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The Forest - Wald der tausend Augen

Titel: The Forest - Wald der tausend Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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Dass ich ihn schon mit den Wächtern gegangen war und ihn gesichert hatte.«
    Er holt aus, als ob er den Stein in den Wald schleudern wollte, überlegt es sich aber im letzten Moment anders. »Ich habe sie hinter mir her geschleift. Ich habe sie auf den Pfad zerren wollen, als es anfing zu regnen. Ich dachte, wenn wir warten, bis es dunkel wird … dann könnten wir uns vielleicht an ihnen allen vorbeischleichen. Aber wir waren erst ein paar Meter vom Haus entfernt, als die Schnelle sie gepackt hat. Ich dachte, der Regen würde sie uns vom Leib halten. Und uns bliebe genug Zeit, um es zu schaffen. Aber ich hatte nicht mit der Schnellen gerechnet. Bei dem Durcheinander, bei dem Geschrei und dem Kreischen und Kämpfen... habe ich sie nicht kommen hören. Ich habe sie von Beth losgerissen. Und, bei Gott, ich habe sie auf den nächsten lebenden Menschen geschleudert, weil ich gehofft habe, dass Beth damit in Sicherheit ist.«
    Ich schlinge die Arme um mich und stelle mir vor, wie das für Jed gewesen sein muss. Stelle mir vor, ich wäre verantwortlich dafür, dass sich der Mensch ansteckt, den ich am meisten liebe.
    »Dann konnten wir nichts mehr machen.« Seine Stimme ist leise, klingt niedergeschlagen. »Die Leute auf den Plattformen in der Nähe des Hauses – Leute, die wir ein Leben lang gekannt haben – sahen, wie Beth angegriffen wurde. Und sie fingen an, sie mit Pfeilen zu beschießen.
Sie haben versucht, sie zu töten. Also konnten wir nicht zurück. Und das Blut aus ihrer Wunde zog die langsamen Ungeweihten an. So konnten wir gerade noch das Tor erreichen.«
    Er kämpft darum, ruhig zu atmen, sein Schluchzen zu unterdrücken – und ich wünsche mir nichts mehr, als ihn im Arm zu halten und seinen Schmerz und sein Elend wegzuwischen.
    Aber ich tu es nicht. Ich stehe an Beths Grab und starre hinaus in den Wald und denke darüber nach, wie es angehen kann, dass wir auf den Tod niemals wahrhaft vorbereitet sind. Wie können wir immer vom Tod umgeben sein, an ihn erinnert werden und wissen, dass ein Fehler zu einer Infektion führen kann – und wenn er dann kommt, sind wir dennoch nicht bereit? Wir haben immer noch zu viel zu bereuen.
    »Ich hatte keine Wahl«, sagt er schließlich, so als wollte er die Absolution von mir. »Ich konnte sie nicht eine von denen werden lassen, konnte die Vorstellung von ihr dort im Wald nicht ertragen.«
    »Ich weiß«, sage ich. Ich denke an unsere Mutter und die Wahl, die sie getroffen hat, die Wahl, die ich sie treffen ließ.
    »Das war das Schwerste, das ich je getan habe.«
    »Ich weiß«, sage ich noch einmal, denn mir fällt nichts ein, was ich sonst sagen könnte.
    Jed nickt, drückt meine Schulter und geht den Pfad entlang zu den anderen, die das Lager aufschlagen. Ich bleibe zurück und denke über meine Lüge nach.

    Weil ich an Entscheidungsfreiheit glaube und nicht akzeptiere, dass alles in Gottes Hand liegen soll, glaube ich auch nicht an ein göttliches Eingreifen oder Vorsehung. Ich kann nicht glauben, dass unsere Wege vorbestimmt sind und wir in unserem Leben keinen eigenen Willen haben. Ich glaube nicht, dass wir keine Wahl haben.

    Am nächsten Morgen geht die Sonne eigentlich gar nicht auf, sie sickert durch den Dunst um uns herum. Die Luft hat eine schwere Feuchte, die unsere Haut mit Schweiß bedeckt. Obwohl wir weitermüssen an diesem Morgen, rührt keiner sich von der kleinen Lichtung, auf der wir die Nacht verbracht haben. Cass nimmt einen kleinen Schluck aus dem Wasserschlauch und reicht ihn weiter. Er fühlt sich leer an in meinen Händen.
    Seit dem Durchbruch sind drei Tage vergangen. Wir sind wütend, ängstlich und unglücklich.
    »Wir sollten umkehren«, sagt Cass.
    Neben mir stößt Harry den Atem aus, als hätte er die Luft angehalten. Argos liegt bei mir, mit dem Kopf auf meinem Knie. Ich lasse die Hand über seine Seite gleiten, die Rippen stehen hervor. Lethargisch klopft sein Schwanz auf den Boden.
    »Das Wasser reicht nicht, um weiter so ziellos rumzulaufen«, fährt Cass fort. »Ohne Wasser können wir nicht leben. Wir können auch nicht hoffen weiterzukommen und einfach beten, dass es wieder regnet.«

    Der Tag hat gerade erst angefangen und schon könnte ich mit dem Schweiß aus meinem Hemd einen der Wasserschläuche füllen. Jedenfalls kommt es mir so vor.
    »Vielleicht sollten wir nach Wasser suchen«, schlägt Travis vor.
    »Wir müssen umkehren«, sagt Cass. Ihre Worte sind so präzise gesetzt, als hätte sie dieses Gespräch schon viele

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