The Hood
einfach nicht da. Svensson glaubt, dass seine Familie Flow etwas bedeutet. Er ist einer von denen, die nichts mit nach Hause nehmen. Es ist sinnlos, Kerrys Haus zu durchsuchen, denn er bringt nie Waffen oder Drogen mit, hat nie seine Gangster-Kumpel bei sich. Flow wäre ein willkommener Nachbar. Er ist ein völlig normaler, ruhiger Typ. Er feiert keine wilden Partys.
Es gibt Gangmitglieder, die ziehen durch die Bars der Stadt und machen einen auf dicke Hose. Flow nicht. Der Unterschied zwischen ihm und Whippet besteht darin, dass Whippet Muskelmasse aufbauen, Steroide schlucken und permanent prahlen muss. Whippet ist gewalttätig, weil es für ihn um Macht geht. Flow hingegen ist mehr wie ein Mann, ruht in sich selbst.
Svensson steht mit Kerry vor der Haustür und blickt in ihre traurigen braunen Augen. Er tritt seine Zigarette auf dem Bürgersteig aus. Er muss es schaffen, dass sie sich entspannt, weniger wachsam ist, und dann wird ihr schon etwas rausrutschen. Er erkundigt sich bei ihr nach Kimberley. Sie erzählt ihm, dass sie mit den Kindern einen besonderen Ausflug nach Nottingham machen will. Er erzählt von der Geburtstagsparty seiner kleinen Tochter und erkundigt sich nach ihrer Kleinen. Das funktioniert. Über ihre Schulter sieht er Flows Mädchen.
»Sie hat neuerdings Alpträume. Und sie schläft nicht mehr so gut.«
»Weswegen hat sie denn Alpträume?«
»Ach, nichts. Aber das hilft ihr auch nicht.«
Svensson wirft ihr einen schrägen Seitenblick zu. »Was hilft ihr nicht, Kerry?«
Sie beginnt, auf ihrer Unterlippe zu kauen, und kann ihm nicht in die Augen sehen.
»Flow ist nicht hier gewesen, oder doch?«
In diesem Moment kennt er die Wahrheit. Es spielt keine Rolle, was sie jetzt sagt, er liest es in ihrer Körpersprache, wie sie die Arme verschränkt, sich die Haare hinters Ohr streicht. Über die Jahre hat er gelernt, seiner Intuition zu vertrauen. Er behält den gleichen ruhigen, sanften Tonfall bei, damit sie nicht merkt, dass er sie durchschaut hat. Als sie fünf Minuten später von ihrer kleinen Tochter gerufen wird, kehrt er zu seinem Wagen zurück. Es sind nur drei Meilen zurück in die City. Er stellt das Radio auf einen Piratensender, der Grime spielt.
Zurück im Hauptquartier, setzt er sich auf den Schreibtisch hinter zwei Kollegen, die irgendwelche Formulare ausfüllen. Sie drehen ihre Stühle zu ihm um. Er erzählt ihnen von seiner Ahnung.
»Ihr müsst nichts anderes tun, als das Haus zu überwachen, und er wird kommen.«
»Kimberley gehört nicht in unseren Zuständigkeitsbereich, Kumpel«, sagt ein anderer Cop, der sich damit zurücklehnt und die Hände hinter dem Kopf verschränkt. »Das wirst du über die Nottinghamshire Constabulary machen müssen.«
Svensson geht zu einem freien Schreibtisch und sucht nach der Nummer. Eine junge Beamtin, die emsig auf ihrer Tastatur tippt, beäugt sein geräuschvolles Geraschel und findet die Nummer der Kriminalpolizei Nottingham in ihrem Computer, kritzelt sie auf ein Post-it und klatscht den Zettel auf seinen Monitor. Sie lächeln sich an. Er ruft in Nottingham an und wird zu einem Detective Sergeant durchgestellt.
»Wir brauchen Ihre Hilfe bei der Festnahme eines Gesuchten«, sagt er. »Wir müssen die Wohnung eines Mädchens lange genug observieren, um ihn zu schnappen.«
Der DS sagt nichts, als wäre er abgelenkt oder würde etwas aufschreiben.
»Ein komplettes Team kann ich nicht abstellen«, sagt er dann nach einer Pause, »das ist zu teuer.«
Svensson beginnt, ihm Flows kriminelle Vergangenheit zu erzählen.
»Wir haben unsere eigenen Kriminellen«, antwortet der DS .
Svensson massiert mit den Fingerspitzen seine Stirn. Er wirft der Beamtin einen Blick zu und verdreht die Augen. Noch mehr Bürokratie und Papierkram. In seinem Kopf tickt die Uhr. Merlin sitzt noch, und er muss Flow finden, bevor er entlassen wird. Zusammen sind sie viel zu gefährlich.
»Wir würden es ja sogar selbst übernehmen«, protestiert Svensson. »Unser Team kampiert eine Woche in Nottingham, und er wird kommen. Er hat Kontakt zu den Kids.«
Der DS sagt, er werde sehen, was sich machen ließe, und Svensson zurückrufen. Svensson setzt sich und wartet auf den Anruf. Er nimmt einen Ordner und beginnt in einer Ermittlungsakte über Waffenimporte nach Manchester aus der Türkei und Mitteleuropa zu blättern. Ein Mann in einer Garage in Ordsall baut russische Baikal-9-mm-Halbautomatik um und verkauft sie als »Bausätze« samt Munition. Es ist wie ein
Weitere Kostenlose Bücher