The End (Die neue Welt)
alles tun wirst, was sein muss.«
»Ich verspreche es.« Damit legte er eine Hand an ihren Hinterkopf und zog sie sanft zu sich, neigte sich nach vorne und küsste sie. Ihre Lippen schmeckten salzig wegen der Tränen.
»Daddy, wieso weint Mama?«, fragte Haley, die sich jetzt an ihren Vater schmiegte.
»Komm her, Liebes.« Gordon streckte sich nach dem Mädchen aus und nahm sie zu sich. Nun umarmte er beide und sprach: »Uns wird nichts geschehen, das schwöre ich. Egal was passiert, unsere Familie bleibt wohlbehalten.«
Im Fernsehen begann der Live-Reporter im Hubschrauber schließlich, die ersten konkreten Informationen preiszugeben: »Allem Anschein nach haben sich Selbstmordattentäter an drei unterschiedlichen Stellen in die Luft gesprengt. Uns gibt man an, die erste Explosion habe sich an einer Sicherheitsschleuse ereignet. Offensichtlich war den Wachleuten jemand in der Warteschlange aufgefallen, doch als sie auf ihn zugingen, zündete er seine Bombe. Die beiden anderen Explosionen folgten innerhalb einer Minute nach der ersten. Die Zahlen der Todesopfer, die wir bislang erhalten, widersprechen einander und reichen von 50 bis zu geschätzten 150. Hier herrscht momentan ein einziges Chaos.«
Gordon drückte Samantha und Haley weiterhin an sich, als er die Nachrichtensendung wie gebannt verfolgte. Während immer mehr Qualm aus dem Stadion drang, packte ihn eine immense Wut. Obwohl er alle Register gezogen hatte, um sich vorzubereiten, blieb er in seinen Möglichkeiten doch eingeschränkt. Diese Offensive dauerte nun schon monatelang an.
Er hatte Samantha noch nichts darüber erzählt, doch in letzter Zeit erwog Gordon, mit der Familie in ihre Hütte nach McCall in Idaho umzusiedeln. Angesichts der Bedrohung spekulierte er darauf, dass die geringe Einwohnerzahl von ungefähr 2.500 die Kleinstadt als Ziel von Terroristen ausschloss.
Nach den ersten Wochen der Schreckenswelle befreite Gordon seinen Sohn vom Unterricht und ließ ihn im Übrigen auch nicht mehr anderswohin gehen. Er versuchte sein Bestes, um den Kindern zu erklären, was vor sich ging, ohne sie zu verstören, aber sie waren eben noch klein und begriffen deshalb nur wenig.
Gordon selbst fühlte sich in ihrem Bezirk im North County von San Diego sicher. Sie lebten in einer geschlossenen Wohngemeinde, nur hatte er das Gefühl, seine Familie sei in ihrem eigenen Zuhause gefangen.
Seit der Serie von Attentaten pflegte Gordon enge Kontakte zu Samanthas Eltern. Diese wohnten in Kansas City in Missouri. Samanthas Vater war schwer krank, weshalb er intensiv ärztlich betreut werden musste, also konnte man sie schwerlich dazu bewegen, nach Idaho zu ziehen. Gordon bangte zwar um sie, doch Samantha, Hunter und Haley gingen ihm über alles.
Musa Qala, Provinz Helmand, Afghanistan
Sebastian war auf einem Beobachtungsposten am Südrand der vorgeschobenen Operationsbasis Musa Qala stationiert. Gerade hatte er von dem jüngsten Anschlag in Seattle erfahren. In mancher Hinsicht war es in der Provinz Helmand sicherer als in den Großstädten zu Hause. Er wusste, dass es Gordon und der Familie gut ging, doch viele seiner Kameraden hatten Angst um ihre eigenen Verwandten und wünschten sich, in die Staaten zurückzukehren, um sie zu beschützen.
Sebastian war sehr müde, sodass er das Ende seines Wachdienstes kaum erwarten konnte, um sich eine Mütze Schlaf zu gönnen. Seit dem ersten Tag im Land, Ende August, hatte sein Trupp Scharfschützen alle Hände voll zu tun. Die meisten von ihnen, auch er selbst, verzeichneten Dutzende bestätigter Abschüsse. Obschon es in Musa Qala nicht mehr so gewalttätig wie zuvor zuging, befanden sich die Schützen in einer Umgebung, wo es ihnen an Zielen nicht mangelte.
Sebastian gefiel sein neues Leben als Kundschafter-Schütze in der ersten Einheit des Zweiten Bataillons der Marine sehr; es erfüllte ihn zur Gänze. Sie unterstanden dem Kommando von Lieutenant Colonel Barone, einem Marine wie aus dem Lehrbuch, dem sein Ruf vorauseilte. Er achtete auf seine Männer und stand stets hinter ihnen.
Sebastian erinnerte sich an einen Vorfall, zu dem es kurz nach ihrer Ankunft im Land gekommen war. Sie hatten das Tal auf der Suche nach Spuren der Taliban erkundet. Während der Einweisung der Aufklärer ihres kleinen Kampfverbandes zweifelte ein Verwaltungsoffizier die Informationen an, die sein Trupp beschafft hatte. Barone lenkte zur Verteidigung seiner Mannschaft ein, indem er dem Kritiker zu verstehen gab, seine
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