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The Hollow

The Hollow

Titel: The Hollow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Verday
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ist, warum Washington Irving in dieser Stadt so vergöttert wird.«
    Ich war verblüfft. »Wir verehren Washington Irving, weil er zum einen so ein unglaublicher Erzähler war. Er hat seine Geschichten mit Leben und Fantasie erfüllt. Er hat dies und das von echten Menschen und von echten Orten übernommen und es mit dieser wunderbaren amerikanischen Volkssage verwoben, die ihn um verdammt viele Jahre überlebt hat. Wenn man in Hollow lebt, dann kommt man nicht umhin, das zu würdigen. Das ist jedenfalls meine Meinung.«
    Ich starrte auf meine Füße, als ich merkte, was für eine Tirade ich da losgelassen hatte. Na toll, jetzt würde er mich vermutlich für eine schwärmerische Irre halten. Sehr eindrucksvoll, Abbey. Irre eindrucksvoll.
    Stattdessen reagierte er ganz unerwartet. Er klatschte in die Hände. »Bravo, Abbey. Hast du schon mal dran gedacht, für ein Amt zu kandidieren?«
    Ich zog eine Grimasse. »Tut mir leid. Habe ich übertrieben? Meine Eltern sind im Stadtrat und manchmal gehe ich zu den Versammlungen und lasse mich von dem geballten Lokalpatriotismus anstecken. Ich bin nicht fanatisch oder so was, ich finde nur ein paar von den Dingen, die man so hört, ganz vernünftig.« Ich zuckte mit den Achseln. »Du weißt schon, als zukünftige Ladenbesitzerin hier und so …«
    Er lächelte mich an. »Du solltest dich nie für etwas entschuldigen, woran du glaubst, Abbey. Ich habe das ernst gemeint. Du wärst eine echt gute Politikerin.«
    »Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Ich würde nie im Leben eine Politikerin sein wollen. Menschenmengen machen mir totale Angst. Und Reden halten? Ich habe in der Schulaufführung in der vierten Klasse nicht mal drei Sätze geschafft, weil ich vor lauter Nervosität ständig brechen musste … und irgendwie habe ich den Eindruck, dass die Öffentlichkeit es nicht begrüßen würde, jedes Mal ihre Kleidung reinigen lassen zu müssen, wenn ich eine Rede halte.« Bei dieser Vorstellung musste ich so kichern, dass mir buchstäblich die Tränen kamen.
    Doch dann hatte ich Angst, ich könnte wie eine lachende Hyäne wirken, und gab mir die größte Mühe, mich zusammenzunehmen. Bloß keine weiteren Peinlichkeiten. Glücklicherweise lachte Caspian ebenfalls.
    »Aber nicht alle Stadtversammlungen sind interessant«, betonte ich, froh, ein anderes Thema gefunden zu haben. »Eigentlich sind sie meistens sogar ziemlich langweilig. Wenn es um Bauvorhaben geht, um Rasenbewässerungsvorschriften oder um Bodenschwellen zur Geschwindigkeitsbegrenzung, schalte ich ab. Dann geh ich raus und laufe durch die anderen Räume. Die Versammlungen finden immer im Museum statt, da kann ich mir meine eigene Führung machen.«
    »Was wird da ausgestellt?«, fragte er und beugte sich näher zu mir. »Alte Artefakte oder Zeitungen oder was?«
    Ich versuchte, mir das Angebot des Museums vor Augen zu führen. »Es gibt so ziemlich von allem etwas, Dinge, die man gefunden hat – Tonscherben, alte Zinnkrüge, abgefeuerte Kanonenkugeln, Spinnräder –, bis hin zu Kleidungsstücken aus verschiedenen Epochen. Ein Teil der Ausstellung beschäftigt sich ausschließlich mit der Ahnenforschung von Sleepy Hollow. Wer hier geboren wurde, wie die Familien untereinander geheiratet haben. Dazu gehören jede Menge Familienbibeln und alte Zeitungsausschnitte.« Ich war mir nicht sicher, was er mit Artefakten und Zeitungen gemeint hatte. »Falls du jedoch aktuelle Zeitungen der Stadt meinst, die werden alle in der Bibliothek archiviert.«
    Wir schwatzten noch eine Stunde lang über alles und nichts und manchmal verfielen wir in Schweigen, das nur von dem gelegentlichen Zwitschern der Vögel unterbrochen wurde.
    In eine dieser Schweigephasen hinein ertönte mein Handy und um uns herum war das Echo des Klingeltons zu hören. Als ich auf dem Display sah, dass es Mom war, schaltete ich auf die Mailbox um. Wenn es etwas Dringendes war, würde sie eine Nachricht hinterlassen.
    Als ihre Nummer vom Display verschwand, sah ich auf die Uhr, ob es schon Mittagszeit war. Wie auf ein Stichwort fing mein Magen an zu knurren. »Hast du … hast du Lust auf ein Stück Pizza oder so was?« Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. Meine Schüchternheit war noch nicht ganz verflogen.
    Er zögerte und stand auf. »Abbey, es tut mir leid, aber ich muss gehen. Ich muss heute Nachmittag etwas erledigen.«
    Ich war ganz cool. Ich war ganz ruhig. »Klar, kein Problem. Vielleicht ein anderes Mal. Eigentlich müsste ich auch los, ich muss noch

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