The Hood
wolle er in den Bergen um Ambleside wandern gehen. Er ist ein netter Bursche, aber er ist kein Detective. Sie lachen über etwas in der Morgenzeitung. Er nimmt Platz.
»Mit Merlin wird eines der bedeutendsten Gangmitglieder in der Geschichte der Stadt aus der Haft entlassen«, sagt Svensson. Alle am Tisch starren ihn an. Es riecht leicht angebrannt aus einer gläsernen Kaffeekanne, die in einer alten billigen Kaffeemaschine vor sich hin köchelt. »Wenn wir uns nicht richtig um ihn kümmern, werden Menschen sterben.«
»Er möchte zu einer Beerdigung gehen, die außerhalb des Gebietes stattfindet, in dem er sich aufhalten darf«, sagt ein ranghoher Beamter. »Wir haben beschlossen, ihn bei dieser Beerdigung gut im Auge zu behalten.«
»Sie verschwenden Ihre Zeit«, sagt Svensson, schließt die Augen und schüttelt den Kopf. Es gibt immer irgendwelche Beerdigungen, die man besuchen muss. Gangmitglieder werden erschossen oder rasen mit ihren Motorrädern gegen stehende Lastwagen. Für Merlin ist das doch nur ein Vorwand, sich mit einer Kontaktperson zu treffen, etwas in die Wege zu leiten. »Sie verschwenden nur Ihre Zeit.«
Das Observierungsteam geht bei der Beerdigung diskret in Stellung. Die Einheit setzt acht Fahrzeuge ein, die in Seitenstraßen versteckt warten und auf verschiedenen Funkkanälen in Verbindung bleiben. Merlin trifft ein. Er scheint sie nicht bemerkt zu haben. Zwischen den acht Fahrzeugen melden die Teams Merlins Aufenthaltsort auf unterschiedlichen Kanälen, behalten ihn problemlos im Auge. Und dann, etwa in der Mitte der Beerdigung, verlieren sie ihn. Er verschwindet einfach. Zwanzig Minuten später ist er wieder da.
Nach der Beerdigung geht Svensson zu Merlin. Er lässt Svensson keine Sekunde aus den Augen, fixiert ihn, verfolgt seine Bewegung mit dem ganzen Kopf, die Augen immer nach vorn gerichtet. Es ist, als wüsste er, was in Svenssons Kopf vor sich geht. Als Svensson als Erster den Blick senkt, taucht ein hässliches Lächeln auf Merlins Gesicht auf, seine weit auseinanderstehenden Zähne eingerahmt von einem borstigen Bart. Er sieht deutlich, mit welcher Arroganz Merlin das Spiel beherrscht, sieht sein unerschütterliches Selbstvertrauen.
»Eines noch. Was macht Flow?«, fragt Svensson gegen Ende.
»Wer?«, erwidert Merlin.
»Leck mich.«
»Warum sollte Flow kommen und mich sehen wollen? Du folgst mir doch überallhin.«
»Ich folge dir nicht überallhin.«
»Deine Leute aber.«
»Bild dir nichts ein, Merlin.«
»Sie sind mir zur Beerdigung gefolgt.«
»Woher weißt du das?«
Merlin spult eine Liste Autos herunter. Von den acht hat er fünf entdeckt. Svensson weiß, dass Merlin in den zwanzig Minuten seines Verschwindens irgendwas gedreht hat.
Beim zweiten Treffen ist Merlins Bewährungshelfer der Erste, der etwas sagt.
»Positiv ist festzustellen, dass er einen Job in der Firma eines Freundes gefunden hat.«
Svensson starrt in den Raum. »Was hat er gesagt?«, fragt er trocken.
»Er ist zu uns gekommen und sagte: ›Es gibt da so einen Typen, der hat einen Supermarkt in Eccles. Er sucht einen Regalauffüller. Ein Kumpel von mir, der Milch liefert, hat erwähnt, dass er mich kennt. Ich kann da sofort anfangen.‹«
Gerissener Dreckskerl, denkt Svensson. Merlin weiß genau, dass seine Bewährungsauflagen gelockert werden müssen, wenn er einen Job annimmt.
»Das klingt ja wirklich vielversprechend«, meint ein anderer offensichtlich beeindruckt.
»Seine Bewährungsauflagen sollten nicht gelockert werden«, insistiert Svensson. »Nichts von dem, was hier gesagt wird, ergibt einen Sinn.«
»Wir müssen ihm etwas entgegenkommen«, sagt der Bewährungshelfer. »Er hat sich einen Job gesucht.«
Svensson stößt unfreiwillig ein trockenes Lachen aus. Er kann nicht glauben, was er da hört.
»Denken wir doch bitte einmal genau darüber nach«, sagt er und breitet die Arme aus. »Ich führe ein Geschäft, und der Typ, der mir die Milch liefert, sagt zu mir: ›Ein Kumpel von mir sitzt in einem Übergangswohnheim für Knackis – kann der vielleicht nicht herkommen und bei Ihnen die Regale auffüllen? Er hat gesessen, weil er ein Maschinengewehr hatte.‹«
Der Bewährungsausschuss scheint das nicht für weiter ungewöhnlich zu halten. Michael lässt seinen Blick über die am Tisch Sitzenden wandern und sieht schließlich Svensson direkt an. Zur Betonung hebt er eine Hand.
»Anders, wie sieht das denn aus, wenn wir nicht honorieren, dass ehemalige Straftäter nach
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