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The Haunted

The Haunted

Titel: The Haunted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Verday
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schon vermisst gewesen war. Aber dieses Jahr war es anders.
    Ich schlüpfte in ein Paar Schuhe und ein Sweatshirt, dann ging ich zum Schrank und holte mir eine Decke. Ich wollte zum Friedhof und das Gras dort war vielleicht noch feucht.
     
    Eine Stunde später fand mich Caspian.
    »Woher wusstest du, wo ich bin?«, fragte ich ihn, ohne von Kristens Grab aufzublicken.
    »Ich weiß nicht, ich habe es einfach gespürt. Als du nicht bei der Brücke warst, bin ich hierher gekommen. Wahrscheinlich weckst du meinen siebten Sinn.«
    Ich wusste, dass er mich zum Lachen oder wenigstens zum Lächeln bringen wollte, aber ich war nicht in Stimmung dafür.
    »Hey«, meinte er. »Was ist los? Ist gestern Abend etwas passiert?«
    Ich sah ihn an. »Im Kino? Nein, der Abend war ganz nett. Ich hatte nur einen schlimmen Traum von Kristen und …« Auf dem Weg neben uns fuhr langsam ein Auto heran. Ich hörte zu reden auf und versuchte, wie ein ganz normaler Teenager auszusehen, der allein neben einem Grabstein sitzt.
    Als ob das normal gewesen wäre …
    »Sollen wir uns unter die Brücke setzen?«, fragte Caspian leise. »Ich glaube, dort sind wir ungestört.«
    Ich nickte, stand auf und faltete beim Gehen die Decke zusammen. Zielstrebig liefen wir an der Kirche vorbei.
    »Einen Moment noch«, sagte ich zu Caspian, als wir die Brücke erreicht hatten. »Lass mich kurz was nachsehen.« Ich ließ die Decke fallen und ging zu der Stelle, an der Kristen und ich immer gesessen hatten. Dort hielt ich mich an dem Stützpfosten fest, nutzte ein paar Unebenheiten im Zement als Halt für die Füße und kletterte hoch, direkt unter die Brücke. »Komm«, rief ich Caspian leise zu. »Wir können uns hier oben hinsetzen.«
    Er kletterte mir nach, während ich mich auf einem Stützbalken niederließ. An der Vorderseite war ein weiterer Balken eingezogen worden, sodass der Brückenbogen nicht mehr ganz offen war und der Abstand zur Wasseroberfläche auch nicht mehr so groß wie früher, als Kristen und ich hier gesessen hatten. Aber es war noch immer ziemlich hoch.
    Caspian klemmte sich neben mich und einen Moment lang verschwand sein Knie in meinem. »Entschuldige«, sagte er und zog das Bein weg. Ich zuckte nur mit den Schultern und sah auf den Fluss hinab. Meine düstere Stimmung kehrte wieder zurück.
    »Also, was war das für ein Traum?«, fragte er.
    »Es war ein verrückter Geburtstagstraum mit Kristen. Aber diesmal kam auch ihr Bruder Thomas darin vor.«
    Er wartete darauf, dass ich weitererzählte. Kein einziges Mal drängte er mich, schneller zu machen. Das gefiel mir. »Heute ist Thomas’ Geburtstag«, fuhr ich fort. »Ich glaube, deshalb kam er auch in dem Traum vor.«
    »Okay.«
    Nur ein Wort. Nur ein schlichter Laut. Trotzdem bewirkte er, dass sich etwas in mir löste. Plötzlich sprudelte es nur so aus mir heraus. »Seit seinem Tod haben Kristen und ich jedes Jahr seinen Geburtstag gemeinsam verbracht. Aber letztes Jahr sind wir nicht dazu gekommen, weil sie … weil sie da schon verschwunden war. Und dieses Jahr habe ich sogar ihren Geburtstag verpasst, weil ich bei Tante Marjorie war. Kristen hat am fünften Mai Geburtstag.«
    Caspian beobachtete mich nur mit großen Augen und hörte mir geduldig zu.
    »Ich fühle mich schrecklich«, sagte ich. »Ich meine, ich habe an sie gedacht und ich habe ihr einen Brief geschrieben. Ich habe sogar Happy Birthday für sie gesungen, bevor ich in jener Nacht ins Bett gegangen bin. Aber ich war nicht hier. Nicht bei ihr.«
    »Ich bin mir sicher, sie wusste, dass du in Gedanken bei ihr warst«, sagte Caspian.
    »Vielleicht.« Ich bohrte mit einem Finger in den Stoff meiner Jeans und fuhr irgendwelche Muster auf meinem Bein nach. »Aber vielleicht auch nicht. Vielleicht hatte ich deshalb diesen Traum. Weil sie sauer auf mich ist oder so.«
    Caspian schüttelte den Kopf. »Nein. Ich weiß, dass sie das nicht ist.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte ich. »Sie läuft ja hier nicht gerade jeden Tag herum, sodass wir sie fragen könnten.«
    »Ich weiß es wegen der besonderen Freundschaft, die ihr hattet. Ich habe es damals sofort gemerkt.«
    »Ach ja?«
    Er wirkte ein bisschen verlegen. »Ich hab dir doch schon mal erzählt, dass ich euch öfter hier auf dem Friedhof gesehen habe, und manchmal … manchmal bin ich hinter euch hergelaufen.«
    Ich musterte ihn eingehend, fasziniert von seinem Geständnis.
    »Ich meine, ich habe euch nicht über die Schulter geguckt oder so«, fuhr er fort. »Aber

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