The End (Die neue Welt)
seinem Gedankengang abgebracht, als Sebastian von der Toilette zurückkehrte.
»Hier, Bruderherz.« Sebastian drückte ihm ein neues Bier in die Hand.
Gordon richtete sich im Sessel auf und bedankte sich. »Hör mal, es tut mir leid, wenn es so wirkte, als würde ich dir nicht vertrauen. Ich halte sehr viel von dir und sehe in dir nichts weniger als einen erwachsenen Mann. Du weißt, was ich übers Korps und alles andere denke, was damit zusammenhängt. Ich will wirklich nicht wieder dort hineingezogen werden – und schon gar nicht, dass dir etwas zustößt.«
»Schon verstanden, aber sei dir gewiss: Ich befinde mich in guten Händen. Übrigens habe ich ganz vergessen, dir zu sagen, dass es einen neuen befehlshabenden Offizier gibt«, schob Sebastian mit einem Strahlen im Gesicht hinterher, nachdem er etwas Bier getrunken hatte.
Gordon wurde hellhörig. »Wer ist es?«
»Barone!«
»Major Barone?« Er machte große Augen.
»Ja, aber er ist mittlerweile Oberstleutnant.«
Wieder ließ sich Gordon zurück in die Vergangenheit kurz nach dem Einsatz in Falludscha reißen. Major Barone war einer seiner verbissensten Verteidiger gewesen. Er stand ihm bei, während alle anderen hochrangigen Militärs den Politikern und Medien gefällig sein wollten. Die Presse schlachtete die Story nach allen Regeln der Kunst aus und berichtete auf reißerische Art über den gefallenen Schuss. In der Öffentlichkeit galt er praktisch als verurteilt, noch ehe die Nachforschungen zu Ende gingen.
»Das sind tolle Neuigkeiten«, fand Gordon im Zuge dieser tröstlichen Erinnerung an einen treuen Freund. »Er ist ein großartiger Mann, und bei ihm befindest du dich definitiv in guten Händen.«
»Ich dachte mir schon, du würdest dich freuen, seinen Namen wieder zu hören. Bislang hatte ich noch keine Gelegenheit, ihn persönlich zu treffen, aber es heißt, er habe eine besondere Vorliebe für Scharfschützen. Ich bin schon ganz aufgeregt; jetzt muss ich nur noch aufgenommen werden.«
»Ich bin ausgesprochen froh darüber, dass er jetzt das Kommando hat und euch Jungs für den nächsten Auslandseinsatz in Erwägung zieht.«
Gordon empfand Erleichterung darüber, dass sein Bruder in so vertrauenswürdige Gesellschaft geraten sollte. Dieses Wissen machte ihn glücklich. Sein Bruder mochte noch so viel Selbstbewusstsein hervorkehren: Gordon würde sich immerzu um ihn sorgen und ihn im Auge behalten.
Was ihm außerdem Kummer bereitete, waren die gehäuft auftretenden Übergriffe von Terroristen auf Militäreinrichtungen rund um den Globus. Ferner verzeichneten seit den vergangenen paar Monaten auch die Anschläge gegen zivile Ziele in Europa einen Aufwärtstrend. Er hatte sich schon oft mit Samantha darüber unterhalten, wie seltsam es war, dass diese Organisationen solche Angriffe bisher nie in den Vereinigten Staaten gewagt hatten. In Anbetracht der arg durchlässigen Südgrenze des Landes hielt er diesen Glücksfall jedoch für zeitlich begrenzt. Über kurz oder lang, das war ihm klar, würden die Terroristen erneut hier zuschlagen, und die nächste größere Aktion könnte so verheerend sein, dass sie die Nation in die Knie zwänge.
Gordon verdrängte das Bild der grausamen Weltbühne und widmete sich wieder seinem Vorsatz, eine angenehme Zeit mit seinem Bruder zu verbringen. Noch einige Biere mehr, etwas Gelächter und ein bisschen Schwelgen in Erinnerungen, dann verabschiedeten sich die beiden voneinander.
Nachdem er Sebastian bis zur Haustür begleitet hatte, drückte Gordon ihn an sich und sagte: »Falls du je irgendetwas brauchen solltest, zögere nicht, mich anzurufen. Wir sind immer für dich da.«
»Das werde ich, Gordon. Bist der Beste, mein Bruder.« Sebastian fühlte sich stets unwohl, wenn er aufbrechen musste. Er hasste dieses Lebewohl-Gehabe.
Als er schon auf dem Bürgersteig ging, rief Gordon hinterher: »Bleib auf Zack, Marine!«
4. Dezember 2014
›Angst ist Schmerz aus der Erwartung des Bösen.‹
Aristoteles
San Diego, Kalifornien
»Wir unterbrechen das Programm für eine Sondersendung von CNN News. Mehrere Explosionen ereigneten sich im Century Link Field im Zentrum von Seattle, der Heimat des Footballteams Seahawks. Die Zahl der Verletzten bleibt bis auf Weiteres unbekannt. Wir schalten zu unserem Reporter vor Ort, der aus einem Helikopter über dem Stadion berichtet.«
»Oh mein Gott«, schnaufte Samantha und schlug sich entsetzt eine Hand vor den Mund.
»Mama, wo steckt Hunter?«,
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