The Homelanders - Im Visier des Todes (Bd. 4) (German Edition)
konnte die Verachtung in meiner Stimme nicht unterdrücken. »Ich bin nicht hier, um Sie zu verraten, Dunbar.« Langsam und unter Schmerzen setzte ich mich im Bett auf. »Nicht nötig, so feige zu sein …«
Das traf einen Nerv. Die Wahrheit trifft bei Typen wie Dunbar immer einen Nerv. Wieder packte er mich am Kragen, riss mich hoch und hielt mein Gesicht dicht vor seine zornigen Augen. »Hör mir gut zu, West. Ich schwöre dir, wenn du auch nur ein Mal das Maul aufmachst, nur ein Mal, dann finden sie deinen zerschlagenen Körper …«
»Ich sagte, Sie sollen mich loslassen!«
Zu wütend, um mich zu beherrschen, schlug ich seine Hand weg und fiel zurück auf das Kissen.
Dunbar schaute mich überrascht an. Er hatte nicht damit gerechnet, dass ich mich gegen ihn wehren würde, dass es überhaupt ein Häftling wagte, ihm Paroli zu bieten. Trotzdem grinste er.
»Vorsicht, West«, flüsterte er sehr leise und bedrohlich.
»Jetzt hören Sie mir zu«, verlangte ich. »Wenn Sie michdas nächste Mal in Ihren verkommenen Anbau schleppen und Ihre Wachen draußen auf dem Hof warten, um Ihnen zu helfen, damit ich mich nicht wehren kann, können Sie so lange auf mich einprügeln, wie Sie wollen. Aber wenn Sie es noch einmal wagen, mich hier auf der Krankenstation anzufassen, werde ich dafür sorgen, dass Sie auch hier liegen, so wahr mir Gott helfe.«
Seine Augen weiteten sich erst vor Überraschung und verengten sich dann vor Zorn. So hatte bestimmt noch kein Häftling mit ihm geredet.
»Es wird dir noch leidtun, dass du das Maul so weit aufgerissen hast, Dreckstück«, drohte er. »Ich habe dir gesagt, ich würde dich zu meinem Hobby machen. Erinnerst du dich?«
»Ja.«
»Vergiss es. Ich werde dich zu meiner ganz besonderen Herausforderung machen.Wenn du glaubst, jemand könnte dich vor mir schützen, irrst du dich. Niemand kann das. Wenn ich beschließe, dir eine Lektion zu erteilen, wird niemand es sehen, niemand wird es erfahren und niemand wird ein Wort sagen. Du wirst einfach unsichtbar sein.«
Dann grinste er und wandte sich zum Gehen.
Ich war froh, ihn von hinten zu sehen. Aber bevor er die Tür erreichte, packte mich eine erneute Erinnerungsattacke – genauso brutal, genauso plötzlich und real –, aber sie dauerte nur eine einzige Sekunde. Ein Aufblitzen, wie der Bruchteil einer Erinnerung. Der Moment da draußen in der Dunkelheit auf dem Gelände der Homelanders, als ich die Unterhaltung belauscht hatte. Ich erinnerte mich an die Stimme von Prince …
Das Große Sterben!
»Dunbar!«, rief ich. Sein Name kam aus meinem Mund, noch bevor ich darüber nachdenken konnte.
»Hast du was gesagt, Dreckstück?«
Gerade wollte ich antworten, als wieder eine Erinnerung aufblitzte. Die Nacht. Das Gelände. Die Stimmen im Haus. All die Bilder und Worte stürmten zu schnell auf mich ein, um sie zu verstehen. Aber ein Gedanke hob sich von allen anderen ab wie brennende Buchstaben auf einem verblassten Dokument.
Das Große Sterben ist nicht mehr aufzuhalten. Es wird das neue Jahr des Teufels einläuten.
»Ich muss zum Direktor«, sagte ich leise, eher zu mir selbst als zu Dunbar. »Ich muss sofort den Direktor sprechen.«
Dunbar kniff die Augen zusammen und zeigte mit dem Finger auf mich. »Wie lebensmüde bist du eigentlich, du dämlicher …?«
»Nein, es ist nicht Ihretwegen«, klärte ich ihn auf. »Es hat nichts mit Ihnen zu tun. Hören Sie, Dunbar. Es wird etwas Schreckliches passieren.«
Ich stand auf und starrte zu Boden, als die Gedanken, die Bilder und die Erinnerungen um mich herum aufflackerten und auf mich einströmten.
Das Große Sterben ist nicht mehr aufzuhalten … Selbst wenn ich es ganz allein durchziehen muss, das Große Sterben ist nicht mehr aufzuhalten.
Ich konnte kaum klar denken, aber ich wusste, was ich zu tun hatte. Ich musste die Puzzleteile zusammenfügen, denn Prince war entkommen. Die meisten Homelanders warenverhaftet worden, aber Prince und einige seiner Komplizen liefen noch immer frei herum.
Selbst wenn ich es ganz allein durchziehen muss …
Die Bosse von Rose in Washington irrten sich. Prince hatte das Land nicht verlassen. Die Bedrohung durch die Homelanders war noch nicht vorbei. Solange Prince lebte, solange er auf freiem Fuß war …
… das Große Sterben ist nicht mehr aufzuhalten …
… würde er alles daransetzen, das Große Sterben zu verwirklichen, was auch immer damit gemeint war. Prince würde es zu Ende bringen.
Ich musste irgendwem davon erzählen,
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