The Forest - Wald der tausend Augen
ich.
Er schüttelt den Kopf. »Wir könnten hören, wenn er Schmerzen hätte.«
Ich zucke die Achseln. Vielleicht ist er in Ohnmacht gefallen.
»Warum sollten sie mich einschließen, wenn es nur um einen Verletzten geht?«, haucht er.
Ich lege mein Ohr an die Wand und höre eine plötzliche Zurechtweisung in einem harschen Ton …
»Nein, wir sagen es ihnen erst, wenn die Zeit reif dafür ist. Du wirst den Mund halten …« Wer immer da spricht, muss von der Wand weggegangen sein. Man hört nur noch Gemurmel.
Während ich noch immer grüble, was hier wohl los sein mag, wird mir plötzlich bewusst, dass ich mit Travis im Bett liege, mein Körper ist zwischen ihm und der Wand eingeklemmt, unsere Wärme hüllt uns ein. Seine Atmung verändert sich ein ganz klein wenig, wird schwerer jetzt,
mischt sich mit einem Hauch Verlangen, so als sei ihm gerade dasselbe klar geworden.
Sofort ist jeder Zentimeter meines Körpers hellwach, die Härchen auf meiner Haut richten sich auf, suchen nach irgendeiner Bewegung, als wären sie Antennen.Travis liegt auf dem Rücken, und mein Rücken drückt sich an die Wand, sodass ich ihm zugewandt bin.
Meine Hand hat auf seiner Brust gelegen, und irgendetwas in mir drängt mich, meinen Körper an ihn zu pressen. Mein Atem geht in zitternden Stößen. Alles, das Ganze, ist schon fast nicht mehr zu ertragen.
»Wahrscheinlich sollte ich gehen, sie könnten ja wiederkommen und nach dir schauen«, sage ich. Er schluckt und nickt mit dem Kopf. Ich kann hören, wie die Luft in seine Lunge strömt und wieder hinaus, als ob es ihn Mühe kostet zu atmen.
Dann rutsche ich wieder über seinen Körper zurück auf die andere Seite des Bettes.Vorher hatte ich wegen des Adrenalins, der Angst, erwischt zu werden, nicht darauf geachtet … aber dieses Mal begreift alles in mir, was hier in diesem Bett vorgeht. Ich achte auf seinen abheilenden Schenkel, schiebe ein Bein über seine Hüften, stütze mich an der Wand ab, um mich auf die Knie aufzurichten und mit je einem Bein auf jeder Seite über ihm zu verharren.
Er schließt die Augen und legt den Kopf ins Kissen zurück, die Lippen leicht geöffnet wie unter Schmerzen. Erschreckt beuge ich mich zu ihm hinab und flüstere. »Tu ich dir weh?«
Mit immer noch geschlossenen Augen schüttelt er den
Kopf, streckt seine Hände aus und legt sie auf meine Hüften. Seine Hände sind so groß, sie halten mich einen Herzschlag lang, und beinahe werden wir eins, als wir von den Hüften bis zum Kinn aneinander gepresst daliegen. Mir schwirrt der Kopf, weil ich weiß, welche Wirkung meine Nähe auf ihn hat und dass ich nicht die Einzige bin, die diese Hitze spürt.
Ein dumpfes Poltern im Raum nebenan – und schnell gleite ich über Travis hinweg und lasse mich auf den Boden fallen, wo ich mich, wenn nötig, unters Bett zwängen werde.
Ich lausche, ob sich die Bewegungen im Nebenzimmer verändern, dann husche ich zur Tür und drehe den Knauf. Abgeschlossen. Die werde ich nicht öffnen können.
Nun hat Travis sich im Bett aufgerichtet, er stützt sich auf seine Ellenbogen. Im Mondschein kann ich erkennen, dass sein Gesicht vor Hitze gerötet ist.
Ich werde aus dem Fenster klettern müssen. Also gehe ich auf die andere Seite des Zimmers und mühe mich mit dem Holzrahmen ab, bis das Fenster so weit offen steht, dass ich hindurchpasse. Kalte Luft dringt durch mein dünnes Nachthemd und kämpft gegen die Restwärme von Travis’ Bett. Ich wickele mir die Steppdecke, die ich mitgebracht habe, fest um die Schultern.
Zum Glück haben wir einen harten Winter, sodass eine ziemlich hohe Schneewehe meinen Sprung vom zweiten Stockwerk abfangen wird. Schon will ich verschwinden, da höre ich meinen Namen.
Travis streckt den Arm nach mir aus. Obwohl ich weiß, dass ich das Schicksal herausfordere, gehe ich zu ihm zurück. »Sehe ich dich bald wieder?«, fragt er. Die Flamme der Kerze neben seinem Bett flackert in der Zugluft vom Fenster und legt Schatten auf sein Gesicht.
»Ich weiß es nicht«, antworte ich wahrheitsgemäß. »Ich weiß nicht, ob ich es riskieren kann.«
Er nickt. Er versteht das. Und dann nimmt er meine Hand und drückt seine Lippen auf die Handfläche. Das ist ein Gefühl, als würde Feuer ins Blut gelangen und meinen Körper in einen Zustand höchster Alarmbereitschaft versetzen. Er bewegt die Lippen den Arm hinauf, sein Atem peinigt mich, und fast gebe ich nach, als er mich an sich zieht.
Doch dann mache ich einen Schritt zurück, presse den Arm
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