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The Doors

The Doors

Titel: The Doors Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greil Marcus
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vorstellen, wie sie einige Jahre später, ein oder zwei Jahre nachdem sie bei Elektra rausgeflogen waren, »Twentieth Century Fox« oder auch »Break on Through (To the Other Side)« auf genau diese Weise sangen: Wir haben immer gewusst, dass es keine andere Seite gibt – wir haben diesen Song geschrieben, um uns über die Leute zu mokieren, die an die Existenz einer anderen Seite glaubten!
    Das ist für mich keine Pop-Art – also eine Kunst, die Geschichten über den modernen Markt erzählen will und die das nicht nur kann, sondern es auch tut, Geschichten über einen Markt, von dem sie ein Teil ist oder dem sie, auf welche Weise auch immer, angehören möchte –, und es ist auch keine Kunst, die die Geschichten, die der Markt erzählt, wirklich hören kann. Nein, diese Kunst ist voller Distanz – zum Beispiel Robert Rauschenbergs Collagen, das leblose Retroactive 1 von 1964, mit einem den Zeigefinger ausstreckenden John F. Kennedy im Zentrum und einem Astronauten in der linken oberen Ecke, obwohl auch Rauschenbergs wesentlich bessere Arbeiten, etwa Kite von 1963, im Grunde nicht anders sind, oder James Rosenquists collagierte Wandbilder wie President Elect von 1960/61, sofern es nicht erst 1964 fertiggestellt wurde, was noch zynischer wäre, ein noch krasserer Fall eines Künstlers, der sich seinem Sujet überlegen fühlt: ein lächelnder JFK , ein Stück Schokoladenkuchen, ein Chevrolet. Distanzierter geht’s nicht.
    Man kann sehen und spüren, wie sich diese Distanz auflöst, wenn das, was sich vor einem entfaltet, eine Art Rausch der Umgestaltung, der Übertragung ist, der Akt eines Künstlers, der ganz und gar in sein Material eintaucht und der sich sicher ist, dass es im Lärm, im Tempo und in den Verheißungen des Nachkriegslebens ein Geheimnis gibt – der sich sicher ist, dass er dieses Geheimnis finden und es in eine Geschichte verwandeln kann, die jeder zu verstehen vermag.
    Einige – wenige – Künstler haben genau auf diese Weise gearbeitet. Im Unterschied zu Rauschenbergs distanzierter Herangehensweise (»Dieses Zeug in unserer kulturellen Atmosphäre finde ich irgendwie irre, und ihr solltet es auch irgendwie irre finden«) ist Richard Hamiltons berühmte Schöner-Wohnen-Collage, das unvergleichliche Just What Is It That Makes Today’s Homes So Different, So Appealing? , fast schon das wirkliche Leben – und eine viel bessere Formulierung der Frage »Was macht die moderne Kunst modern?«. Man kann sich dieses Werk nicht anschauen und es auf der Stelle verstehen, es im Geiste besprechen, das heißt, es abtun: die Distanz, die man dazu hat, festlegen.
    1956, in dem Jahr, als Hamilton seine Collage anfertigte, zog meine Familie in ein neues, bescheidenes, aber durch und durch modernes Haus in Menlo Park, einem südlichen Vorort von San Francisco. Es war ein Eichler-Haus, gebaut noch dem Vorbild von Rudolph Schindlers experimentellem Kings Road House, das der aus Österreich stammende moderne Architekt 1922 in West Hollywood gebaut und bis zu seinem Tod im Jahr 1953 bewohnt hatte.
    Die Entwürfe von Schindler und Joseph Eichler waren Flachdachgebäude mit gläsernen Schiebetüren anstelle normaler Außenwände; die Räume waren nach außen hin und zueinander offen und keine voneinander abgeschirmten, segmentierten Bereiche, die Trennlinien zwischen Haus und Natur oder zwischen Küche und Konversation zogen. Ob sie nach dem Ersten Weltkrieg von Schindler als individuelle Kunstwerke gebaut oder nach dem Zweiten Weltkrieg von Eichler serienmäßig produziert wurden, es handelte sich in jedem Fall um utopische Behausungen: Sie waren so entworfen worden, dass sie die Verbindung zwischen den Hausbewohnern und ihrer Umwelt hervorhoben und die Hausbewohner einander näherbrachten.
    Hätte ich Richard Hamiltons Just What Is It That Makes Today’s Homes So Different, So Appealing? 1956 gesehen, in dem Jahr, als wir die Schwelle zu unserem Stück moderner Architektur überschritten, so wäre ich zu Tode erschrocken gewesen – genauso erschrocken und genauso aufgeregt, wie ich es im selben Haus und zur selben Zeit war, als ich dort zum ersten Mal Elvis Presley und Little Richard hörte.
    Just What Is It – auf dem Bild sieht man ein Ahnenporträt an der Wand direkt neben dem gigantischen, gerahmten Titelblatt eines Young Romance -Comichefts, und man sieht einen fast nackten Bodybuilder und eine noch nacktere Frau, die einen zum Partyhut umfunktionierten Lampenschirm auf dem Kopf trägt und ihre riesige,

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