The End (Die neue Welt)
er besann sich.
»Mindy, ich werde dich nicht töten«, versprach er.
Gemeinsam mit Holloway schob er einen wuchtigen Schrank, in dem Porzellan aufbewahrt wurde, aus dem Esszimmer herein und vor die Speisekammer. Als er sicher war, dass sie nicht mehr herauskommen konnte, klärte er sie über ihre Lage auf.
»Mindy, ich lasse dich heute Nacht am Leben, damit du endlich begreifst, wie es in dieser neuen Welt wirklich zugeht. Dein guter Freund Dan plauderte den Villistas aus, wo sich unsere hübsche, kleine Gemeinde befindet. Sie können jeden Tag hier auftauchen, und falls sie dich finden, wirst auch du erleben, was schon so vielen dort draußen passiert ist. Wenn du zuletzt die Augen schließt und den Tod erwartest, denk daran, dass es so nicht hätte kommen müssen. Du hattest die Wahl.«
Mindy wurde bewusst, dass Gordon Recht hatte, und rief: »Lass mich frei, bitte!«
Er verließ das Haus mit Holloway. Als sie gemeinsam die Straße entlang zurück zu seinem Haus gingen, verklang das Gejammer allmählich, bis sie es nicht mehr hörten. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand sie herausholte, bestand durchaus, doch Gordon ging stark davon aus, dass sie in der herben Realität abseits ihrer behüteten Gemeinschaft nicht überleben würde.
Bevor sie Simone abholten, wollte Gordon bei seiner Familie nach dem Rechten sehen. Derart erschöpft hätte er sich am liebsten etwas Ruhe gegönnt, doch der Tag war gerade erst angebrochen.
»Hi, Schatz«, raunte Samantha, als sie ihn mit einer Umarmung und einem Kuss empfing.
»Alles erledigt.« Mehr sagte er nicht. Er wollte nicht darauf eingehen, was in Mindys Haus geschehen war. Nachdem er ihren Kuss erwidert hatte, fragte er: »Wie geht es den Kindern? Was macht Hunter?«
»Sie schlafen beide in unserem Bett. Hunter hat sich beruhigt, aber ich weiß nicht, ob er nach heute Nacht jemals wieder derselbe sein wird.«
»Wird er nicht.« Gordon machte eine Pause, ehe er weitersprach. »Ich hole jetzt Simone. Wir sollten losfahren, sobald die Sonne aufgeht, falls das möglich ist, in Ordnung?«
»Sicher, Liebling. Wir machen uns fertig.«
Gordon zeigte sich ihr gegenüber arg kurz angebunden. Die Nacht war lang gewesen, und so allmählich verließ ihn die Kraft. Als er die Haustür hinter sich zuzog, wurde ihm bewusst, dass er hiernach nie wieder zu Jimmys Haus gehen würde. Im Laufe der Jahre hatte er es zahllose Male getan, doch das war nun vorbei. Erinnerungen aus seiner Zeit in Rancho Valentino drängten sich ihm schubweise auf. Festliche Momente, eine Geburtstagsfeier, Ostereiersuchen, Spaziergänge an Heiligabend mit Frau und Kindern, die sich an den Beleuchtungen erfreuten. Betrachtete er die Siedlung jetzt, so sah er einen Ort des Zerfalls. Das betraf nicht nur die Häuser, sondern auch Friedlichkeit und Anstand. Das Leben ringsum ging in die Brüche, und ihm war klar, dass ihre letzte Chance auf eine Zukunft in Idaho lag.
Jimmys Verlust markierte bloß den Anfang. Auch wenn er es nicht wahrhaben wollte: Der Tod war nun das Maß aller Dinge.
Da die Garage noch offenstand, ging Gordon dort hinein. Er erblickte die drei Leichen, erkannte aber nur Gerald. Er betrat das Haus vorsichtig, um nicht noch einmal zu stolpern. Nun da es etwas heller war, ließ sich einer der Toten auf dem Flurboden – er hatte die Augen weit aufgerissen – als Lance Corporal Fowler identifizieren. Gordon bückte sich, drückte seine Lider zu, zog ihm die Erkennungsmarke vom Hals und steckte sie ein. Die nächste Leiche lag vor dem Wohnzimmer; es war der Mann, der auf ihn geschossen hatte. Mit dem Raum verband Gordon viele schöne Momente. Erst letztes Jahr hatten sie hier gemeinsam den Super Bowl mitverfolgt. Nun deprimierte ihn der Rückblick. Er musste Simone finden, also mahnte er sich zur Eile und durchsuchte das Haus weiter.
»Simone! Ich bin es, Gordon«, rief er.
Keine Antwort.
Er versuchte es weiter.
»Simone, ich bin wieder hier. Wo steckst du?« Da sie sich nicht bemerkbar machte, lief er nach oben, wo er sie mit Jimmy zurückgelassen hatte. Sie waren beide fort. Er sah in jedem Zimmer des Obergeschosses nach, jedoch vergeblich.
Zuletzt fiel ihm ein, dass er einen Ort vergessen hatte … den Garten hinterm Haus. Als er aus dem Küchenfenster blickte, sah er sich beruhigt: Simone kniete neben einem frisch ausgehobenen Loch auf der Erde.
Gordon zog die Tür zum Garten hin auf und rief ihren Namen. Sie reagierte nicht, sondern wiegte nur ihren Oberkörper hin und her,
Weitere Kostenlose Bücher