The End (Die neue Welt)
»Weißt du, ich bin eben anders als du. Was ich im Krankenhaus mit ansehen musste, hat mich verstört. Jetzt begreife ich, dass wir in einer neuen Welt leben und sowohl unser Vorgehen als auch unsere Moralvorstellungen anpassen müssen.«
Gordon sah ihn bloß an und nickte zustimmend. Dabei kam er nicht umhin, etwas zu seinem Gesicht zu bemerken. »Was ist mit dir passiert?«
Dan fasste sich an den Mund und antwortete: »Eine Schlägerei in der Stadt; wir sind an eine Straßengang geraten.« Er hatte ein blaues Auge, geschwollene Lippen und Schrammen an einer Wange.
»Warum erfahre ich das erst jetzt?«
»Es war unbedeutend, der übliche Mist. Tim und ich haben sie fertiggemacht.«
»Ist Tim okay?«
Dan stockte, eher er entgegnete: »Doch, ihm geht's gut.«
»Na dann sprich weiter, wie kann ich dir helfen?«
»Ich wollte mich entschuldigen und dir anbieten, wieder bei Null anzufangen. Wir müssen gemeinsame Sache machen.« Bradford bot ihm die rechte Hand an.
Gordon starrte weiter in seine Augen und dann auf die Hand. Nach kurzem Zögern nahm er an und schüttelte sie schweren Herzens.
»War das alles?«, wollte er wissen.
»Nein, ich brauche deine Einschätzung zu etwas, das heute dort draußen passiert ist.«
»Schieß los«, drängte Gordon ungeduldig.
»Wir waren im Süden am Mira Mesa Boulevard unterwegs, als wir auf eine Gruppe stießen, von der ich glaube, dass es sich um diese Villistas handelte.«
Als Gordon den Namen hörte, spitzte er die Ohren.
»Zufällig sah ich vier Autos auf den Parkplatz von ›Lowe's‹ fahren. Dass das Grundstück mit Stacheldraht eingezäunt war, machte mich stutzig, also bogen wir in die nächste Sackgasse ein und beobachteten das Gebäude ungefähr eine Stunde lang.«
Gordon hörte nun gespannt zu.
»Ein Wagen nach dem anderen kam und verschwand im Lager oder verließ es. Hin und wieder hörten wir Schreie und Schüsse von drinnen. Ich vermute, dass sie dort große Mengen an Lebensmitteln gesammelt haben.«
»Wie viele Leute hast du gesehen?«, fragte Gordon.
»Insgesamt haben wir vierundzwanzig verschiedene Autos gezählt, die innerhalb der einen Stunde kamen oder wegfuhren. Darin saßen jeweils zwei Personen. Umstellt war der Laden von etwa sieben Typen, die wie Wachmänner aussahen.«
Gordon überlegte, musste sich aber schließlich mit der Wirklichkeit abfinden: Er besaß nicht die Mittel für einen Angriff zum Stehlen der kostbaren Vorräte dieser Bande.
»Wenn wir einen Überfall planen«, fügte Dan hinzu, »könnten wir, glaube ich, unsere Kammern gehörig aufstocken.« Er war sichtlich aufgeregt und hielt seine Informationen für wertvoll.
»Dan, das ist alles gut und schön, aber lass mich eine Nacht darüber schlafen. Morgen früh reden wir weiter.«
Bradford nickte enttäuscht. Eigentlich wollte er Gordon in Begeisterung versetzen und wünschte sich persönliche Anerkennung für die Information. »Na gut, besprechen wir es eben morgen«, schloss er, drehte sich um und ging.
Gordon sah ihm hinterher. Was sollte er von der Entschuldigung halten? Die Sache mit den Villistas hingegen ließ sich als Erfolg verbuchen, aber er war müde und würde sich ihrer später annehmen. Eine Entschädigung, welche er für den täglichen Wahnsinn erhielt, war der Augenblick, an dem er abends nach Hause zurückkehrte. In der Regel hatte er die Tür noch nicht aufgeschlossen, da begrüßten ihn Hunter und Haley schon vergnügt quietschend. Ihre Unschuld und Zärtlichkeit boten ihm Zuflucht vor den Gräueln außerhalb der Siedlung.
18. Dezember 2014
›Eine gute Entscheidung beruht auf Wissen, nicht auf Zahlen.‹
Plato
San Diego, Kalifornien
Er fuhr erschrocken aus dem Schlaf hoch, als es laut an der Tür klopfte. Wer auch immer draußen stand, bedurfte wohl dringend Gordons Aufmerksamkeit. Er lief hinunter, so schnell er barfuß konnte, entriegelte die Tür und zog sie auf. Es war Max, der schwitzte und keuchte.
»Was ist denn los?«, fragte Gordon besorgt.
»Mehrere Leute haben versucht, ins Clubhaus einzubrechen und Lebensmittel zu stehlen«, berichtete Max.
»Habt ihr sie gestellt?« Gordon zog bereits seine Stiefel in der Diele an.
»Ja, haben wir«, brachte Max hervor, während er weiter nach Luft rang.
Nachdem sich Gordon die Jacke mit dem Schulterhalfter gegriffen hatte, trat er hinaus.
»Alles in Ordnung mit dir?«, vergewisserte er sich und blickte Max an, der sich an die Frontmauer des Hauses lehnte.
»Ja, hab mich gleich
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