The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)
Richtung. In ein paar Sekunden würde er nah genug sein, um mich im Lichtschein zu entdecken.
Aber ich konnte nicht weg. Das Große Sterben … Ich musste herausfinden, was damit gemeint war. Auf jeden Fall hörte es sich nicht gut an.
»West und Orton sind aber auch Teil dieses Plans«, erwiderte Waylon. »Das ist letztendlich ihr Zweck.«
»Sicher«, bestätigte Prince. »Aber selbst wenn wir sie verlieren, selbst wenn wir alle verlieren und ich es ganz allein durchziehen muss, das Große Sterben ist nicht mehr aufzuhalten. Die Weichen sind gestellt. Komme, was wolle, es wird das neue Jahr des Teufels einläuten. Dafür werde ich persönlich sorgen, wenn es sein muss.«
Der Wachmann kam immer näher.
»Was soll das bedeuten, die Weichen sind gestellt?«, wollte Sherman wissen.
»So gut wie.«
»Was ist mit dem C.O.?«
»Wir bekommen es von den Russen. Es ist alles arrangiert.«
»Wann? Wann bekommen wir es?«
»Bald.«
»Wie viel?«
»Sechs Kanister.«
»Sechs …«
»Das ist mehr als genug. Sechs Kanister können von einem einzelnen Mann getragen werden. Es ist also nicht aufzuhalten, selbst wenn nur noch ich allein übrig bin.«
Waylon entgegnete etwas in der fremden Sprache, das sich anhörte wie ein Fluch.
Ich musste unbedingt mehr erfahren. Aber mir blieb keine Zeit, ich musste zurück in meine Baracke. Schon jetzt könnte der Wachmann mich über die freie Fläche sprinten sehen.
Ich wollte gerade losrennen, als mich eine Hand an der Schulter packte.
9
L ETZTE C HANCE
Als ich die Augen öffnete, war alles verschwunden – das Gelände, die Baracken, die Wachen. Nein, nicht alles. Die Hand auf meiner Schulter war noch da.
Verwirrt drehte ich den Kopf zur Seite und sah kräftige Finger, die sich schmerzhaft in mein Fleisch krallten.
Dann schaute ich hoch in das sadistische Gesicht von Chuck Dunbar, dem Hofkönig.
»Aufwachen, Dreckstück«, schnauzte er.
Angst ergriff mich und mit einem Mal war ich hellwach. Wo war ich? Was war los? Ich versuchte, nachzudenken, mich zu erinnern …
Die Kantine. Abendessen. Die Hakenkreuz-Typen und ihr Fluchtplan …
Ich hatte wieder eine Erinnerungsattacke gehabt und war vor Schmerzen zusammengebrochen. Das bedeutete, ich musste jetzt …
Ich schaute mich um. Ja, ich war auf der Krankenstation, in einem engen, rechteckigen Raum mit grün gestrichenen Ziegelwänden. An der einen waren schmale Liegen aufgereiht. Außer mir lagen nur noch zwei andere Häftlinge hier. Am anderen Ende des Raums war ein Beobachtungsfenster, aber die Kabine dahinter war leer. Die anderen beiden Häftlinge hatten sich umgedreht.
Niemand schaute zu mir herüber, niemand beobachtete mich – genau so, wie Dunbar es gernhatte.
Verächtlich schaute er auf mich herab, seine Augen funkelten boshaft.
»Was wollen Sie?«, fragte ich mit belegter Stimme.
Mit seiner freien Hand packte Dunbar mich am Kragen, riss mich hoch und kam mit seinem Gesicht ganz nah an meines heran. Sein Atem roch nach Essen und Bier.
»Warum bist du hier auf der Krankenstation?«, fragte er mich mit seiner rasselnden Stimme.
»Was meinen Sie? Was …«
Er schüttelte mich heftig, und ich verstummte. »Hast du irgendein Problem? Bist du irgendwo verletzt worden?«
»Nein, ich …«
»Ich würde nämlich nur ungern hören, dass du auf meinem Hof verletzt worden bist«, rasselte Dunbar. »Ich würde auch nur ungern hören, dass du in meinem Anbau verletzt worden bist.«
Jetzt verstand ich. Er hatte Angst, ich könnte reden, ihn verraten und jemandem erzählen, dass er mich zusammengeschlagen hatte.
»Lassen Sie mich los«, verlangte ich und packte ihn am Handgelenk.
»Und wenn nicht?«, erwiderte er, stieß mich aber grob auf die Matratze zurück.
Ich fuhr mir mit der Hand durchs Gesicht, um wieder klar zu werden. Meine Gedanken schwebten noch immer in einer nebulösen Sphäre zwischen Gegenwart und Vergangenheit.
»Sag schon. Was hast du ihnen erzählt?«
»Hören Sie …«, fing ich an.
Er schlug mir mit der flachen Hand auf die Schläfe.
»Verschwende nicht meine Zeit,West. Ich will wissen, was du ihnen erzählt hast!«
Ich blickte auf und schaute in dieses fiese, wulstige Gesicht. Ich wurde nicht gerne geschlagen, und es gefiel mir ganz und gar nicht, dass er mir einfach so eins verpassen konnte, ohne dass es irgendwelche Konsequenzen für ihn hatte. Er war ein brutaler Schläger, weiter nichts. Ein Schläger, der wusste, dass er hier in der Hölle von Abingdon die Macht hatte.
Ich
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