The Hood
ihrer Entlassung eine Arbeit finden?«, sagt er. »Es ist schon schwer genug, einen sechzehnjährigen Kerl, der ohne jede Qualifikation aus dem Gefängnis kommt, davon zu überzeugen, dass er Stuckateur werden sollte. ›Das wirst du ab jetzt tun. Du wirst um sieben Uhr morgens abgeholt, du wirst den ganzen Tag lang arbeiten, und bei Feierabend bekommst du 120 Pfund. Irgendwann in der Zukunft wirst du dann in der Lage sein, dich selbständig zu machen.‹ Und dann sieht er seinen Kumpel mit scharfen Mädels und reichlich Bling-Bling, der vor Mittag nicht mal aufsteht.«
Nach weiteren zwanzig Minuten Diskussion beginnen die anderen, ihre Unterlagen einzupacken. Svensson begreift, dass sie sich entschieden haben. Er geht zur Tür und zieht seine Jacke an.
Es ist eine Katastrophe. Er beginnt mit Überraschungsbesuchen in dem Geschäft, aber Merlin ist nie da. Er ist immer gerade »im Großhandel«.
»Okay, dann werde ich eben verdammt noch mal hier auf ihn warten«, sagt Svensson. Er steht in der Tür und steckt sich eine Zigarette an. Als Merlin auftaucht, deutet er mit dem Kopf auf ein Regal. An einer Wand ist ein Schwung Guinness aufgestapelt, und in der Mitte dazwischen eine Dose Carlsberg.
»Besonders gut hast du das nicht gemacht, was?«, meint Svensson.
»Ich bin auch nicht hier, um Regale aufzufüllen«, sagt Merlin in drohendem Ton.
»Ach?«, erwidert Svensson trocken. »Was für einen Job hast du hier denn jetzt?«
»Sicherheit der Kassen.«
Es geht das Gerücht um, dass Merlin zum Schutz da ist: Im Zusammenhang mit einer anhaltenden Auseinandersetzung zwischen Gangs oben in Bolton kam es zu einem Mord in diesem Supermarkt. Der Typ, dem das Geschäft gehört, hat eine Wohnung in der Nähe für 26 000 Pfund gekauft und bar bezahlt. Merlin darf sie jetzt benutzen. Klar, eine typische Sozialleistung für Regalauffüller!, denkt Svensson verbittert. Die normale Miete liegt bei 700 Pfund monatlich, aber er überlässt sie ihm für 300 Pfund. Er richtet das Apartment komplett ein, aber es ist ausschließlich Merlins Kram.
Es sind nun bereits drei Monate, und Merlin spielt täglich seine Rolle. Er geht zur Arbeit, geht ins Fitnessstudio, geht ins Wohnheim. Er ist ein mustergültiger Bewohner des Heims, teilt sich mit einem Typ das Zimmer. Obwohl er tagsüber immer in seiner Wohnung ist. Und so kommt es, dass Merlins Bewährungsauflagen am 13. Juni trotz Svenssons Widerspruch weiter gelockert werden. Er kann sich jetzt frei überall bewegen. Ein Audi mit getönten Scheiben ist zu seiner Entlassung angemietet worden. Er schart seine Offiziere um sich. Die Gooch gelten als schwach, sagen sie ihm. Er hört, dass Trenchs Angriff von den Young Doddington sofort mit heftigem Gegenfeuer erwidert wurde, wobei Trench und einer seiner Leute zweimal getroffen wurden. Jetzt ist ihr General zurück. Trench hat einen Ort gefunden, um Waffen zu bunkern. Die Mädchen der Gang leben bei ihren Eltern und sind dafür nicht zu gebrauchen. Er hat jemanden gefunden, der nicht neugierig sein wird. Sandy Mitchell ist heroin- und crackabhängig und hat früher ihren Stoff bei ihnen gekauft. Angeblich ist sie dermaßen weggetreten, dass sie gar nicht mitbekommt, wenn sie mit Tüten voller schwerer Sachen bei ihr ein und aus gehen. Auf ihrem Dachboden werden sämtliche Waffen der Gooch gelagert, darunter auch ein in Plastik gewickeltes Maschinengewehr.
Am frühen Abend des 17. Juni fährt Merlin mit seinen Leutnants Trench und Pacman im Auto ziellos durch die Gegend. Neben ihnen liegen dunkle Kleidung, Sturmhauben und Waffen. Merlin sitzt auf der Rückbank hinter getönten Scheiben. Dies sind seine Straßen, und er wird sie zurückfordern. Gegen sechs Uhr fünfzehn werden sie von einem Mégane überholt. Merlin wirft dem Fahrer einen finsteren Blick zu und kneift die Augen zusammen. Er kommt ihm bekannt vor.
»Longsight Crew. Direkt neben uns.«
Merlin ruft Flow an. Er sagt ihm, ein Typ von der Longsight Crew hatte gerade eben das Pech, in Levenshulme an ihm vorbeizufahren. Flow flucht durch zusammengepresste Zähne. Die Longsight Crew macht er immer noch verantwortlich für den Mord an seinem Bruder. Er legt auf. Es ist zwanzig nach sechs. Merlin ruft zurück. Warum ihn nicht einfach jetzt sofort umlegen? Er fährt in einem roten Mégane durch die Gegend, kaum zu verfehlen.
»Leg das Arschloch um«, sagt Flow leise.
Merlin gibt seinen Leutnants den Befehl. Sie ziehen sich die Sturmhauben über den Kopf und streifen schwarze
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