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The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)

The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)

Titel: The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Klavan
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Freundinnen. Ihre Haare hatten einen ziemlich normalen goldblonden Farbton, sie waren lockig und etwa schulterlang, umrahmten ihr Gesicht in Wellen und kleinen Ringeln. Ihre Augen waren blau, ihre Gesichtszüge sanft und regelmäßig, und in dem knielangen Rock und dem rosa Pullover, den sie trug, hatte sie eine anmutige Figur. Aber da war mehr, etwas, das dafür sorgte, dass ich sie durch den Vorhang anstarrte und immer nervöser wurde, je näher der Moment rückte, in dem ich hinausgehen und vor ihren Augen meine Karatestellungen vorführen würde.
    Ich glaube, es lag einfach daran, dass sie so nett war. Man konnte es sehen, wenn sie lächelte, konnte es hören, wenn sie redete. Marissa und Tracy – sie waren nicht etwa gemein oder so, aber sie waren einfach nicht wie Beth. Beth war immer freundlich und interessiert an dem, was man sagte. Sie gab einem das Gefühl, der einzige Mensch auf der Welt zu sein, der ihr wichtig war. Zudem hatte ich noch nie gehört, dass sie etwas Gemeines gesagt hatte, nicht ein einziges Mal. Zu niemandem, nicht einmal zu ihrem kleinen Bruder Arthur, der eine absolute Nervensäge war und es verdient gehabt hätte.
    Ich weiß, ich rede viel zu viel über sie. Aber sie war wirklich nett. Und das machte sie schön, noch schöner als die anderen. Ich stand also hinter dem Vorhang, linste durch den Spalt nach draußen und starrte sie an, wie so ein großer dummer Hund, oder jedenfalls wie irgendein großes dummes Etwas. Und je länger ich sie anstarrte, desto nervöser wurde ich. Ich hatte nämlich diesen schleichenden Verdacht, dass ich auf die Bühne gehen und mich direkt vor ihren Augen zum totalen Deppen machen würde. Ich spürte es einfach: Ich hatte keine Zeit gehabt zu üben und ich würde irgendeinen blöden Fehler machen, oder meine Hose würde aufreißen, oder ich würde unbeholfen auf dem Hintern landen. Und ich konnte mir schon vorstellen, wie sie mich ansehen würde, nett natürlich, aber mit Mitleid in den Augen. Sie würde mich bemitleiden, während alle ihre Freundinnen und die anderen um sie herum sich kaputtlachten.
    Mit einem Mal erwachte ich aus meiner Trance. Direktor Woodman hatte bereits angefangen, mich vorzustellen, was allerdings nicht bedeutete, dass ich sofort loslegen musste. Woodman sagte nie etwas mit nur einem Wort, wenn er es auch mit zehn Worten sagen konnte. Außerdem stammelte er, sodass sich jedes Wort ohnehin wie zehn Worte anhörte. Und er sagte nie etwas direkt beim ersten Mal, sondern musste immer noch einmal von vorn anfangen und sich korrigieren. Also hatte ich wohl noch mindestens ein paar Sekunden. Ein paar Sekunden, bis ich da rausging und mich vor Beth und all den anderen zum Affen machte.
    »Heute erwartet uns eine kleine Verwechslung«, sagte Direktor Woodman. »Ich meine, eine kleine Abwechslung, eine Abwechslung.« Er war ein großer, dünner und blasser Mann mit schütteren rötlichen Haaren und einem permanenten dämlichen Lächeln im Gesicht. Wenn er redete, wippte er hinter dem Pult vor und zurück, wie ein Pflänzchen im Wind. »Unser Harley – Charlie, was rede ich denn da, warum habe ich Harley gesagt? – Charlie, Charlie West ist heute hier, wie immer – ich meine, natürlich ist er immer hier, er geht ja hier zur Schule, aber heute hat er eine kleine Verwechslung für uns. Er wird – nicht Verwechslung, warum sage ich denn immer Verwechslung? Jedenfalls, er ist heute hier, um Judo vorzuführen.« Er blickte über die Schulter zum Spalt im Vorhang, hinter dem ich stand. »Oder ist es Karate, Charlie? Karate. Nicht Judo. Er wird also Karate vorführen, als kleine Ver…«
    Den Rest spare ich mir. Es ging noch ein paar Minuten so weiter. Und mit jedem Wort spürte ich, wie meine Schmetterlinge mehr und mehr verrücktspielten und sich meine Muskeln so sehr anspannten, dass ich glaubte, gleich zitternd wie eine gezupfte Saite auf der Bühne zu stehen. Ich versuchte, mich abzulenken, indem ich mich bereit machte. Ich zog die drei schweren Ziegelsteine näher an meine Füße heran. Dann drückte ich die Ellbogen zurück und streckte die Schultern, zwang mich, tiefe Atemzüge zu nehmen: ein und aus, ein und aus.
    Endlich sagte Woodman: »Hier ist er also – Harley – Charlie West.«
    Lauter Applaus, einige riefen Bravo. Ich nahm zwei der Ziegelsteine, einen in jede Hand, und trug sie hinaus auf die Bühne.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich die Steine auf dem Boden platziert hatte. Ich stellte sie ganz rechts auf, direkt vor

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