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The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)

The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition)

Titel: The Homelanders, Band 1: The Homelanders - Stunde Null (Bd. 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Klavan
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Magen bebte, und Übelkeit stieg in mir auf wie ein Rauchschwaden, der zur Decke wabert. In der Sekunde, als der Gedanke des Scheiterns in meinem Kopf auftauchte, hätte ich den Ablauf ändern und das große Finale auslassen sollen. Ohne Selbstvertrauen kann man nicht mit der Faust durch den Ziegel schlagen. Das ist unmöglich. Und wie hätte ich mit einem solchen Gedanken im Kopf Selbstvertrauen haben sollen?
    Ich zwang mich, diesen Gedanken zu verdrängen. Es gelang mir auch, aber ich wusste, dass er trotzdem noch da war, direkt unter der Oberfläche. Doch es kam nicht infrage, jetzt den Ablauf zu ändern und aufzugeben.
    Nicht jetzt, da alle zusahen.
    Da Beth zusah.
    Ich blieb noch eine Sekunde stehen, ließ den Atem aus meinem Körper strömen und hoffte, er würde den Gedanken ans Scheitern mit sich reißen. Dann startete ich die letzte Sequenz.
    Alles schien gleichzeitig schnell und langsam zu geschehen. Ich konnte spüren und sehen, dass ich mich mit unaufhaltsamer Geschwindigkeit bewegte, aber mein Geist war so sehr auf jeden einzelnen Augenblick fokussiert, dass es sich irgendwie anfühlte wie in Zeitlupe. Wie ein Film, dessen einzelne Bilder mit quälender Langsamkeit ablaufen. Jeder Tritt, jeder Schlag und jeder Schritt trug mich weiter und weiter über die Bühne, immer näher an die Ziegelsteine heran. Dann stieß ich mich vom Boden ab und segelte die letzten paar Zentimeter durch die Luft, die rechte Faust an den Körper gezogen und fest in die Seite gepresst, bereit, nach unten zu explodieren, wenn ich auf die Erde und auf den Ziegelstein hinunterfallen würde.
    Ich schrie, bevor ich daran dachte zu schreien. Das brüllende Kiai! sprang aus meiner Mitte heraus wie ein Tiger aus dem Käfig. Ich sah das Grau des Ziegels auf mich zurasen. Mein Geist eilte ihm entgegen, ging durch ihn hindurch. Und im selben Moment berührte mein Knie den Boden, meine Faust sauste von der Seite hervor, drehte sich in meinen Fokus hinein, auf die andere Seite des Ziegelsteins.
    An das Aufeinandertreffen von Haut und Stein kann ich mich nicht mehr erinnern. Es war, als sei ich so sehr mit dem Augenblick verschmolzen, dass ich es nicht mehr sehen konnte. Das Nächste, was ich sah, waren Steinbrocken, die an meinem Gesicht vorbeiflogen, als der entzweigeschlagene Ziegelstein zu beiden Seiten meines ausgestreckten Arms krachend zu Boden fiel.
    Nur langsam drang der Rest der Welt wieder in mein Bewusstsein.
    Ich hatte es geschafft.
    Ich zog mich wieder nach oben, hinaus aus diesem letzten Schlag und hinein in die Bewegungen des Abgrüßens. Ich nahm erneut die Ausgangsstellung ein: Füße zusammen, Arme vor dem Körper angehoben, die rechte Faust von der linken Hand kurz unterhalb des Kinns umschlossen. Kraft durch Selbstdisziplin. Ich war fertig.
    Dann erst sah und hörte ich sie, die Schüler und Lehrer in der Aula. Sie waren alle aufgestanden und klatschten wie wild. Einige der Jungs reckten die Fäuste in die Luft, einige der Mädchen hatten die Hand vor den Mund gelegt. Und dann klatschten, schrien und jubelten alle, als ich vor ihnen stand und meinen Atem unter Kontrolle brachte.
    Ich ließ meine Augen ein klein wenig nach rechts wandern, gerade genug, um einen kurzen Blick auf sie zu werfen. Beth hatte beide Hände vor ihren geöffneten Mund gelegt. Noch eine oder zwei Sekunden lang waren ihre Augen vor Angst und Schrecken weit aufgerissen, als warte sie noch immer darauf, was passieren würde, wenn ich den Ziegelstein traf. Aber dann ließ sie die Hände sinken und atmete erleichtert aus. Sie lachte. Die Angst und der Schrecken wichen aus ihren Augen, und etwas anderes erschien dort, etwas, das ich nicht beschreiben kann, das mich aber durchströmte wie ein warmer Fluss.
    Schließlich applaudierte auch Beth, schüttelte vor Verblüffung den Kopf, lachte und klatschte, wandte den Blick von mir ab und schaute zu Marissa und Tracy, die genau wie sie fassungslos den Kopf schüttelten.
    Langsam ließ ich die Hände aus der Ausgangsstellung an den Seiten nach unten sinken. Ich nickte verlegen mit dem Kopf, um mich für die Jubelrufe zu bedanken.
    Nicht schlecht, Charlie , dachte ich bei mir.
    Das Publikum klatschte und jubelte weiter, genauso wie Beth weiter klatschte und jubelte, noch eine ganze Weile, wie mir schien.
    Es war einfach nur ein Tag. Nur ein weiterer gewöhnlicher Septembertag.
    Aber jetzt erinnerte ich mich daran.
    Genau dieser Moment blitzte in meinem Gedächtnis auf, der Moment, als ich auf der Bühne stand

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