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The Forest - Wald der tausend Augen

Titel: The Forest - Wald der tausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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Mal begriffen habe, dass die Schwesternschaft Geheimnisse hütet.

    Die Luft ist kälter und dumpfer, als ich am Fuß der Treppe ankomme und mit bloßen Füßen über den unebenen Steinboden laufe. Licht gibt es nicht, ich hantiere mit meinem Feuerstein, um meine Kerze anzuzünden. Ihre schwache Flamme beleuchtet wenig mehr als meine zitternde Hand, das Licht durchdringt kaum die dichte Dunkelheit ringsherum.
    Mit meiner freien Hand taste ich nach den leeren Regalen, auf denen früher, wie Schwester Tabitha erklärt hat, Weinflaschen und Fässer gelagert waren. Scharfe Krallen huschen über altes Holz. Ich erstarre, es kribbelt mir am Haaransatz.
    Als ich nur noch meinen eigenen Atem höre, taste ich mich weiter durch den Raum, bis ich an der am weitesten von der Treppe entfernten Ecke mit den Zehen gegen die Wand stoße. Ich ziehe einen schweren Vorhang zurück und krieche dahinter. Staub dringt mir in Mund und Nase. Schließlich fühle ich die rauen Holzbretter der Tür, die mich in den Tunnel zum Wald führen wird.
    Der Riegel klemmt, plötzlich weiß ich nicht mehr, was ich erwartete, hier unten zu finden.Vielleicht hoffte ich, dass Schwester Tabitha die Tür unverschlossen gelassen hätte. Vielleicht, dass sie durch meine Willenskraft allein aufspringen würde. Stattdessen lege ich den Kopf an das Holz und drücke mein Ohr dagegen, als ob ich auf der anderen Seite etwas hören könnte. Als ob die Tür selbst mir ihre Geheimnisse zuflüstern könnte. Was haben diese Wände wohl schon gesehen? Wie war es hier, als die Rückkehr zuschlug? Ob sie wussten, was kommen
würde? Ob sie vorbereitet waren? Existierte dieses Dorf vor der Rückkehr überhaupt oder wurde es als Zufluchtsort geschaffen? Als ein vor der Welt verborgenes Refugium?
    Aber die Wände geben nichts preis, sie vertrauen mir ihre Geheimnisse nicht an und um mich herum ist alles still, sogar meine eigenen Atemzüge werden von dem Vorhang gedämpft, der mich vom Rest des Raumes trennt. Meine Augen brennen von der Schlaflosigkeit, meine Glieder sind schwer. Dieser Ort ist wie ein Kokon, in dem ich für immer bleiben möchte. Damit ich Harry nicht gegenübertreten muss. Damit ich mich nicht mehr fragen muss, ob Travis mich holen wird. Damit ich mich den Schwestern nicht fügen muss und mir nicht eingestehen, dass ich mich in ihnen getäuscht habe.
    Ich taste über die schartigen Eisenstreben, von denen die Bretter zusammengehalten werden, und suche nach Schwachstellen, die es nicht gibt. Meine Finger gleiten über die Scharniere, und plötzlich ist meine Haut von dem Fett verschmiert, mit dem im Münster die Türen am Quietschen gehindert werden.
    Auf einmal will ich nur noch in mein Bett und meine letzte Nacht allein genießen, ehe ich an Harry gebunden werde. Meine letzte Nacht, in der ich schmachten und von Travis träumen darf. Ich gehe weg von der Tür, stoße den Vorhang von meinen Schultern und wische mir die dreckigen Hände daran ab, da kommt mir die Idee, wie ich es anstellen muss. Wie ich zum Tunnel und den versteckten Räumen dahinter Zugang bekomme.

    Sofort bin ich hellwach, ich nehme die Kerze, die vor mir auf dem Boden steht. Ihre Flamme flackert im Takt meines Herzschlags, die dunklen Schatten am Rande ihres Scheins pulsieren. Mit zitternden Fingern taste ich über die Holzregale auf der Suche nach brüchigen Stellen. Schließlich treffe ich auf die Splitter eines durchgebrochenen Bretts, das ich packe. Ich zerre an dem Holz, bis es knackt und bricht und ich mit einer langen, schmalen Latte in der Hand dastehe.
    Und dann stochere ich weiter an den Regalen herum, bis ich noch ein Stück Holz finde, ein dickeres, das ich als Hammer nutzen kann. Damit gehe ich zur verborgenen Tür zurück. Einmal tief Luft holen, und dann ramme ich die Latte unter den Bolzen, der die Tür in ihrem oberen Scharnier hält, und klopfe mit dem zweiten Holzstück gegen das andere Ende. Den Vorhang behalte ich fest um die Schultern geschlungen, hoffentlich dämmt der Stoff das dumpfe Hämmern.
    Zuerst will sich der Bolzen nicht von der Stelle rühren, ich muss fester klopfen, und wenig später schlage ich meinen Hammer mit ganzer Kraft gegen die Latte, und mir ist der Lärm, den ich dabei mache, völlig gleichgültig.
    Ich merke, wie sich der Bolzen aus der Führung löst und anfängt zu wackeln, dann zerre ich mit den Fingern und nehme den Saum meines Nachthemds zu Hilfe, um das glatte Metall fester packen zu können. Mit einem letzten Ruck kommt der Bolzen frei

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