol, um sich so fremd und einsam zu fühlen wie der Protagonist dieses Songs? Eve Babitz glaubte das nicht. Sie hatte sich ihm im Frühjahr 1966 im London Fog

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